Künstliche Intelligenz im Auswahlverfahren:
„KI ersetzt nicht das eigene Denken“
Künstliche Intelligenz verändert das Bewerbungsverfahren, sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Bewerberinnen und Bewerbern. Doch was muss man dabei beachten? Karrierecoach Walter Feichtner gibt Tipps.
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Herr Feichtner, welche KI-Tools können bei Unternehmen zur Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern zum Einsatz kommen?
Walter Feichtner: Unternehmen wollen mithilfe von KI ihre Auswahlprozesse vereinfachen und standardisieren. Gerade größere Unternehmen, bei denen eine hohe Anzahl an Bewerbungen eingeht, nutzen die Möglichkeit für eine erste Auswahl. Programme durchforsten Lebensläufe und Bewerbungen nach Keywords und Fähigkeiten. Das Ziel ist, unter den Bewerbenden die herauszufiltern, die die geforderten Anforderungen erfüllen.
Allerdings sind diese Programme zum Teil noch sehr fehlerhaft. Da sie nur nach bestimmten Wörtern suchen, fallen die Bewerberinnen und Bewerber durch das Raster, bei denen diese Keywords nicht auftauchen. Bei Personalentscheidenden ist es daher umstritten, wie sinnvoll diese Tools sind. Bisher kann man sich nicht komplett auf sie verlassen, um wirklich die am besten geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten zu finden.
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Was bedeutet das für die Schülerinnen und Schüler, die sich um einen Ausbildungsplatz, ein duales Studium oder ein Praktikum bewerben wollen?
Walter Feichtner: Mit einem schlichten Lebenslauf, der nur die bisherigen Berufsstationen auflistet, kann man kaum punkten. Wichtig ist, auch konkrete Aufgaben, Themen und Fähigkeiten zu nennen. Für junge Bewerberinnen und Bewerber bedeutet das, dass sie alle Praktika, Ferienjobs und Projekte an Schulen aufnehmen sollten, weil sich dadurch Schnittstellen zum Unternehmen ergeben können. Auch Sprach- und IT-Kenntnisse sind wichtig, genauso wie Auslandsaufenthalte.
Mein Tipp ist außerdem, genau zu schauen, was für eine Stelle gefordert ist – und diese Fähigkeiten und Kenntnisse in die Bewerbung einzubauen. Was sind die Aufgaben und das Anforderungsprofil für die Stelle? Wenn ich diese Kriterien in meiner Bewerbung konkret anspreche, habe ich größere Chancen, von KI-Tools erfasst, aber auch von Personalverantwortlichen herausgepickt zu werden. Ähnliches gilt für Initiativbewerbungen. Dann sollte ich bei anderen Unternehmen nach ähnlichen Stellen suchen und deren Anforderungsprofile mit meiner Bewerbung abgleichen.
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Welche KI-Tools können wiederum Bewerbende für die Erstellung von Bewerbungsunterlagen verwenden?
Walter Feichtner: Da bieten sich vor allem Programme an, mit denen man Lebensläufe erstellen und optimieren kann. ChatGPT beispielsweise kann beim Schreiben eines Lebenslaufs helfen. Bei Stepstone wiederum hat man die Möglichkeit, seine Daten in eine Maske einzugeben und ein Dokument mit Lebenslauf zu erhalten. Hilfreich können zudem Tools sein, die mit Rechtschreibung, Grammatik und Schreibstil helfen. Hinzu kommen Tools wie Jobscan oder Cultivated Culture CV, die die eigenen Fähigkeiten mit Anforderungen von Unternehmen abgleichen. Allerdings sind viele dieser Angebote noch auf Englisch und daher für den deutschsprachigen Markt nur bedingt einsetzbar.
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Worauf sollten Nutzerinnen und Nutzer dabei achten?
Walter Feichtner: Künstliche Intelligenz ersetzt nicht das eigene Denken. Meiner Meinung nach kann etwa ChatGPT beim Erstellen einer ersten Version helfen. Die Ergebnisse sind allerdings nicht perfekt, da muss man selbst auch noch feilen und schauen, ob das wirklich passt. Bei Lebensläufen und Bewerbungen, die von KI-Programmen erstellt werden, besteht grundsätzlich die Gefahr, dass sie sehr standardisiert aussehen und voller Floskeln sind. Wichtig ist, dass Keywords auftauchen und dass die Rechtschreibung und Grammatik wirklich sauber sind. Da haben die KI-Tools Grenzen. Ich empfehle daher, es immer auch einem anderen Menschen zum Lesen zu geben, um Fehler herauszufischen und das Ganze zu optimieren.
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Welchen Einfluss haben KI-Tools künftig auf Bewerbungsverfahren?
Walter Feichtner: Wir können die Entwicklung nicht aufhalten. KI-Tools werden in diesem Bereich sicher verstärkt Einzug halten. Allerdings wird das ein paar Jahre dauern. Noch steckt das in den Kinderschuhen.
Außerdem droht ein Keyword-Bashing. Überspitzt gesagt: Man könnte einfach jede Menge Stichwörter in eine Bewerbung schreiben, was aber nur wenig über einen selbst als Mitarbeitenden aussagt. Auch deswegen sind diese Tools bisher nur ein Baustein im gesamten Bewerbungsprozess. Persönliche Eindrücke und Gespräche sind unerlässlich.
Walter Feichtner ist Coach und Berater für alle Fragen rund um Karriere, Bewerbungsprozess, Berufseinstieg, berufliche Neuorientierung sowie berufliche und persönliche Weiterentwicklung. Er ist Gastdozent an über 30 Hochschulen, unterstützt Unternehmen bei der Personalauswahl und ist Autor mehrerer Bücher.
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