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Studieren im Ausland: Transeuropäische Odyssee – Teil 1

Blogger David mit einem Pappschild, auf dem MADRID steht.

Autor:
David

Rubrik:
studium

17.03.2022

Vor einiger Zeit habe ich mir vorgenommen, weniger zu fliegen. Schon während meines Freiwilligendienstes habe ich, inspiriert aus der Schulzeit, meinen ökologischen Fußabdruck berechnet. Obwohl wir auf kleinem Raum lebten (ohne Heizung), kein Auto hatten und sich auch alle weiteren Faktoren wie Ernährung im unteren Sektor der Rechnung befanden, wurde das Jahresbudget durch die Flugreise komplett gesprengt. Irgendwo bei über vier Erden lag der Endwert dann und ich dachte mir, dass mein jährliches CO2-Budget im Sinne des Kategorischen Imperativs („Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz wird“) nicht so hoch sein dürfte. Folglich entschied ich mich dazu, alle vermeidbaren Flüge zu streichen. Drei Wochen Mittelamerikareise? Das geht einfach nicht. Wenn man schon über den Atlantik muss, dann sollte es sich auch lohnen und um einen mehrmonatigen Aufenthalt gehen. Innereuropäische Flugstrecken sind genauso vermeidbar.

Bei der Anmeldung zum Erasmus in Spanien überlegte ich schon, welches Fortbewegungsmittel ich auswählen würde. Wenn man Flugzeuge aus der Gleichung streicht, bleiben einem neben dem Auto eigentlich nur noch der Zug und Fernbusse übrig. Züge sind, aus meiner eigenen Erfahrung, nicht mein Mittel der Wahl; vor allem wenn es darum geht allein zu reisen. Zu oft bin ich schon in die falsche Richtung, zu weit oder sonst wohin gefahren. Aufgrund dieses Mikro-Traumas blieb also nur der Fernbus, der aber gar nicht wirklich ein Worst-Case-Szenario für mich darstellte.

In Peru gibt es nur wenige Zugstrecken, die weitgehendst für touristische Zwecke genutzt werden, sodass Fernbusse während meiner Zeit dort das Fortbewegungsmittel der Wahl waren. Die Busse dort würde ich aus europäischer Perspektive durchaus als Business- und First Class-Qualität bezeichnen. 160 Grad Sitzspielraum waren das Minimum und Verpflegung Standard. Aus Transparenzgründen möchte ich trotzdem auf die nicht geringen Busunfälle mit fatalen Folgen in Peru hinweisen. Diese haben sicherlich mit den (fehlenden) Vorsichtsmaßnahmen bei den maximalen Fahrtzeiten oder anderen Faktoren zu tun, aber spiegeln eben auch die schiere Anzahl von Bussen wider.

Zurück nach Deutschland. Schnell wurde klar, dass FlixBus eigentlich die einzige realistische Lösung war, um die 1400 Kilometer von Freiburg nach Valencia zurückzulegen. Die Preise sind im Vergleich zu den zehn Euro Billigflügen von Ryanair und Co. astronomisch, aber warum sich klimaschädliches Verhalten ökonomisch immer noch lohnt, ist vielleicht ein Thema für einen anderen Blog. Knapp 30 Stunden geht das Abenteuer, das ich mittlerweile drei Mal erleben durfte. Immer sind eine Wartezeit und Umstieg (zwischen drei und zwölf Stunden) in Lyon vorgesehen, wodurch ich meine Vorurteile gegenüber der Stadt bereinigen konnte und diese nun ziemlich wertschätze.

Anlügen möchte ich natürlich niemanden. Deshalb muss ich zugeben, dass der Sitzkomfort im Bus zwar vergleichbar ähnlich mit dem der Economy-Class im Flugzeug ist, aber die vielen Stunden auch diesen beeinträchtigen. Ich habe ein überdurchschnittlich vergebenden Rücken und kann auch normalerweise mehrere Stunden am Stück im Bus schlafen, sodass die gesamte Geschichte dann doch ertragbar ist. Insgesamt hilft es am meisten, alles mit einer guten Stimmung anzugehen und die Nachteile zu Vorteilen umzumünzen. Die verändernde Landschaft, die Entschleunigung und auch die Bekanntschaften, die man auf dem Weg macht, sind alles Faktoren, die das Fernbusfahren zu einem positiven Erlebnis machen. Lyon hätte ich beispielsweise nie so erlebt und auch wenn es ein Vielfaches der Zeit eines Flugs braucht (die man selbstverständlich erstmal haben muss), wird das Busfahren mit der Zeit immer angenehmer.