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Bereits im Kindergartenalter zählt der Beruf des Piloten beziehungsweise der Pilotin zu den beliebtesten Berufswünschen. Doch wie ist es eigentlich, über den Wolken zu arbeiten? Ist es schwierig, Verkehrsflugzeugführer/in zu werden? Antworten auf diese Fragen und ob man im Pilotenalltag auch mal am Schreibtisch sitzt, erfahrt ihr im abi» Podcast.
Kein Flug ist wie der andere, es läuft auch nie zu hundert Prozent wie geplant. Da ist immer irgendetwas, wo man kreativ werden muss, wo man eben flexibel ist. Wir sehen viel von der Welt, wir erleben ganz besondere Momente und haben, wie gesagt, einfach den schönsten Ausblick von dort oben.
Justine fliegt eine Boeing 757 als Pilotin für eine Cargo Airline.
Jingle: abi», dein Podcast für die Berufsorientierung!
abi»: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des abi» Podcasts. Heute geht es um den großen Traum vom Fliegen. Bereits im Kindergartenalter zählt der Beruf des Piloten beziehungsweise der Pilotin zu den beliebtesten Berufswünschen. In der heutigen Welt gehören Flugzeuge zur Normalität. Abgesehen von den täglichen Kondensstreifen am Himmel haben die meisten Menschen allerdings am ehesten auf dem Weg in den Urlaub oder zum Geschäftstermin Berührungspunkte mit Flugzeugen. Doch wie ist es eigentlich, über den Wolken zu arbeiten? Ist es schwierig, Pilotin oder Pilot zu werden? Mein Name ist Anne und genau diese Fragen bespreche ich heute mit Justine. Sie ist Frachtpilotin, genauer gesagt Verkehrsflugzeugführerin, und wird euch auch verraten, ob sie in ihrem Berufsalltag überhaupt am Schreibtisch sitzt.
Hallo Justine, schön, dass du da bist!
Justine: Hallo, freut mich sehr! Danke!
abi»: Fangen wir am Anfang an: War Pilotin schon als Kind dein Traumberuf?
Justine: Also, es hat ein bisschen gedauert, bis es mein Traumberuf geworden ist. Ich war eher Teenager oder in meinen jungen Teenager-Jahren, als der Beruf überhaupt für mich infrage kam. Und da war es erst mal das Fliegen, was im Vordergrund stand, und gar nicht unbedingt der Beruf als Pilotin.
abi»: Also war es erst mal mehr hobbymäßig, dass du fliegen wolltest?
Justine: Ja, es war tatsächlich so. Also mein Vater, der war auch Privatpilot, der hat mit Ende 30 Jahren das Fliegen gelernt und ich wollte dann auch so schnell wie möglich fliegen lernen, sobald er mich einmal hat das Flugzeug steuern lassen von der rechten Seite. Man hat ja immer ein Doppelsteuer im Flugzeug.
abi»: Ja!
Justine: Und das hat mir so gut gefallen und dann habe ich mich eben erkundigt, was das jüngste Alter ist, in dem man mit dem Fliegen anfangen kann, und das ist in Deutschland eben mit 14 Jahren. Und dann habe ich mit 14 Jahren mit Segelfliegen angefangen. Tatsächlich war es ein Hobby, aber trotzdem war der Traum schon im Hinterkopf, irgendwann Pilotin zu werden. Für mich war es damals allerdings so ungreifbar. Ich kannte keinen Piloten oder keine Pilotin, die professionell zum Beispiel in der Airline-Branche arbeitet und dementsprechend war der Beruf für mich so ungreifbar, dass ich mir das gar nicht vorstellen konnte, dass auch ich so was werden könnte.
abi»: Und wie ging es dann bei dir weiter? Erst mal Schulabschluss?
