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Katastrophenmanager beim Roten Kreuz: Konzepte für Katastrophen

Bei Unwettern, Hackerangriffen, Stromausfällen und andere Ereignissen, die das öffentliche Leben stilllegen könnten, trägt Jan Frederik Schlie (32) dazu bei, dass die Versorgung aufrechterhalten wird. Als K-Beauftragter beim DRK-Kreisverband Herzogtum Lauenburg verantwortet er die Stabsstelle Bevölkerungsschutz / Katastrophenschutz.

Zwei Feuerwehrmänner löschen ein Feuer.

Es war schon fast Mitternacht am 4. September 2019, als die Bevölkerung von Glinde in Schleswig-Holstein endlich aufatmen konnte: Die bei Abrissarbeiten gefundene Weltkriegsbombe war entschärft, nun konnten alle evakuierten Personen in ihre Wohnungen und Häuser zurückkehren. „Diese Bombenentschärfung war besonders kompliziert und hatte fast acht Stunden gedauert“, erinnert sich Jan Frederik Schlie. „Daher waren einige Menschen schon seit Mittag in unseren Notunterkünften. Viele waren älter oder von einem langen Arbeitstag erschöpft und wollten verständlicherweise gern nach Hause.“ Insgesamt waren mehr als 7.700 Anwohner betroffen.

Um es den Menschen so erträglich wie möglich zu machen, hatte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) zwei Schulen und ein Jugendzentrum umfunktioniert. Nun gab es dort Ruheplätze, warme Mahlzeiten, Getränke und Medikamente. Notfallsanitäter, Ärzte und Ärztinnen standen bereit, um Fragen zu beantworten und die Menschen bei Bedarf medizinisch versorgen zu können – eine große logistische Herausforderung für die Einsatzkräfte.

Gute Vorbereitung ist alles

Portraitfoto Jan Frederik Schlie Portraitfoto Jan Frederik Schlie

Jan Frederik Schlie

„Für solche Situationen muss man schon im Vorfeld ein Konzept in der Schublade haben, damit alles reibungslos funktioniert“, erklärt der Katastrophenschutzbeauftragte. „So gibt es etwa für Bombenentschärfungen eine klare Maßgabe und ein Organigramm dafür, wie eine Notunterkunft auszusehen hat, wie viel Personal benötigt wird und wie viele Leute verpflegt werden können.“ Auch auf Naturkatastrophen ist er mit seinem Team vorbereitet – wie etwa beim Hochwasser, das im Jahr 2013 das an der Elbe liegende Städtchen Lauenburg überflutete – auf Hackerangriffe, die komplette Systeme lahmlegen, oder beispielsweise einen größeren Stromausfall. „Dabei beschäftigen wir uns mit der Frage, wie die Versorgung aufrechterhalten werden kann, wenn es tagelang keinen Strom und kein fließend Wasser gibt und daher zum Beispiel ambulante Pflegedienste oder Kindertagesstätten nicht mehr richtig funktionieren.“

Jan Frederik Schlie arbeitet an der Schnittstelle zur öffentlichen Verwaltung, in diesem Fall der unteren Katastrophenschutzbehörde des Herzogtums Lauenburg und der ehrenamtlich geprägten DRK-Ortsvereine, die auch Katastrophenschutzeinheiten vorhalten. „Der Umgang mit den Ehrenamtlichen macht mir besonders viel Freude. Dazu gehören Einsatzkräfte der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), mit denen wir bei Schadenslagen zusammentreffen.“

An ein bis zwei Tagen pro Woche besucht er die Einheiten des DRK, um sich an der Ausbildung zu beteiligen, über Sorgen und Erfolgserlebnisse zu sprechen oder einfach mal abends gemeinsam zusammenzusitzen. „Meine Aufgaben bedeuten aber viel Schreibtischarbeit und verwaltende Tätigkeiten“, ergänzt er. „Es ist mehr, als ich erwartet hätte, andererseits ist natürlich genau diese Vorarbeit relevant, um letztendlich die Katastrophen in den Griff zu bekommen.“

Vom Rettungssanitäter zum Katastrophenmanager

Jan Frederik Schlie ist dank einer umfassenden Qualifikation in seine Aufgaben hineingewachsen. Nach dem Abitur durchlief er seinen Zivildienst beim Deutschen Roten Kreuz, schloss eine Ausbildung zum Rettungssanitäter und Rettungsassistenten ab und die Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter an. Er studierte Rettungsingenieurwesen an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg und stieg nach dem Bachelorabschluss zunächst in der freien Wirtschaft ein. „Ich war für die Produktentwicklung und den deutschlandweiten Vertrieb von Dokumentationslösungen für den Rettungsdienst tätig. Als sich mir dann die Möglichkeit bot, aktiv im Katastrophenmanagement einzusteigen, habe ich diese Chance genutzt.“ Für die Zukunft möchte er sich den wachsenden Herausforderungen stellen. „Das Thema Katastrophenschutz nimmt aktuell wieder mehr Raum ein, weil zum Beispiel die Cyberkriminalität neue Bedrohungen mit sich bringt.“