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Studieren im Ausland: Urlaub in Teheran?

Ein Porträt-Foto von Rosie

Autor:
Rosie

Rubrik:
studium

02.03.2022

Das Flugzeug dreht sich und unter dem winzigen Fenster öffnet sich ein goldenes Lichtermeer. Grenzenlos streckt es sich zum Horizont. Ich hätte niemals gedacht, dass Teheran so groß sein würde (tagsüber jedoch, leben und arbeiten in dieser Stadt dreimal so viele Menschen wie die Bevölkerung der Schweiz!). Als wir zum Landen ansetzen, wird mir sehr mulmig zumute. Ich bin dabei, den Boden eines Landes zu berühren, in dem Frauen Kopftuch tragen müssen und nicht dieselben Rechte wie Männer haben. Ich wickle mir ungeschickt meinen Schal um den Kopf und bin angespannt. Mein Freund lacht. Die anderen Frauen im Flugzeug haben keine Angst. Sie werfen sich erst beim Verlassen des Flugzeugs lässig den Schal halb über die Haare.

Ich bin ein wenig verwundert, aber für jemanden, dessen einziges Wissen über den Iran aus dem Film „Nicht ohne meine Tochter“ stammt, ist das wahrscheinlich nicht weiter verwunderlich. Den Film mussten wir in der 5. Klasse im Ethik- und Religionsunterricht zum Thema Weltreligionen schauen – also Islam, in dem Fall. Im Großen und Ganzen hat der Film mich sehr verstört und mir ein unglaublich einseitiges Bild vom Mittleren Osten gegeben.

Als ich bei der Familie meines Freundes ankomme, werde ich, obwohl es mitten in der Nacht ist, von seiner unglaublich niedlichen Oma begrüßt, die mir süßen Gurkensaft anbietet (ich schwöre, er schmeckt tausendmal besser als es klingt!). Als ich am nächsten Morgen mit leichtem Jetlag aufwache, ist es schon spät und vor der Zimmertür rennen drei kleine Mädchen um einen Tisch, lachen kreischend und rufen sich auf persisch irgendetwas zu. Die Oma nimmt mich und meinen Freund gleich in die Küche mit und während ich leise „Salam“ murmele, schöpft sie mir Linsen auf einen Teller, stellt Gurken und Tomaten dazu, und alle möglichen Arten von eingemachtem Obst. Dann setzt sie sich uns gegenüber und schaut ganz genau, dass wir auch ja alles aufessen.

Das Essen hier ist unglaublich! Das allerbeste ist der persische Reis, der im Reiskocher leicht angebrannt wird und der dann, wie ein goldener Kuchen serviert wird. Auch sehr lecker waren im Reiskocher nach demselben Prinzip zubereitete Makkaroni, die ebenfalls wie ein knuspriger Kuchen serviert werden, mit angerösteten Zwiebeln und Kartoffeln oben drauf. Sehr zu empfehlen ist außerdem der Karottensaft, den es hier in Teheran an jeder Ecke gibt. Im Winter wird auch Granatapfelsaft angeboten, den man auf jeden Fall probieren sollte.

Auch einen Bazaar sollte man nicht missen. Dort werden verschiedenste getrocknete Früchte angeboten, selbst Kiwis und Obst, was ich so noch nie zuvor gesehen hatte. Am Rand der engen Gasse wird Olivenöl frisch gepresst und Safran in purpurroten Hügeln angepriesen. An den Gemüseständen gibt es drei verschiedene Arten von Auberginen, lila Tomaten und riesige Zitrusfrüchte, die wie eine Mischung aus einer Zitrone und einem Fußball aussehen.

Was die Familie meines Freundes betrifft, habe ich in meinem Leben noch nicht so viele offene und nette Menschen kennengelernt. Alle sagen mir herzlichst „Rosi, I looove you“ und wollen mich umarmen. Die ganzen kleinen Kinder sind jetzt alle meine Cousinen, die Erwachsenen meine Onkel und Tanten. Ich bekam ein wunderschönes blaues Kopftuch geschenkt, damit ich nicht mit meinem ollen Schal rumlaufen muss und Armkettchen, die Glück bringen sollen. Am letzten Abend, kurz bevor sich alle mit Safranreis vollschlingen, tanzen alle zu persischer Musik, selbst die Kleinen. Diesen Moment möchte ich für immer in meinem Herzen behalten.

Sagen wir es so: Nachdem ich den Iran vor lauter Schiss beinahe nicht betreten hätte, kann ich jetzt gar nicht mehr darauf warten alle wiederzusehen!