Justine: Genau, ich habe erst ganz normal mein Abitur gemacht und dann habe ich zunächst eine ganz normale Ausbildung gemacht. Also eine Ausbildung zur technischen Produktdesignerin. Und nebenbei war ich allerdings so aktiv in meinem Flug-Verein involviert, dass ich da immer mehr Kontakt bekommen hatte zu Leuten, die zum Beispiel auch in der Airline-Fliegerei sind, zu Airline-Piloten eben. Und da habe ich dann festgestellt: Das sind ganz normale Menschen, so wie du und ich. Die haben mir eben auch suggeriert, dass es möglich ist, dass ich definitiv Airline-Pilotin werden kann, dass ich das Zeug dazu habe. Und die Grundlagen waren eben schon da, sprich Abitur und auch für mich ja eben dieses fliegerische Grundverständnis. Und alles Weitere ist dann wirklich eine Form von Fleiß, ein kleines bisschen Talent vielleicht und eben dann das Wichtigste ist vor allem: die Leidenschaft.
abi»: Das nimmt jetzt meine nächste Frage gleich ein bisschen vorweg: Was man für die Ausbildung zur Pilotin mitbringen sollte. Du hast jetzt die persönlichen Fähigkeiten genannt.
Justine: Genau.
abi»: Welche schulischen Grundlagen, würdest du sagen, braucht man?
Justine: Also, es ist auf jeden Fall von Vorteil, wenn man, ich sag mal, ein gutes mathematisches Grundverständnis hat und auch in Physik ein Grundverständnis hat. Aber es ist nicht so, dass man unbedingt Mathe-Leistungskurs oder Physik-Leistungskurs belegt haben muss. Ich muss gestehen: Ich war selber nie richtig gut in Mathe. Und auch in Physik war es eher immer einfach Durchschnitt. Wichtig ist auf jeden Fall, dass man diszipliniert ist im Lernen, weil die Theorie – das ist schon fast ein kleines Studium, was man dafür lernen muss. Und da muss man dann eben fleißig sein.
abi»: Gibt es einen prägenden Moment, an den du dich während deiner Ausbildungszeit erinnerst?
Justine: Oh, da gibt es tatsächlich sehr viele prägende Momente. Das sind meistens die Momente im Cockpit – also, es ist eigentlich im Grunde nicht die Theorie, die hängen bleibt, sondern es sind wirklich die Flug-Erlebnisse, die man im Flugzeug hat. Und das sind ganz, ganz viele Momente. Und jeden Airline-Piloten, den man fragt, oder jede Pilotin, erzählt irgendwelche tollen Geschichten aus der Ausbildung.
abi»: Gibt es da bei dir ein konkretes Beispiel, von dem du uns erzählen könntest?
Justine: Ja, ich habe zum Beispiel meine Airline-Pilotenausbildung in Salzburg gemacht, also quasi in den Alpen. Und ich hatte wahnsinnig schöne Alpen-Flüge, wo wir wirklich durch die Täler geflogen sind, an den Bergspitzen vorbei. Und da kommt mir auch ein Flug in den Sinn, wo unten alles voll Nebel war und langsam ging die Sonne unter und die Bergspitzen ragten dann aus dem Nebel raus und es war einfach ein wunderschönes Szenario, was ich nie vergessen werde.
abi»: Ja, das klingt auf jeden Fall atemberaubend schön!
Justine: Ja!
abi»: Ich denke, sowas ist dann aber auch Motivation pur, oder? Gerade, wenn man noch in der Ausbildung steckt.
Justine: Absolut! Ja, das Schöne am Pilot werden ist eben, dass man diese praktischen Teile – sprich eben die Flugausbildung – ist immer das, was motiviert, weil jeder Flugschüler freut sich aufs Fliegen. Das ist immer wieder ein neues Erlebnis. Man lernt enorm viel in kurzer Zeit und man merkt selber eben auch, dass man enorme Fortschritte macht. Das motiviert natürlich.
abi»: Die heutige Podcast-Folge gehört ja zur Rubrik „Berufe fernab des Schreibtisches“. Trifft das auf deinen Beruf zu?
