Rubrik:
studium
24.03.2024
Autor:
Conny
Rubrik:
studium
24.03.2024
Mein Opa hatte einen Freund, Micha. Micha ist Anfang 60 und arbeitet als Lokführer, genau wie mein Opa im ersten Beruf, bevor er den Weg der Schauspielerei einschlug. Seit er Mitte 20 war, arbeitete er als Schauspieler und das bis zu seinem Tod vor fünf Jahren. Als ich meinen Opa einmal zu einer Lesung in Rostock begleitete, lernte ich nach der Veranstaltung seinen Freund Micha kennen. Wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut und schrieben uns danach gelegentlich. Vor allem in der Zeit nach Opas Tod tauschten wir uns viel aus.
In einer 45-minütigen Dokumentation für den MDR begab ich mich 2021 auf Spurensuche in der Biografie meines Opas, besuchte einige seiner Wegbegleiter*innen und Freund*innen. Micha war nicht unter den Protagonist*innen, die wir damals aufsuchten. Aber da er in seiner Heimatstadt im nördlichen Brandenburg regelmäßig kleine Kulturveranstaltungen organisiert, fassten wir schnell den gemeinsamen Plan, den Film dort einmal zu zeigen. Immer wieder mussten wir den Termin verschieben – und so verging die Zeit. Bis es Anfang dieses Jahres endlich klappte.
Zusammen mit meiner Freundin reiste ich an einem Samstagmittag mit dem Zug an. Micha konnte uns keine Aufwandsentschädigung zahlen. Dafür wurden wir von ihm das ganze Wochenende fürstlich umsorgt. Nach dem Mittagessen quartierte er uns im besten Hotel am Platze ein. Am Abend begann dann die Veranstaltung. Etwa dreißig Leute, alle im Rentenalter, kamen und sahen sich meinen Film an. Danach gab es ein ausführliches Filmgespräch mit mir und Micha. Wir redeten über mein Vorgehen bei der Arbeit am Film, über meinen Opa, unsere Beziehung zu ihm und das Leben ganz allgemein. Es war ein herzerwärmender Abend für mich und ich glaube auch für das Publikum. Viele kamen danach zu mir und berichteten zum Teil mit Tränen in den Augen von eigenen Erinnerungen und ihren Gefühlen beim Schauen des Films. Das freute mich außerordentlich, denn es gab bis dato keine Live-Aufführung des Films seitdem er vor knapp zwei Jahren im Fernsehen lief. Die Reaktionen der Leute so unmittelbar mitzubekommen, war eine schöne Erfahrung.
Und auch das ganze Wochenende, zusammen mit Micha, seiner Frau und meiner Freundin war ein wunderbar familiärer Rahmen für den Film und für die Erinnerung an meinen Opa. Das sind die Tage, an denen das Filmemachen mir sinnvoll und richtig erscheint.
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