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Freiwilliges Soziales Jahr: FSJ auf der Corona-Station

Entgegen ihres ursprünglichen Vorhabens, direkt nach dem Abitur Medizin zu studieren, entschloss sich Hannah (19) inmitten der COVID-19-Pandemie zu einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) im Krankenhaus.

Junge Krankenpflegerin bereitet eine Patientin für eine Infusion vor.

Zunächst sah ihr Plan etwas anders aus. Doch nachdem Hannah für das Wintersemester 2020/21 keinen Medizinstudienplatz bekam, überlegte sie sich eine Alternative. Vor allem die Zeit während des damaligen ersten Lockdowns machte sie nachdenklich: „Ich hatte das starke Bedürfnis, Menschen zu helfen und mich nützlich zu machen. Ich wollte mehr tun als zu Hause zu bleiben und mich lieber aktiv daran beteiligen, die Pandemie einzudämmen.“ Also bewarb sich die Abiturientin kurzfristig beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Bayern – für ein FSJ auf der Corona-Station.

Schwere Zeiten sinnvoll gestalten

Ein Porträt-Foto von Hannah Ein Porträt-Foto von Hannah

Hannah

„Eigentlich war die Bewerbungsfrist schon vorbei, aber ich schrieb trotzdem eine Mail, hatte Glück und wurde kurzfristig zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Zwei Wochen danach begann ich auf der Station zu arbeiten“, erinnert sich die 19-Jährige. Seit letztem Winter arbeitet sie nun auf einer Privatstation, die im Zuge der COVID-19-Pandemie für die Versorgung von Corona-Erkrankten umfunktioniert wurde.

Die Arbeit auf der Corona-Station sei definitiv herausfordernd gewesen, nicht zuletzt weil die Arbeit in kompletter Schutzmontur stattfand. Neben der physischen Anstrengung war es vor allem psychisch belastend für die Freiwillige. „Auf keiner Station – außer vielleicht der Intensivstation –  sterben mehr Menschen“, erklärt sie. „Dass man dazu jeden Patientenkontakt aus Sicherheitsgründen so kurz wie möglich gestalten muss, ist hart.“ Dennoch hatte die Erfahrung auch etwas Positives: „Es ist schon ein schönes Gefühl, dass man etwas Gutes tut und den Patienten helfen kann."

Harte Arbeit, die sich lohnt

Zwar hatte sie an ihrem Gymnasium bereits Erfahrungen als Schulsanitäterin gesammelt, doch die Arbeit im Krankenhaus war anfangs nicht leicht. Nichtsdestotrotz dauerte es nicht lange, bis sich die FSJlerin im Team beweisen konnte und das Vertrauen ihrer Kolleginnen und Kollegen gewann. Noch heute arbeitet sie auf der Station des Münchner Krankenhauses, die inzwischen wieder zur Kardiologie geworden ist. Hier hilft sie dem Pflegepersonal dabei, die Vitalwerte der Patientinnen und Patienten zu messen, Medikamente zu verteilen und Pflegebedürftige zu waschen oder ihnen Essen einzugeben.

„Ich habe riesiges Glück mit meinem Team; sie trauen mir viel zu“, berichtet sie. Das ist nicht selbstverständlich, denn der Krankenhausalltag ist tough. Im Schichtdienst zu arbeiten, ist Teil des Jobs. „Es ist Wahnsinn, was hier alle leisten – vor allem die Pflegekräfte!“, findet Hannah. Die Abiturientin würde ihre Erfahrung trotz anstrengender Momente nicht missen wollen und hat ihr FSJ deshalb sogar von neun auf elf Monate verlängert.

Erfahrungen abseits des Krankenhauses

Im Rahmen des FSJ-Bildungsauftrags besuchte Hannah zusätzlich zu ihrer Arbeit auf der Station die sogenannten Seminartage. Neben Übungen zur Selbsterfahrung und Workshops zu Themen wie Erlebnispädagogik oder Antirassismus hielten bisher verschiedene Referentinnen und Referenten interessante Vorträge. In diesen wurden die Freiwilligen beispielsweise über den Umgang mit Behinderungen oder psychische Erkrankungen informiert.

Vor allem gefiel Hannah die Diversität der Gruppe: „Am coolsten ist es eigentlich, dass ich viele verschiedene andere FSJler kennengelernt habe! Wir sind eine diverse Gruppe von Leuten aus unterschiedlichen Schularten und mit verschiedenen Nationalitäten.“ Aufgrund der damals geltenden Kontaktbeschränkungen fanden die Seminare zwar nur per Videokonferenz statt, doch die Gruppe trifft sich auch in Präsenz: zum Bogenschießen, Waldbaden und bei einer Wanderung.

Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten

Rückblickend auf die Entwicklung ihres Erfahrungsschatzes im FSJ ist Hannah sehr zufrieden: „Am Anfang steht man im Krankenhaus zwar oft irgendwo im Weg herum und kann nicht wirklich mithelfen, weil man noch nicht weiß wie. Aber inzwischen bin ich in den Abläufen routiniert und meine Kolleginnen und Kollegen können viele Aufgaben an mich abgeben.“ Um an diesen Punkt zu kommen, erfordert es allerdings auch einiges an Mut und Zuversicht.

Aus der eigenen Komfortzone herauszutreten, sich dabei neue Dinge zuzutrauen und auf andere Menschen zuzugehen, findet Hannah dabei am wichtigsten. „Das ist das tolle am FSJ“, bestätigt Hannah. „Wenn man sich unwohl in einem Team oder am Einsatzort fühlt, besteht immer die Möglichkeit zu wechseln und etwas zu finden, das besser zu einem passt.“

Nach dem FSJ möchte Hannah gerne reisen. Erstmal in den USA und danach vielleicht in Portugal. Fest steht jedenfalls das Medizinstudium im Anschluss, denn Hannah ist nun noch überzeugter, dass das Studium das richtige für sie ist: „Ich habe mehr Motivation für das Studium als vor der praktischen Erfahrung im Krankenhaus. Im Nachhinein bin ich ehrlich gesagt sogar froh darüber, keinen Studienplatz bekommen zu haben“, sagt sie und lacht.

Weitere Infos

Der Paritätische

Wohlfahrtsverband von eigenständigen Organisationen, Einrichtungen und Gruppierungen der Wohlfahrtspflege, die soziale Arbeit für andere oder als Selbsthilfe leisten.

www.der-paritaetische.de