Justine: Absolut! Zu 100 Prozent.
abi»: Das heißt, du verbringst gar keine Zeit am Schreibtisch?
Justine: Nicht am Schreibtisch, aber am schönsten Office der Welt.
abi»: Kannst du so einen kleinen Alltags-Einblick geben. Wie sieht der Alltag als Pilotin aus? Gibt es überhaupt was, was man so als alltäglich beschreiben kann? Es ist ja schon jeder Flug wahrscheinlich sehr einzigartig.
Justine: So ist das. Kein Flug ist wie der andere, es läuft auch nie zu hundert Prozent wie geplant. Da ist immer irgendetwas, wo man kreativ werden muss, wo man eben flexibel ist und dann selbstverständlich ist das kein 9-to-5-Job. Also, wir arbeiten an Wochenenden, an Feiertagen. Für mich gibt es gar keine richtigen Wochenenden, weil ich eben auch oft unter der Woche frei habe. Trotzdem, genau das mag ich tatsächlich sogar, weil ich habe festgestellt, in meiner Ausbildung, da hatte ich eben einen 9-to-5-Bürojob und mir hat das gar nicht so gut gefallen, jeden Montag bis Freitag in die Arbeit zu gehen. Allerdings fehlt einem eben in der Luftfahrt, wenn man in dieser Branche arbeitet, auch ein bisschen die Stabilität. Man kann sich eben nicht drauf verlassen, dass man immer am Wochenende da ist oder an Feiertagen und da muss man auch bereit sein, diesen Preis zu zahlen. Dafür erleben wir natürlich doch deutlich mehr. Wir sehen viel von der Welt, wir erleben ganz besondere Momente und haben, wie gesagt, einfach den schönsten Ausblick von dort oben.
abi»: Warum, denkst du, ist der Beruf des Piloten so eine Männer-Domäne?
Justine: Das liegt so ein bisschen im Ursprung der Luftfahrt. Früher, wirklich in den Anfängen der Luftfahrt, da war es nur Männern erlaubt zu fliegen und die ersten Frauen sind erst so in den 20er-, 30er-Jahren dazugekommen. Und da waren es noch enorm wenige. Und natürlich, wie bei vielen Berufen, ist es immer noch so. Ja, es wird oft suggeriert, der Pilot ist ein Mann und man sieht das ja auch in Filmen. Bekannte Filme, da sind oft dann Männer eben Piloten. Aber inzwischen werden es immer mehr Frauen und das ist auch wirklich gut so, weil es gibt gar keinen Grund dafür, weshalb eine Frau eine schlechtere Pilotin sein sollte als ein Mann.
abi»: Es sollte sich davon also keine weiblich gelesene Person abschrecken lassen. Abschreckend ist vielleicht auch der Punkt Klimaschutz. Da steht Fliegen ja stark in der Kritik.
Justine: Ja.
abi»: Wie erlebst du diese Entwicklung?
Justine: Man merkt das natürlich. Ja, zum Beispiel die letzten Vorfälle. Es war ja erst heute Nacht der Fall, dass wieder Klima-Kleber am Airport waren und das schränkt den Flugverkehr enorm ein. Und ich sag mal, gerade meine Generation: Wir sind uns alle sehr bewusst, dass etwas gemacht werden muss. Also, wir können nicht so weitermachen wie bisher. Aber trotzdem merkt man, dass Entwicklungen da sind und dass man sich wirklich bemüht, einen Schritt weiterzugehen und das Fliegen viel, viel effizienter und ökologischer zu machen. Das Problem ist, die Luftfahrt hat sehr lange gebraucht, um so einen hohen Sicherheitsstandard wie jetzt zu haben, und wir haben in allem Redundanzen. Und man kann ein Flugzeug nicht so schnell entwickeln wie ein Auto. Das dauert mindestens ein Jahrzehnt länger, bis man auf so einem Stand ist. Und das muss man einfach akzeptieren. Aber ich sage den Leuten immer: Wir machen das Fliegen nicht grüner, indem wir das Fliegen verbieten. Die ganzen Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, es werden immer mehr innovative Entwicklungen gezeigt und man muss der ganzen Sache eben ein bisschen Zeit geben und kann nicht erwarten, dass das von heute bis morgen klappt.
abi»: Und dann habe ich noch eine letzte Frage: Was denkt eigentlich der Pilot oder die Pilotin, wenn die Passagiere nach der Landung klatschen?
