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Drei Fragen an ...: ... eine Fachärztin für Rechtsmedizin

Fachärztinnen und -ärzte für Rechtsmedizin kennen die meisten aus Kriminalserien. Dort führen sie meist Obduktionen durch und informieren die Polizei anschließend über Todesursache und Todeszeitpunkt eines Mordopfers. Die Aufgaben sind in der Realität aber vielseitiger. Im Podcast fragt abi» nach.

  • Porträt von Dr. Iliana T.

    Wir machen vor allem Todesursachenfeststellung, im Weiteren auch Geschädigten-Untersuchungen. Dazu schauen wir uns Verletzungsbilder an und müssen Leuten, die keine Ahnung von Medizin haben, erklären, warum bestimmte Dinge (möglicherweise) zum Tode führen (können) oder gefährlich sind.

    Dr. Iliana Tzimas ist Fachärztin für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Essen.

Textversion des Podcasts zum Lesen (Audio-Transkript)

Jingle: abi» - Dein Podcast für die Berufsorientierung!

abi»: Herzlich willkommen zum abi» Podcast. Mein Name ist Klaus und ich habe mich heute mit Dr. Iliana Tzimas, einer Fachärztin für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Essen unterhalten. Fachärztinnen und -ärzte für Rechtsmedizin kennen die Meisten aus Kriminalserien. Dort begehen sie Tatorte, führen Obduktionen durch und informieren die Polizei anschließend über die Todesursache und den Todeszeitpunkt des Mordopfers. In der Realität sind ihre Aufgaben aber noch vielseitiger. Fachärzte für Rechtsmedizin können mit Hilfe von Röntgen- oder Ultraschallgeräten das Alter einer verstorbenen Person mit ungeklärter Identität ermitteln oder lebende, verletzte Personen untersuchen, beispielsweise zur Klärung von Straftaten. Damit ihr etwas mehr über die Realität dieses Berufs erfahrt, habe ich drei Fragen an eine Fachärztin für Rechtsmedizin gestellt: Hallo, Frau Dr. Tzimas!

Dr. Iliana Tzimas: Hallo.

abi»: Ich steige gleich mit der ersten Frage ein. Welchen Arbeitsgegenstand nutzen sie im Arbeitsalltag am meisten, und was genau machen sie damit?

Dr. Iliana Tzimas: Also am allermeisten würde ich behaupten, benutze ich meinen PC, weil der das Endgerät ist, auf dem alles seine Form findet, also sei es jetzt, dass ich Protokolle zu Sektionen verfasse oder, dass ich schriftliche Gutachten nach körperlichen Untersuchungen oder Tatortbegehungen verfasse. All das passiert auf dem PC. Die Rechtsmedizin ist ja ein sehr morphologisches Fach, das heißt, es kommt auch ganz viel aufs Ansehen und aufs Aussehen an, und Fotos, Dokumente, eigentlich alles, was irgendwie Grundlage für so ein Gutachten ist, sieht man sich dann doch immer noch mal auf dem PC an. Von daher ist tatsächlich der PC das wichtigste Gerät, was ich so verwende.

abi»: Das heißt, sie machen auch, wie man das aus Serien und aus dem Fernsehen kennt, tatsächlich Tatortbegehungen und schauen sich Sachen praktisch im Feld an.

Dr. Iliana Tzimas: Ja, natürlich klar, das mache ich auch. Zum Teil werden wir gerufen, um uns Verstorbene an Fundorten. Nicht jeder Mensch ist ja an einem Tatort verstorben, sondern erstmal ist es ein Fundort und ich schaue mir das an, und dann ist so die erste Frage, handelt es sich um ein Tötungsdelikt, ja oder nein? Manchmal ist die Antwort relativ einfach. Wenn viele Messerstiche da sind oder entsprechende Verletzungen erkennbar sind, dann liegt die Antwort auf der Hand, und manchmal ist es ich nicht ganz so klar. Beziehungsweise manchmal kann man auch tatsächlich ausschließen oder weitestgehend ausschließen, dass da was Böses passiert ist, dass ein Verbrechen passiert ist. Dann wird es zu einem Tatort. Also wenn es tatsächlich ein Verbrechen ist und ich auch sagen kann „derjenige ist an der Stelle auch wirklich verstorben“, dann interessiert mich am Tatort natürlich: Gibt's vielleicht ein Hinweis auf ein verwendetes Werkzeug? Gibt's vielleicht Spuren, die untersucht werden müssen? Also von der Rechtsmedizin werden ganz klassisch Blutspuren untersucht. Kann man anhand von angetragenen Blutspuren vielleicht auch sagen, was passiert ist, weil wir haben noch keinen Täter. Das passiert am Tatort, und in ganz seltenen Fällen kommt es halt auch mal vor, dass man gar nicht weiß, ob das ein Tatort ist, weil vielleicht keine Leiche da ist oder kein Verletzter da ist. Und dann hat man aber Spuren, die gegebenenfalls interpretiert werden können, und das sind dann zum Beispiel Blutspuren, die einen Hinweis darauf geben, dass da was passiert ist. Was auch was Böses war, und dann können die auch helfen, um vielleicht herauszufinden, naja, kann jemand geschädigt worden sein? Gibt es Rückschlüsse auf die Person, die geschädigt worden ist, also vielleicht Körpergröße? Gibt's vielleicht einen Rückschluss auf den Hergang? Also ja, wir gucken uns auch Tatorte an.

