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Glücklicher Zufall

Schatten von Bloggerin Melissa.

Autor:
Melissa

Rubrik:
orientieren

13.05.2023

Am Flughafen in Istanbul hat mir eine junge Frau geholfen, mich zu orientieren, nachdem ich im Getümmel verloren war. Sie hat mich nach einem kurzen Gespräch für meinen letzten Tag in der Türkei zu sich nach Hause eingeladen. Lange war ich unsicher, ob es eine gute Idee ist, dort hinzufahren. Zum Glück habe ich mich dann einen Tag vorher doch noch überwunden, denn was hatte ich schon zu verlieren.

So kam es, dass ich am Samstagmorgen im Bus nach Kayseri saß, völlig ahnungslos, was mich erwartet. Bisher war ich nur an touristischen Orten gewesen und es gewohnt, dass die meisten Türken etwas Englisch konnten. Als ich dann aus dem Bus stieg, etwa acht Kilometer von meinem Ziel entfernt, bin ich in einer ganz anderen Welt gelandet. Niemand sprach Englisch, ich war der einzige Tourist. Ich bin mir so fremd und falsch vorgekommen wie selten zuvor. Ohne die Hilfe meiner Bekannten wäre ich wohl nie angekommen.

Im Stadtzentrum hat mich meine Bekannte dann abgeholt und mir die wichtigsten Orte der Stadt gezeigt. Es war wirklich eine besondere Erfahrung. Nicht nur, dass ich natürlich viel mehr sehen konnte, mit jemandem, der sich auskennt. Besonders schön war einfach, wie freundlich alle Leute plötzlich waren, nachdem sie mich als ihre deutsche Freundin vorgestellt hatte.

Nachdem sie mir die Stadt gezeigt hatte, mit allen Moscheen und schönen Ecken, sind wir zu ihr nach Hause gefahren. Ihre ganze Familie war extra gekommen, um mit mir das tägliche Fastenbrechen im Ramadan zu feiern. Es gab viele traditionelle Speisen und natürlich türkischen Tee. Auch wenn nur einer von ihnen Englisch sprach, waren alle sehr bemüht, mit mir zu sprechen. Ich habe nicht immer alles verstanden und trotzdem hatte ich das Gefühl, dazuzugehören. Jeder wollte mich an der Kultur teilhaben lassen, und so konnte ich alle Traditionen miterleben. Noch nie in meinem Leben habe ich mich derart willkommen an einem Ort gefühlt, wie dort. Nach wenigen Minuten war es wie zu Hause. Als ob ich diesen Ort und die Menschen schon jahrelang kennen würde. Ein solches Erlebnis hatte ich noch nie. Ich war einfach glücklich.

Nur wie das an solchen Abenden immer so ist, verging die Zeit natürlich viel zu schnell. Wir haben gelacht, getanzt und gespielt – und ehe ich mich versah, war es Zeit zu gehen. Nach vielen Umarmungen, Geschenken und Abschiedsworten musste ich dann doch in den Flieger steigen. Und so schnell, wie ich in diese Gemeinschaft hineingeraten bin, so schnell wurde ich auch wieder aus ihr herausgerissen. Nach diesem Abend voller Eindrücke und neuer Freunde wollte ich nicht einfach nach Hause, wo alles so gewöhnlich war. Das war zu früh, zu wenig Zeit, um alles zu verarbeiten, anzukommen. Und so hatte ich zu Hause angekommen tatsächlich recht schnell Heimweh. Meine Gedanken hängen sehr an diesem Abend und bei den Menschen, insbesondere bei meiner Freundin, die mich so herzlich aufgenommen hat. Die mir alles gezeigt hat. Bei der ich mich so Zuhause gefühlt habe.

Vor meiner Reise hatte ich Angst, wie die Leute und das Land wohl sein werden. Ob sie mir freundlich begegnen würden, als Fremde. Doch jetzt, nur eine Woche später, bin ich begeistert von den Menschen, von ihrer Freundlichkeit. Eine Begegnung am Flughafen begleitet von etwas Neugier und Mut hat meine ganze Reise verändert. Hat mich verändert. In dem Moment, als mich eine Fremde angesprochen hat, war ich verzweifelt und allein. Aus diesem Moment sind viele Momente des Glücks entstanden. Momente der Erfüllung. Und neue Freunde. So im Nachhinein betrachtet, hat mich das Glück tatsächlich unerwartet getroffen. So unerwartet, dass ich bis jetzt noch nicht ganz verarbeitet habe, wie prägend der Tag war. Denn eins ist klar, es war einer der schönsten Tage meines Lebens.