Justine: Das ist eine sehr gute Frage, die kann ich tatsächlich gar nicht aus eigener Erfahrung beantworten, weil ich eben Frachtpilotin bin. Das sind zwar die gleichen Flugzeuge wie Passagierflugzeuge, allerdings haben wir eben Pakete hinten drin und Container und keine Menschen. Aber ich habe ja auch sehr viele Bekannte und Freunde in der Airline-Fliegerei, die eben Passagiere fliegen und es ist tatsächlich so, dass man das vorne gar nicht mitbekommt im Cockpit. Man merkt, dass das mehr in den Urlaubsfliegern ist und ich, wenn ich selber als Passagier mitfliege, ich muss einerseits ein bisschen schmunzeln, andererseits finde ich es auch einfach schön, weil das zeigt, dass die Leute irgendwie doch den Flug genossen haben und einfach froh sind, dass sie eben so, ja, sicher von A nach B gekommen sind.
abi»: Es ist ja auch eine Anerkennung, ein Zeichen von Respekt, oder?
Justine: Ja, absolut. Allerdings, irgendwo ist es ja so ein bisschen, als hätten die Leute erwartet, dass es nicht gut wird.
abi»: Stimmt!
Justine: Und dass sie dann nicht geklatscht hätten. Von daher: Eigentlich ist es der Anspruch an uns selbst, also an uns Piloten selbst, dass jede Landung eine gute Landung wird.
abi»: Ja. Justine, ich danke dir für dieses schöne Interview.
Justine: Sehr gerne.
abi»: Ich denke, du hast den Hörerinnen und Hörern auf jeden Fall einen ganz tollen Einblick in den Pilotenberuf gegeben.
Justine: Das hoffe ich.
abi»: Und vielleicht konnten wir auch ein paar weiblich gelesene Personen heute motivieren.
Justine: Das würde mich sehr freuen.
abi»: Weitere Beiträge zum Thema Luftverkehr findest du auf abi.de. Unter „Ausbildung“ > „Berufe von A – Z“ > „Ausbildungsberufe V“ findest du den „Verkehrsflugzeugführer“.
Oder unter abi.de „Studium“ > „Berufspraxis“ > „Verkehr, Logistik“ findest du das „Luftverkehrsmanagement“. Das war dein abi» Podcast. Redaktion und Produktion Anne Kreitlein für den Meramo Verlag im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.
Die meisten Flugschulen sind privat, die Schülerinnen und Schüler müssen also selbst für die Finanzierung der Ausbildung aufkommen. Neben der Möglichkeit, sich das Geld von einer Bank oder privat von den eigenen Eltern, Verwandten, Freundinnen oder Freunden zu leihen, kann man mit Glück ein Stipendium ergattern oder die Flugausbildung von einer Airline finanziert bekommen. Für schulische Ausbildungen können Schülerinnen und Schüler zudem BAföG beantragen.
Weitere Infos zum Themafindest du unter Finanzen in der Ausbildung.
Das Onlinelexikon der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild (Suchwort: Verkehrsflugzeugführer/in).
Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet 350 Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge.
In der Studiensuche kannst du recherchieren, welche Studiengänge an welchen Hochschulen in Deutschland angeboten werden.
Mit dem Erkundungstool Check-U findest du heraus, welche Ausbildungsberufe und Studienfelder besonders gut zu deinen Stärken und Interessen passen.
Stand: 22.08.2024
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