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Bewerben auf kreative Studiengänge: „Wir erwarten konzeptionell gut durchdachte Mappen“

Wie läuft ein Bewerbungsverfahren für kreative Studiengänge ab und worauf kommt es dabei an? Professor Bernd Mölck-Tassel aus dem Department Design der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg beantwortet die wichtigsten Fragen.

Das Foto zeigt Farben und Pinsel auf einer Fensterbank.

abi» Herr Professor Mölck-Tassel, Sie sind Dozent für Illustration und am Auswahlverfahren für die kreativen Studiengänge beteiligt. Wie groß ist die Chance, einen Studienplatz zu bekommen?

Bernd Mölck-Tassel: Wir haben jährlich einen hohen Zulauf. Beim Fach Illustration waren es zuletzt rund 300 Bewerbungen für 45 verfügbare Studienplätze. Bei der Aufnahmeprüfung haben wir daher sehr hohe Anforderungen.

abi» Wie läuft der Bewerbungsprozess bei den Designstudiengängen an der HAW ab?

Bernd Mölck-Tassel: Die Bewerber müssen jeweils im Oktober eine Bewerbungsmappe mit rund 20 bis 30 künstlerischen Arbeiten einreichen. Wer damit überzeugt, wird zu den Prüfungen in Malerei, Zeichnen und Entwurf im jeweiligen Designfach eingeladen. Es folgt eine theoretische Prüfung, bei der wir eruieren, wie kulturell interessiert die Person ist. Wir fragen etwa nach kulturellen Ereignissen, die den Bewerbern besonders gefallen haben und warum. Es geht uns darum zu sehen, in welcher Form sich die Person für Kultur interessiert.

abi» Auf welche Kriterien legen Sie noch großen Wert?

Bernd Mölck-Tassel: Wir haben einen sehr umfassenden Kriterienkatalog, der sich grob in fünf Bereiche gliedern lässt: konzeptionelle Fähigkeiten, visuelle Kommunikation, Wahl der Bildsprache oder Stilistik, formale Umsetzung und die Darstellungsmethode, also die handwerkliche Umsetzung. Basierend auf diesen fünf Hauptkriterien beurteilen wir die künstlerische Qualität. Es geht uns darum, eine authentische Künstlerpersönlichkeit zu sehen, die Eigenwilligkeit, Sensibilität, Emotionalität, Feinheit und Innovationsgehalt besitzt.

abi» Lernt man Dinge wie Konzeption, formale Umsetzung und Techniken nicht erst während des Studiums?

Bernd Mölck-Tassel: Nein, die Basis dafür muss vorher vorhanden sein. Wer die nicht vorweisen kann, hat keine Chance. Wir müssen also an der Mappe und der Art, wie unsere Aufgaben erfüllt werden, sehen, dass diese Person bereits auf einem gewissen Niveau arbeiten kann, wenn sie ein Thema bekommt. Ich habe aber auch oft erlebt, dass etwas weniger virtuose Studierende, die viel Ausdauer und Motivation hatten, die genialen Kommilitonen überholt haben. Fleiß ist also auch sehr wichtig.

abi» Was bewerten Sie im Bewerbungsverfahren als besonders negativ oder positiv?

Bernd Mölck-Tassel: Oft sind die Arbeiten klischee- oder schablonenhaft. Das sollte man unbedingt vermeiden. Eine wichtige Fragestellung ist für uns immer: Gibt es da etwas Eigenes, also zum Beispiel eine eigene Linienführung. Ganz wichtig ist uns auch Konsistenz, also ob die Person es schafft, eine gewählte Stilistik auch möglichst ohne innere Widersprüche durchzuhalten. Positiv bewerten wir konzeptionell gut durchdachte Mappen.

abi» Wie können sich Studieninteressierte gut auf den Bewerbungsprozess vorbereiten?

Bernd Mölck-Tassel: Ich rate dazu, unsere Jahresausstellung anzuschauen. Da werden Arbeiten aus den laufenden Kursen präsentiert. Außerdem bieten wir eine Mappenberatung an, die sollte man mindestens einmal nutzen. Interessierte sollten natürlich ihre handwerklichen Fähigkeiten trainieren – und generell: sich mit Kultur, Kunst und Literatur beschäftigen.

abi» Lohnen sich nach Ihrer Einschätzung kostenpflichtige Mappenkurse?

Bernd Mölck-Tassel: Diese Kurse können sich durchaus lohnen. Mappen von frisch gebackenen Abiturienten sind oft sehr didaktisch gestaltet und es fehlt die Individualität. Oft mangelt es an einem Grundverständnis von Anatomie, Perspektive, Farblehre, Komposition, Proportion und anderen Basics. Solche Dinge werden in Mappenkursen geschult.

Der Experte

Porträt von Professor Mölck-Tassel Porträt von Professor Mölck-Tassel

Porträt von Professor Mölck-Tassel

Professor Bernd Mölck-Tassel aus dem Department Design der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg