„Nach dem Abitur wusste ich gar nicht, was ich machen wollte“, erzählt Alexa Bartsch. „Meine Eltern haben gesagt, ich soll mir damit Zeit lassen.“ Das hat die heute 26-Jährige auch gemacht und nach dem Abitur gejobbt, Studienratgeber gelesen und ein Schnupperstudium gemacht. „Dieses eine Jahr war für mich superwichtig“, erzählt sie. „Ich wollte nicht einfach das machen, was meine Eltern gemacht haben, sondern etwas Eigenes finden.“
Da Alexa Bartsch im Abitur Biologie als Leistungskurs hatte, probierte sie sich innerhalb eines Schnupperstudiums an der Universität in Freiburg in diesem Fach aus. Dabei stellte sie jedoch fest, dass die Studienschwerpunkte Physik und Chemie sie nicht glücklich machen würden.
Darauf entschied sie sich, ein Praktikum bei einem Bauunternehmen zu machen, um einschätzen zu können, ob Architektur etwas für sie wäre. Ihr Vater hat ihr einen Kontakt nach Potsdam vermittelt, wo sie drei Monate auf der Baustelle des Potsdamer Stadtschlosses arbeiten konnte. Das Praktikum gab den Ausschlag: Die junge Frau war begeistert und entschied sich doch für das Architekturstudium.
Selbständigkeit: Freiheit und Risiko zugleich
Alexa Bartsch’ Eltern haben ein Architekturbüro in Aachen, das auf Ausschreibungen und Bauausführungen für größere Projekte spezialisiert ist. Sie haben sich nach finanziell schwierigen Anfangszeiten der Selbständigkeit auf diese Phasen des architektonischen Bauprozesses konzentriert. Die 26-Jährige kann sich noch gut an harte Zeiten erinnern, die für ihre Eltern mit vielen Überstunden und vergleichsweise geringem Verdienst verbunden waren: „Meine Schwester sagt heute noch, dass sie sich deshalb nicht getraut hat, Architektur zu studieren“, erzählt sie.
Aber auch die andere Seite der Selbstständigkeit, die relative Freiheit, hat Alexa Bartsch durch ihre Eltern kennen gelernt: „Ich merke, dass es mich weniger stresst, für mich zu arbeiten und mir meine Arbeit selbst einzuteilen.“
Im Studium zeigt sich, wie sehr sie sich die Welt der Architektur in der Kindheit unbewusst einverleibt hat: „Ich habe festgestellt, dass ich bereits wusste, wie ein Grundriss aussieht oder wie dort Türen eingezeichnet werden. Bei meinen Eltern lagen ja immer Pläne herum. Viele meiner Kommilitonen mussten sich das hingegen erst aneignen.“ Auf Baustellen geht sie mit ihren Eltern allerdings erst seit sie studiert. Dann heißt es: „Ich habe gerade eine superinteressante Baustelle, die ich dir zeigen kann.“
Bis nachts im Studio
Da sie selbst Architektur studiert haben, können sich die Eltern von Alexa Bartsch gut in sie hineinversetzen und ihr auch den einen oder anderen Ratschlag geben: „Architektur ist eine Branche, in der man oft Deadlines einhalten muss und dementsprechend auch viele Überstunden macht. Schon an der Uni arbeiten wir bis in die Nacht an Plänen – das ist manchmal ziemlich stressig. Weil meine Mutter das auch kennt, sagt sie dann zu mir, ich solle darauf achten, einen guten Ausgleich zu finden.“
Für ihr Architekturstudium musste Alexa Bartsch ein Praktikum vorweisen, das sie in einem Berliner Architekturbüro absolvierte. Dort bot man ihr im Anschluss eine Teilzeitstelle an, der sie seitdem nachgeht. Unter anderem dadurch ist ihr bewusst geworden, dass Architekten im Alltag viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen. „Eigentlich ist es ein Bürojob“, sagt sie. „In späteren Phasen des Projektes ist man aber durchaus auch auf der Baustelle.“ Es macht ihr Spaß, ein Projekt von der Entwurfsphase bis hin zur Fertigstellung zu gestalten.
Noch etwas Zeit für den nächsten Sprung
Die 26-Jährige ist froh, dass sie noch ein Jahr Zeit hat, bis
sie ihr Studium abschließt. „Ich weiß noch nicht, welche Nische mich besonders reizt“, sagt sie. Sie könnte sich auch vorstellen, irgendwann im Büro der Eltern zu arbeiten und dort einen kreativen Teil der Architektur aufzubauen. „Wenn ich ihr Büro übernehmen würde, fänden sie das bestimmt toll. Aber sie erwarten es nicht von mir.“
Alexa Bartsch weiß: „Ich habe großes Glück mit meinen
Eltern und hatte nie das Gefühl, dass sie wollten, dass ich das Gleiche mache wie sie. Sie wollten vielmehr, dass ich das mache, was mir am meisten Spaß macht.“