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Die Kraft der Tränen

Autor:
Cati

Rubrik:
orientieren

28.01.2024

Bin ich zu sensibel? Diese Frage habe ich mir letztens gestellt. Während meines FÖJs bin ich nämlich durchaus viel mit meiner Persönlichkeit konfrontiert worden. Es gab letztens eine Situation, in der ich weinen musste. Ich habe natürlich versucht, dass es nicht auffällt – jedoch vergeblich. Meine Arbeitskolleg*innen waren aber richtig lieb und haben mich getröstet und mir versichert, dass ich nichts dafür konnte.

Es ist jetzt eigentlich nichts wirklich Schlimmes passiert, aber ich hatte das Gefühl, dass ich der Grund dafür war, dass eine Kollegin richtig sauer und negativ aufgeladen war. Im Nachhinein weiß ich, dass es nicht so war. Ich habe mich aber trotzdem sehr von ihrem Tonfall erschreckt und vor der Gewalt der Worte. Es tat mir schrecklich leid. Und so liefen die Tränen aus meinen Augen und ich konnte es einfach nicht verhindern.

Ich hatte auch ein Gespräch mit meinem Chef darüber und er meinte, ich müsse lernen, was meine Probleme sind und was die Probleme von anderen. Ich dürfe mir nicht immer alles zu sehr zu Herzen nehmen. Da hat er vollkommen recht. Das muss ich definitiv lernen. Bei mir war es schon immer so, dass mir die Tränen kamen, wenn mich etwas sehr verletzt hat. Das kam nicht oft vor, aber eben doch hin und wieder.

Zunächst ist es mir immer unangenehm, aber jetzt, nachdem ich ein bisschen darüber nachgedacht habe, sehe ich auch einige Vorteile darin. Wenn jemand weint, sieht jeder, dass etwas nicht stimmt. Dass eine persönliche Grenze überschritten wurde. Man muss nichts sagen, denn die Tränen sprechen für sich. Die eigenen Gefühle werden so nach außen hin sichtbar. Würde man in dem Moment eine Maske aufsetzen und so tun, als wär alles gut, würde keiner etwas mitbekommen. Manchmal ist sowas auch hilfreich. Aber ich denke, in den meisten Fällen ist ehrliche Kommunikation unfassbar wichtig. Und mir zum Beispiel fällt es doch manchmal etwas schwer, für mich einzustehen. Das Letzte, was ich irgendwie will, ist, dass sich jemand wegen mir schlecht fühlt oder, dass ich Sachen nur noch schlimmer mache.

Aber im Endeffekt war es jetzt doch gut, mit unterschiedlichen Leuten darüber zu reden. Alle haben sich entschuldigt und ich empfinde das Miteinander jetzt als noch besser als zuvor. Ob ich zu sensibel bin? Ich weiß es nicht. Ich möchte auf jeden Fall daran arbeiten, auf eine gewisse Weise eine Mauer vor mir errichten zu können, an der alles abprallt, was nicht das Recht hat, mich zu verletzten. Trotzdem sehe ich Sensibilität auch irgendwo als Stärke. Dadurch bin ich empathisch und freundlich. Diese Seite mag ich  an mir. Erst war mir diese Situation unangenehm, aber letztendlich habe ich sehr viel daraus gelernt und sie hat sich in etwas Positives umgewandelt. Darüber bin ich sehr froh.