Ich höre The Kooks, als ich das Klacken der Lautsprecher im Bus wahrnhme, öffne die Augen und setze meine Kopfhörer ab. Wo sind wir? Auf der Autobahn jedenfalls nicht mehr. „Es gibt ein technisches Problem“, erklärt der Busfahrer, der sich „Der Günther“ nennt. „Wird wohl ein paar Minuten dauern, der Keilriemen ist abgeflogen.“
Erst jetzt bemerke ich, dass wir uns bei einer Werkstatt befinden. Der junge Mann hinter mir tippt mir auf die Schulter und fragt mich, was denn los sei. So kommen wir ins Gespräch. Er studiert Medieninformatik in Dresden, ist jetzt im fünften Semester, eins hat er noch, plant aber ein siebtes ein. Danach möchte er ein bisschen arbeiten oder ein bisschen Pause machen. Anschließend komme ein Master noch infrage – sicher sei das alles aber noch nicht. Er erzählt mir, dass er in einer 4er-WG im Zentrum Dresdens wohnt, wo er für ein 30 Quadratmeter großes Zimmer 280 Euro warm zahlt. „Bekommst du denn BAföG?“, frage ich interessiert. Er bekomme nur „Peanuts“, aber wenigstens spare er die Rundfunkgebühren. Die entfallen für Studenten und Auszubildende, die BAföG erhalten.
Im Sommer nutzt er die freie Zeit, um auf Festivals in ganz Norddeutschland zu arbeiten. Dort verdient er ein paar tausend Euro, sagt er, die er über das folgende Jahr hinweg aufbraucht. An Arbeiten neben dem Studium sei kaum zu denken: zu viele Hausarbeiten, zu viele Klausuren. Besonders in der Anfangszeit sei der Druck hoch gewesen.
Wohin ihn sein beruflicher Weg führen wird, weiß er noch nicht genau. Momentan nutzt er das im Studium erworbene Wissen, um an einer Applikation zu arbeiten. „Das ist ein großes Ding“, berichtet er. Dann erzähle ich ihm, dass ich in Magdeburg zu Besuch bei einer Freundin war, um mir die Stadt und die Medizinische Fakultät anzuschauen. „Also möchtest du da mal studieren?“ „Ja. Also vielleicht.“ Ich erzähle ihm, dass ich mir drei Universitäten ausgesucht habe – in Magdeburg, Münster und Lübeck – und nun herausfinden will, an welcher Universität ich mich für Medizin bewerben möchte.
Die Lautsprecher knacken wieder. Der Günther meldet sich, macht einen obszönen Witz über den gerissenen Gummi und meint, dass es noch etwas dauern werde.
Mein freiwilliges Jahr
Busgespräche (Teil 1)
Mein Freiwilliges Jahr
Leben retten
Nach dem FSJ-Kurs stand direkt eine Reanimationsschulung auf dem Programm, an der ich mit einigen anderen Mitgliedern des Pflegepersonals teilnahm. Um den richtigen Takt für die Thorax-Kompression zu verinnerlichen, hörten wir zunächst den Bee-Gees-Klassiker „Stayin‘ Alive“. Aha. Während wir also dieses Lied hörten, führten wir die Herzdruckmassage durch, deren Ziel es ist, das Blut weiter im Körper zirkulieren zu lassen, um Schäden am Gehirn zu verhindern. Selbstverständlich muss aber erst der Notfallknopf gedrückt, der Notfallkoffer beschafft, das Notfallteam gerufen und die Atmung kontrolliert werden. Besonders wichtig ist es zu schauen, ob die Atemwege des Patienten blockiert sind.
Sobald mindestens eine weitere Person erschienen ist – wir haben diese Situation simuliert – wird ein Tubus gelegt, eine Art Schlauch, der zur künstlichen Beatmung dient. Er ist anatomisch richtig gebogen und wird in den Rachen des Patienten eingeführt und bis zur Luftröhre durchgeschoben. Sobald der Tubus gelegt wurde, gilt es, den Thorax 30 Mal komprimiert und anschließend zwei Mal zu beatmen. Die Beatmung wird nicht per Mund am Schlauch vorgenommen, sondern über einen schwarzen Ball, dessen Namen ich leider vergessen habe. Aber Hauptsache, ich kann das Ding bedienen. Wichtig ist es, an der richtigen Stelle des Brustkorbes zu pressen, die Kraft aus der Hüfte und nicht aus den Armen zu holen und den Thorax um jeweils fünf bis sechs Zentimeter zu komprimieren. Dabei kann die eine oder andere Rippe brechen, aber das wird dem Patienten wohl sein Leben wert sein.
Mein Freiwilliges Jahr
Fachseminar
Klein und hilflos. So fühle ich mich, als ich mich in meinem Rollstuhl durch die Innenstadt bewege. Ich spüre die Blicke der Passanten, die im Großen und Ganzen hilfsbereit sind. Viele wenden sich aber auch ab, schauen betroffen zu Boden, tuscheln. Nach eineinhalb Stunden stehe ich auf, befreit von meiner temporären Unbeweglichkeit, die Unbehaglichkeit aber bleibt.
Dieses Experiment hat im Rahmen eines zweitägigen Fachseminars stattgefunden, das, wie das Einführungsseminar vor einiger Zeit, verpflichtender Teil des FSJ ist. Das Thema war Krankenpflege. Nachdem wir am ersten Tag einen Kinästhetik-Kurs hatten, in dem uns die Grundlagen der Bewegung, des rückenschonenden Arbeitens und des richtigen Umgangs mit Patienten beigebracht wurden, war am zweiten Tag die Rollstuhl-Selbsterfahrung dran. Vergleichbar ist dies mit dem Experiment zum Verlust des Augenlichts, das ich vor einiger Zeit mal beschrieb. Uns soll so Schritt für Schritt der richtige Umgang mit hilfsbedürftigen Menschen nahegebracht werden. Ich halte diese praktische Art des Lernens für deutlich sinnvoller, als immer nur theoretisch erklärt zu bekommen, wie sich diese Menschen fühlen und wieso sich daraus ergibt, dass wir einen bestimmten Umgang mit ihnen pflegen sollen. Ich bin zwar weit davon entfernt, wirklich zu wissen, wie sich ein körperlich eingeschränkter Mensch tatsächlich fühlt, aber ich habe einen kleinen Einblick bekommen und kann es ein bisschen besser verstehen. Das wird mir bei meiner täglichen Arbeit im Krankenhaus sicher helfen
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