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Tahnee: „Kein Job, sondern eine Berufung“

Tahnee (27) ist Moderatorin und eine Comedienne, die ihr Publikum gerne mit Ehrlichkeit konfrontiert und dabei auch viel Persönliches preisgibt. Im abi» Interview spricht sie über lange Arbeitstage, berufliche Alternativen und Blackouts auf der Bühne.

Portraitfoto der Künstlerin Tahnee.

abi» 2011 hast du beim „RTL Comedy Grand Prix“ den zweiten Platz gewonnen. Was hat dich motiviert, daran teilzunehmen?

Tahnee: Seit meinem fünften Lebensjahr habe ich Musical gespielt und Ballett getanzt, deshalb war für mich früh klar, dass ich auch später im Berufsleben auf der Bühne stehen möchte – wenn es denn klappt. Nachdem ich bei der Aufnahmeprüfung für das Musical-Studium aber nicht genommen wurde, ergab sich spontan die Gelegenheit, bei diesem Wettbewerb teilzunehmen. Nach meiner Videoeinsendung wurde ich zum Casting eingeladen und so hat alles angefangen.

abi» Warst du auch früher in der Schule schon der Klassenclown?

Tahnee: In der Schule habe ich mich tatsächlich immer eher zurückgehalten, auch weil ich bereits die Bühne als Ventil hatte. Ich wollte immer die eleganten Rollen spielen. Weil ich diese aber oft lustig angelegt habe, haben meine Lehrer erkannt, dass mein Talent an anderer Stelle besser aufgehoben ist. Zu dieser Zeit habe ich schon viel Comedy konsumiert, Stimmen nachgemacht und zu Geburtstagen in der Familie Sketche aufgeführt.

abi» Was treibt dich heute im Arbeitsalltag an? Gibt es sowas wie einen typischen Tagesablauf in deinem Beruf?

Tahnee: Wenn ich auf Solo-Tour bin, kann ich in der Regel entspannt in den Tag starten, bin aber auch die ganze Zeit unterwegs und komme nach meiner Show meist nicht vor den frühen Morgenstunden zur Ruhe. Mein Arbeitstag ist lang. Die Leute stellen sich das immer so einfach vor – „dann steht sie mal zwei Stunden auf der Bühne“ –, aber der Beruf ist kräftezehrend und nicht zu unterschätzen. Was mich dann motiviert, ist auf jeden Fall die Reaktion, das Lachen des Publikums. Es ist Wahnsinn, was da im Raum für eine Energie freigesetzt wird. Das ist tatsächlich das Tollste, was ich mir vorstellen kann und in dem Sinne für mich dann auch kein Job, sondern eine Berufung. Ich liebe das, was ich tue. Dafür bin ich dankbar.

abi» Woher nimmst du die Ideen für deine Tourneen und Auftritte? Woher weißt du, was die Masse unterhält?

Tahnee: Oft reicht es, einfach vor die Türe zu gehen: Was man da aufschnappt, muss manchmal gar nicht mehr übertriebener dargestellt werden, um zu unterhalten. Abgesehen davon greife ich Dinge auf, die mich stören. Comedy ist destruktiv – in dem Sinne, dass Situationen aufgebrochen werden. Ich versuche den Leuten zu vermitteln wie dumm oder paradox ein Umstand ist. Auch eigene Erlebnisse fließen ein; Schmerz lässt sich oft nach einiger Zeit, wenn man emotionalen Abstand gewonnen hat, in Comedy umwandeln. So war es beispielsweise mit meinem Outing.

abi» Bei deinen Soloauftritten stehst du vor hunderten oder sogar mehreren tausend Menschen. Hast du vor einem Auftritt noch Lampenfieber?

Tahnee: Ja, zumindest eine solide Grundanspannung ist immer vorhanden und auch wichtig, unter anderem für die Haltung auf der Bühne. In meinem Berufsfeld begegnet einem auch nach Jahren immer wieder Neues, man wird in unbekannte Situationen geworfen und erfährt Ungekanntes über sich selbst. Auch wenn ich im Rahmen einer Tournee jeden Abend das Gleiche auf der Bühne erzähle, ist das Publikum immer ein anderes, das macht es interessant. Man kann sich sicher sein, dass bei jedem Auftritt etwas Ungeplantes passiert.

abi» Hattest du auf der Bühne denn schon mal einen Blackout?

Tahnee: Zu Beginn meiner Karriere hatte ich ein paar Mal diesen kurzen Moment, in dem man gerade nicht weiß, wie es weitergeht, was man eigentlich sagen wollte. Zum Glück ist es mir dann aber immer relativ schnell wieder eingefallen. Das Publikum hat es wahrscheinlich gar nicht gemerkt, auch wenn sich diese wenigen Sekunden für einen persönlich sehr viel länger anfühlen. Zur Not sage ich irgendetwas mit lustiger Stimme oder im Dialekt und überbrücke so.

abi» Wenige schaffen, was du erreicht hat. Was denkst du, würdest du heute machen, wenn es mit der Comedy nicht geklappt hätte?

Tahnee: Das ist eine schwierige Frage. Neben dem Musical hatte ich damals noch ein Studium in Kunstgeschichte oder Grafikdesign als Alternativplan im Kopf. Ich bin aber froh, wie sich alles entwickelt hat, denn sollte es, wider Erwarten, mit der Comedy in ein paar Jahren nicht mehr so gut laufen, gibt es im künstlerischen Feld für mich nun viele Perspektiven. Denkbar wäre eine Arbeit beim Radio oder wieder im Bereich der Moderation. Ich kann Abiturienten nur raten, auf die innere Stimme zu hören und sich nicht zu früh auf einen Weg festzulegen. Man darf keine Angst haben, Fehler zu machen. Auch Scheitern bringt weiter.

Über Tahnee

Tahnee ist 1992 in Heinsberg geboren und eine erfolgreiche Comedienne, die durch Fernsehauftritte in „Die Anstalt“, bei „Nuhr im Ersten“ sowie „TV Total“ bekannt wurde.

Von 2016 bis 2018 moderierte sie die Fernsehsendung „NightWash". Im Herbst 2019 startete ihre zweite Solo-Tournee. Ab 2021 hatte sie eine Talk-Sendereihe in der ARD Mediathek unter dem Titel „Tahnee.7“. Außerdem trat sie in einer Comedy Show bei einem bekannten Streamingdienst auf.