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Künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt – Interview: „Offen Sein für Innovation“

Reinhard Karger ist Sprecher des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (KI). Das Institut wurde 1988 als gemeinnützige Public-Private-Partnership gegründet und ist eine führende und wirtschaftsnahe Forschungseinrichtung für innovative Softwaretechnologien auf der Basis von KI-Methoden.

Foto von einem Bildschirm, auf dem ein Programmiercode zu sehen ist.

abi» Herr Karger, wie wird KI die Arbeitswelt prägen?

Reinhard Karger: KI als Querschnittstechnologie ist von herausragender Bedeutung für sämtliche Berufe und Betätigungsfelder, weil KI leistungsfähige Werkzeuge ermöglicht, um die drängendsten Probleme unserer Zeit zu lösen: Klimawandel, Mobilität, Pflege, Gesundheit oder Kreislaufwirtschaft.

abi» Welche Berufe sind insbesondere betroffen, oder: Wo kann KI unterstützen?

Reinhard Karger: KI-“Denkzeuge” werden als maschinelle Wissensassistenten bei der Steuererklärung helfen, bei Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Investmententscheidungen. Das wird die Arbeitsplätze des Steuerberaters, des Anwalts und des Bankers verändern, aber nicht den Berufsstand überflüssig machen. In der Produktion wird Mensch-Roboter-Kollaboration die Planung, die Fertigung und die Produkte verändern, aber die Fabrik wird nicht menschenleer sein. Absolventen sollten sich nicht blenden lassen von den Schlagzeilen, sondern offen sein für Innovation und neugierig auf die Herausforderungen ihres ersten Arbeitgebers.

abi» Viele denken bei KI an große Internetkonzerne. Wo kommt KI noch zum Einsatz und wo spielt Deutschland in der Forschung eine besondere Rolle?

Reinhard Karger: Das stimmt, der Einsatz von KI im Dienstleistungsbereich wird von den global agierenden US-Konzernen dominiert. Bei den KI-Produktionstechnologien und Industrie 4.0 spielt Deutschland eine herausragende Rolle, auch beim autonomen Fahren oder bei der Unternehmenssoftware.

abi» Wie weit sind deutsche Unternehmen beim Einsatz von KI?

Reinhard Karger: Deutsche Großunternehmen, aber auch der Mittelstand, beschäftigen sich intensiv mit KI, kooperieren mit der Forschung und werden dabei von der Bundesregierung aktiv unterstützt. Für den Einsatz von KI ist die Sammlung von Daten die Grundlage. Manche Unternehmen schaffen dafür aktuell noch die Voraussetzungen. Dabei ist KI nur eine mögliche Nutzung, grundsätzlich geht es um Digitalisierung.

abi» Welche Risiken sehen Sie bei all diesen Entwicklungen und wie können wir mit ihnen umgehen?

Reinhard Karger: Wir brauchen eine öffentliche Diskussion über die Anwendungen, die gesellschaftlich erstrebenswert sind. Stichworte sind „menschzentrierte KI“ oder „AI for good“ (AI: artifizielle Intelligenz, andere Bezeichnung für KI – d. Red.). Wichtig ist, dass die ingenieurwissenschaftlichen und die geisteswissenschaftlichen Fakultäten noch enger zusammenarbeiten. Wir brauchen nicht Technologie für Technologen, sondern Lösungen, die jeder im Alltag einsetzen kann. Klar ist, Werkzeuge können missbraucht werden. Objekterkennung in Fotos kann ein Fluch sein – in den Händen von autoritären Regimen – und ein Segen, wenn der Radiologe durch KI genauere Diagnosen stellen kann.