abi»: Wenn sie sich eine Kompetenz aussuchen müssten, die für ihren Job am wichtigsten ist, welche wäre das?

Dr. Iliana Tzimas: Geduld, auf jeden Fall Geduld! Also es ist ja so, die Rechtsmediziner sind die Erklärbären der Medizin, weil unsere eigentliche Aufgabe ist es anderen Leuten zu erklären, was passiert ist, was der Hintergrund für bestimmte Befunde ist und wie alles funktioniert im menschlichen Körper. Wir machen ja vor allem Todesursachenfeststellung. Im Weiteren dann Geschädigten Untersuchungen auch noch. Wir schauen uns Verletzungsbilder an, und egal was wir dabei machen, wir müssen Leuten, die keine Ahnung von Medizin haben, erklären, wie Medizin funktioniert, warum bestimmte Dinge zum Tode führen oder möglicherweise zum Tode führen können, warum bestimmte Dinge gefährlich sind. Wie funktioniert der menschliche Körper? Und das muss man immer, immer wieder machen. Das braucht Geduld. Wir brauchen Geduld im Umgang mit vor allem Leuten, die keine Ahnung von Medizin haben und auf die wir aber angewiesen sind. Wir müssen auf Befunde warten, und ja, doch, Geduld ist, glaube ich, das Wichtigste in der Rechtsmedizin.

abi»: Sehr schön, und was wissen sie jetzt, was sie gerne bereits vor ihrem Studium gewusst hätten?

Dr. Iliana Tzimas: Ja, das ist, das ist das ist eine schwierige Frage, weil ich persönlich wusste halt schon sehr, sehr viel vor meinem Studium. Die Antwort wäre vielleicht, das es ein anstrengender Job ist, der sehr, sehr viele andere Dinge mitbringt, die halt nicht aufregend sind. Nicht nur zum Tatort gehen, und dieses, was man auch aus dem Fernsehen kennt mitbringen, sondern noch ganz viele andere Sachen , die halt sehr ermüdend sind und sehr viel Zeit auffressen. Und das ist, das ist halt auch nicht zuletzt Lehre und auch nicht zuletzt die Sache, die ich ja eben schon erwähnt habe, dass sich viel einfach wiederholt, weil wir auch immer wieder neuen Leuten dasselbe erklären müssen, also vielleicht echt am ehesten das. Vielleicht hätte ich das wissen müssen, oder vielleicht hätte mir das am meisten klar sein müssen. Aber wie gesagt, ich persönlich war schon sehr, sehr weit darüber informiert, was mich in der Rechtsmedizin erwarten würde, bevor ich überhaupt angefangen habe zu studieren.

abi»: Super, vielen Dank, dann wünsche ich ihnen heute noch einen schönen Abend.

Dr. Iliana Tzimas: Ja, das wünsche ich ihnen auch. Danke.

abi»: Wenn du dich für einen Beruf in der Medizin interessierst, findest du dazu interessante Beiträge auf abi.de bei Studium > Studienbereiche Medizin, Gesundheitswissenschaften, Psychologie, Sport > Human-, Tier- und Zahnmedizin oder bei Ausbildung > Berufsfelder Gesundheit > Berufe mit Medizin. Das war dein abi» Podcast. Redaktion und Produktion, Klaus Harfmann für den Meramo Verlag im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.

Weitere Informationen

BERUFENET

Die Webseite der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild.

www.arbeitsagentur.de/berufenet

BERUFE.TV

Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet 350 Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge.

www.berufe.tv

Check-U – das Erkundungstool der Bundesagentur für Arbeit

Mit dem Erkundungstool Check-U findest du heraus, welche Ausbildungsberufe und Studienfelder besonders gut zu deinen Stärken und Interessen passen.

www.check-u.de

Studiensuche der Bundesagentur für Arbeit

In der Studiensuche kannst du recherchieren, welche Studiengänge an welchen Hochschulen in Deutschland angeboten werden.

web.arbeitsagentur.de/studiensuche