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In Deutschland gibt es nur wenige Frauen in Führungspositionen. Dabei haben bunt gemischte Führungsteams durchaus positive Effekte auf den Erfolg eines Unternehmens. Veränderungen bei der Besetzung von Leitungspositionen greifen aber nur sehr langsam.
„Frauen betreiben weniger Selbstmarketing als Männer. Wir zeigen unsere Leistung nicht so her“, sagt Diana Diefenbach, deren Karriere mit einer Tischlerlehre begann und die heute zum Management von Samsung Electronics Deutschland gehört. Aber nicht zu zeigen, was man kann, sei ein Fehler, sagt die 45-Jährige: „Wenn man für ein Thema kämpft, muss man auch Sorge dafür tragen, dass die Leistung gesehen und anerkannt wird.“
Dass die Leistungen von Frauen sich nicht in Führungspositionen widerspiegeln, sie meist in der zweiten statt in der ersten Reihe agieren, zeigt sowohl ein Blick in die Vorstandsliste der DAX-Konzerne als auch in die Leitungsfunktionen der Hochschulen: Je einflussreicher und sichtbarer Positionen im System sind, desto geringer ist ihr Frauenanteil. Veränderungen greifen nur mühsam: So liegt laut Statistischem Bundesamt der Frauenanteil unter den Professuren an Universitäten bei gerade einmal 28%, trotz beständigen Wachstums in den letzten Jahren.
Wenn man für ein Thema kämpft, muss man auch Sorge dafür tragen, dass die Leistung gesehen und anerkannt wird.
Diana Diefenbach, Samsung Electronics Deutschland
Laut der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) werden auch im mittleren und höheren Management nur rund 25 Prozent der Jobs von Frauen besetzt, zuletzt war diese Zahl sogar rückläufig. Dabei gibt es Unterschiede. „In Ostdeutschland ist der Frauenanteil an den Führungskräften noch immer höher als im Westen und auf der zweiten Führungsebene sind die Frauen in Ostdeutschland sogar ihrem Beschäftigtenanteil entsprechend repräsentiert“, sagt Dr. Susanne Kohaut vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Am häufigsten seien Frauen im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen, Erziehung und Unterricht auf Führungspositionen zu finden. „Darüber hinaus ist der Frauenanteil in Leitungspositionen umso geringer, je größer ein Betrieb ist.“
„Kleinunternehmen können gut ausgebildeten Frauen oft individueller auf sie zugeschnittene Möglichkeiten und eine größere Flexibilität bieten als große Unternehmen“, meint Christina Sontheim-Leven, Mitglied von Generation CEO und Geschäftsführerin von Spiekermann GmbH Consulting Engineers: „Karrierewege im Mittelstand lassen sich auch bei sich verändernden Lebensumständen leichter anpassen, etwa indem Doppelspitzen geschaffen werden. Große Unternehmen sind hier in den unternehmensweiten Vorgaben oft starrer und damit auch unflexibler.“ Kleinunternehmen müssten auch kreativer sein, um sich als attraktiver Arbeitgeber behaupten zu können und daher besonders viel für das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf tun, um mithalten zu können. „Viele mittelständische Unternehmen sind zudem familiengeführt. Eine geordnete Nachfolgereglung ist daher wichtig, weshalb weibliche Familienmitglieder oft bereits frühzeitig eingebunden und auf eine spätere Führungsposition im Unternehmen vorbereitet werden.“ Aber auch bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen sei der Anteil der Chefinnen rückläufig.
Seit 2016 ist das „Gesetz für gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen“ (FüPoG) in Kraft, das eine Quote von 30 Prozent für Frauen in Aufsichtsräten von 100 börsennotierten Unternehmen vorsieht. Eine Quote ist hier durchaus ein probates Mittel, findet Christina Sontheim-Leven: „Die Quote wirkt – im Gegensatz zur Selbstverpflichtung. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der Unternehmen, die unter die feste Quote fallen, ist seit dem Inkrafttreten des Gesetzes von 25 Prozent auf inzwischen 35,2 Prozent gestiegen.“ Dennoch sei das Gesetz in vielerlei Hinsicht ein Kompromiss und nur bedingt durchschlagskräftig. Eine fixe Geschlechterquote gebe es eben nur für Aufsichtsräte: „Für Vorstände und die erste und zweite Führungsebene darunter hatte der Gesetzgeber nichts vorgegeben, sondern es den Gesellschaften selbst überlassen, freiwillige Zielgrößen festzulegen. Hier dürfen die Unternehmen also frei entscheiden, wie hoch der Frauenanteil sein soll – und waren dabei nicht sonderlich progressiv“, sagt Christina Sontheim-Leven. Sprich: Hier hat sich wenig bis gar nichts verändert.
Ein weiteres Manko sei, dass das Gesetz keine konzernweite Anwendung findet, sondern an die deutsche Rechtseinheit geknüpft ist. Tochtergesellschaften von im Dax notierten Unternehmen müssen es nur berücksichtigen, wenn sie bestimmten Vorgaben entsprechen, sie zum Beispiel mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Dabei zeigen Untersuchungen, dass bei gemischten Führungsteams die Wahrscheinlichkeit steigt, erfolgreicher zu werden. Eine Studie der Universität Tübingen etwa bestätigt, dass es Unternehmen mit einem hohen Anteil weiblicher Führungskräfte besser gelingt, ihre Risiken zu senken und nachhaltigen Erfolg zu erzielen.
Frauen sind qualifiziert, haben hochwertige Abschlüsse, bringen die gleichen Voraussetzungen mit wie Männer. Dass sich das trotzdem selten in den Führungsetagen der Unternehmen widerspiegelt, hat vielschichtige Gründe. Wie wichtig es ist, frühzeitig die Weichen zu stellen, um beruflich voranzukommen, weiß Diana Glanz. Als Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Agentur für Arbeit Bielefeld ist es ihre Aufgabe, für das Thema zu sensibilisieren. Zu den klassischen Hürden gehört immer noch das Thema Familiengründung. Häufig ist der Mann ein paar Jahre älter, schon länger im Beruf, und verdient entsprechend mehr.
Frauen nehmen dann die längere Elternzeit: „Es besteht die Gefahr, dass sich traditionelle Geschlechterstereotypen und Rollenmuster verfestigen, indem das Thema Vereinbarkeit von Familie und Karriere ausschließlich Frauen zugeschrieben wird. Gleichstellung betrifft aber alle Geschlechter. Dafür müssen wir systematisch sensibilisieren“, empfiehlt Diana Glanz. Aber auch ohne Familie sollten sich Frauen fragen: „Welche Erwartungen habe ich an meine berufliche Zukunft? Und was bietet mir hier das Unternehmen?“ Führungspositionen in Teilzeit, Mentoring, Coaching: „Unternehmen bieten mittlerweile unterschiedliche Produkte an, um mehr Frauen in Leitungspositionen zu bringen. Hier sollten Frauen auch bei der Wahl des Arbeitgebers auf die Philosophie eines Unternehmens achten.“
Am IAB der Bundesagentur für Arbeit arbeiten Expertinnen und Experten aus Ökonomie, Politologie, Mathematik, Soziologie und Betriebswirtschaft zusammen, um das breite Spektrum der Forschungsfelder rund um den Arbeitsmarkt abzudecken.
www.iab.de
Die gemeinnützige AllBright Stiftung setzt sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein
allbright-stiftung.de
Forschungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau zum Thema Frauen in Führungspositionen
www.kfw.de/KfW-Konzern/KfW-Research
Aktualisiert: 01.09.2021
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