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Studieren im Baltikum – Erfahrungsbericht: Erasmus in Nordosteuropa

Sonja Wünsch (23) macht an der Uni Köln ihren Master in „Deutscher Sprache und Literatur“ und „English Studies“. Im Bachelorstudium zog es sie ins Ausland – nach Lettland. abi» erzählt die Lehreramtsstudentin von ihrer Erasmuserfahrung im Baltikum und warum Riga sich bestens für ein Auslandssemester eignet.

Küstenort mit lettischer Flagge

Riga ist eine wunderschöne Stadt, von der man so nur selten etwas hört. Dass ich dort landete, war eher Zufall. Für mein Studienfach „Deutsche Sprache und Literatur“ gab es nicht viele Austausch-Unis, die den Studiengang anboten. Und eigentlich wollte ich nach Großbritannien, weil ich auch „English Studies“ studiere und das sprachlich gepasst hätte. Als Alternative wollte ich etwas nehmen, wofür sich vielleicht nicht so viele Studierende anmelden – und das war Riga. Im Endeffekt entschied ich mich für die baltische Stadt hauptsächlich wegen der Kursauswahl. Die Kurse, die im Auslandssemester belegt werden, sind wichtig. Idealerweise ergänzen oder vertiefen sie die an der Heimatuni gewählten Themen. Zudem werden sie in der Bewerbung angegeben. Darüber hinaus werden ein Lebenslauf und ein Motivationsschreiben verlangt, um zu begründen, warum man genau dort hin möchte.

Unterricht in Kleingruppen

Portrait Sonja Wünsch Portrait Sonja Wünsch

Sonja Wünsch

Für Deutsch belegte ich zunächst Bachelorkurse. Allerdings gab es eher so Aufgaben wie: „Fülle diesen Lückentext aus.“ Für Lehrämtler sind diese Übungen wahrscheinlich trotzdem ganz gut, weil dabei viele Grammatikregeln drankamen, die man als Muttersprachler nicht gut erklären kann. Trotzdem belegte ich zusätzlich Masterkurse. Es gab in dem Studiengang genau zwei Masterstudenten an der Rigaer Uni, dazu kamen wir drei Studenten aus Deutschland. Das war wirklich angenehm! Im Kurs redeten wir viel über interessante Dinge, und es waren Themen dabei, die man an meiner Uni in Köln nicht findet. Beispielsweise haben wir über Dialekte im Deutschen gesprochen und sie vorgestellt.

In Englisch belegte ich hauptsächlich Literaturkurse. Da waren wir in kleinen Gruppen; ganz anders als an der Uni Köln, eher schulischer. Ich konnte viel mitnehmen, weil man im Unterricht mitmachen musste. Und alle Kurse wurden uns an der Heimatuni angerechnet.

Ohne lettische Sprachkenntnisse

Die Deutschkurse waren auf Deutsch, die Englischkurse auf Englisch, glücklicherweise – denn wir sprachen ja kein Wort Lettisch. Ich belegte in Riga zwar einen Lettisch-Kurs, gesprochen habe ich es dort aber kaum. Viele ältere Menschen sprechen historisch bedingt nur Russisch. Und die jüngeren Leute sprechen alle richtig gut Englisch. Die sind überhaupt sehr europäisch, sie waren interessiert, stellten uns Fragen und wussten viel über Deutschland. Ich empfand alle sehr offen. In der Stadt war immer überaus viel los, gerade in den Bars und Clubs. Und das, obwohl es Winter war – wobei, richtig kalt war es nicht.

Die lettischen Studenten sind meiner Meinung nach etwas pflichtbewusster als wir deutschen. Die Masterstudenten, die ich kennenlernte, arbeiteten sogar alle Vollzeit, weil sie sich das Studium sonst nicht leisten können. Die Lebensmittel im Supermarkt sind ähnlich teuer wie in Deutschland. Da die Letten weniger verdienen, fand ich das erstaunlich.

Erasmus-Netzwerk zum Landerkunden

Essengehen und mal ein Bier trinken ist dafür eher günstig. Wenn man nicht großartig reist, kommt man schon mit etwa 250 Euro im Monat für das Leben aus. Und für die Wohnung zahlte ich zusätzlich 210 Euro. Die hatte ich auf Facebook in einer Erasmus-Riga-Gruppe gefunden. Ich wohnte in einem Wohnkomplex mit 50 Erasmus-Studenten. Zusätzlich zum Erasmus+-Stipendium von rund 160 Euro pro Monat erhielt ich finanzielle Unterstützung von meinen Eltern und griff auf mein Erspartes zurück – gerade für die Erkundungsreisen, die ich unternommen hatte.

Die Erasmus-Netzwerk-Gruppe vor Ort, der ESN (Erasmus Student Network), war super: Schon in der Woche vor Unibeginn gab es einige Events und wir unternahmen Ausflüge: Wir waren in Liepaja und in der Geisterstadt Skrunda. Außerdem besuchten wir das ehemalige Gefängnis von Karosta. Dort gab es eine Führung, in der wir wie Gefangene behandelt wurden, was sehr eindrücklich war.

 Mit anderen Studenten fuhr ich außerdem oft an den Strand, nach Jurmala. Und wir machten einen Roadtrip durch Lettland, wo wir eine Nacht im Nirgendwo waren, mitten auf dem Land, ohne jegliche Straßenbeleuchtung. Das war schon ein bisschen anders als hier. Aber: Sogar da gab es Internet! Das gibt es in Lettland überall. Sehr angenehm. Da hinkt Deutschland etwas hinterher.

Video: Ins Ausland mit Erasmus+

Der Artikel enthält ein Video mit weiteren Informationen.

Weitere Filme findest du auf der abi» Videoübersicht.