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Ist das wirklich so? Berufe und Klischees: Lehrerin

Jeder kennt den Lehrerberuf und die Klischees, die damit einhergehen. Aber welche davon sind frei erfunden und welche haben doch ein Fünkchen Wahrheit in sich? abi» hat nachgefragt.

  • Porträtfoto von Tanja F.

    Es ist bei mir im Kollegium so, dass wir ganz viel Material miteinander austauschen. Wenn jemand mal einen interessanten Artikel findet, geht direkt die E-Mail an alle Kollegen raus. Dann kann jeder den Artikel im Unterricht hernehmen.

    Tanja Friedrich arbeitet als Lehrerin für Englisch und Biologie.

Textversion des Podcasts zum Lesen (Audio-Transkript)

Jingle: abi» - dein Podcast für die Berufsorientierung.

abi»: Herzlich willkommen zum abi» Podcast. Mein Name ist Klaus und ich habe mich heute mit Tanja Friedrich, einer Lehrerin für Englisch und Biologie, an der Fach- und Berufsoberschule Ingolstadt, unterhalten. Wir alle kennen den Lehrerberuf, weil wir in der Schule jahrelang Kontakt mit unterschiedlichsten Lehrkräften hatten. Deshalb ist es wenig überraschend, dass der Beruf mit einigen Klischees behaftet ist. Aber ist das wirklich so? Für den abi» Podcast habe ich nachgefragt.

Guten Morgen, Frau Friedrich.

Tanja Friedrich: Guten Morgen.

abi»: Schön, dass Sie heute bei uns sind. Ich steige mal direkt mit dem ersten Klischee ein. Mit Blick auf die Arbeitszeit, die ganzen Ferien, haben Lehrer doch unglaublich viel Freizeit, oder? Stimmt das?

Tanja Friedrich: Also ich muss sagen, es gibt diverse Phasen im Schuljahr, da hat man definitiv mehr Freizeit als jemand, der jetzt normal acht Stunden am Tag, 40 Stunden die Woche arbeitet. Aber es gibt auch andere Phasen im Schuljahr, da sind es vielleicht 60, vielleicht 100 Stunden, je nachdem, wie viel Arbeit man sich halt macht. Und in den Ferien ist es ja auch nicht so, dass man den ganzen Tag nur zu Hause sitzt oder noch besser im Urlaub, sondern meistens hat man irgendwas zum Korrigieren da. Außer die Sommerferien, in denen man schon von fünf Wochen reiner Freizeit ausgehen kann, womit man dann bei den regulären 25 Urlaubstagen von einem normalen Arbeitnehmer ist, hat man ansonsten in den Ferien sicher nicht jeden Tag frei. Auch in den Sommerferien ist in der letzten Ferienwoche spätestens schon wieder irgendwas zum Vorbereiten. Die ersten Konferenzen, die anstehen, neue Kollegen, die irgendwie eingearbeitet werden müssen/sollen. Ansonsten ist es ja auch nicht so, wie man es als Schüler kennt. Man geht um 8:00 hin oder fünf vor acht und darf dann um 13:00 heimgehen und hat dann Feierabend. Sondern der Unterricht, den man hält, der muss ja auch irgendwann vorbereitet werden. Und der Unterricht alleine ist ja auch nicht alles, sondern es gibt allerlei Veranstaltungen, die im Schulleben einfach generell stattfinden: Elternabende, Konferenzen mit den Klassenkollegen oder mit dem ganzen Kollegium und auf Theaterveranstaltungen der Schule muss man natürlich sie aussehen lassen. Von daher endet der Unterricht keinesfalls, oder endet die Arbeitszeit keinesfalls, wenn der Unterricht endet. Und dementsprechend würde ich sagen, gibt es definitiv Phasen, in denen hat man eher weniger zu tun. Aber der größte Teil des Jahres, da hat man eher mehr Arbeit.

abi»: Das führt uns ganz schön zum nächsten Klischee. Lehrerinnen und Lehrer sind doch als Schüler schon gern in die Schule gegangen, oder?

Tanja Friedrich: Also aus meiner eigenen Erfahrung würde ich sagen Ja, ich persönlich definitiv. Und ich glaube fast, dass niemand, der nicht gerne auch selber in die Schule gegangen ist, sich dazu entscheidet, sein ganzes restliches Leben in der Schule zu verbringen. Weil, wenn man selber schon als Schüler keine wirkliche Lust hatte oder vielleicht sogar richtige Antipathie aufgrund der Mitschüler, im schlimmsten Fall aufgrund der Lehrer, dann wird sich ja das im Laufe des Studiums nicht einfach ändern und man sagt okay, ich finde Schule jetzt ganz toll und möchte da die nächsten 40 - 45 Jahre weiterhin verbringen. Und dementsprechend gehe ich davon aus und weiß es auch von einigen meiner Kollegen, dass sie selber als Schüler auch gerne in die Schule gegangen sind. Ja gut, wenn wir ehrlich sind, warum geht man gerne in die Schule? Weil man da seine Freunde trifft. Vielleicht, weil der eine oder andere Lehrer wirklich mal sympathisch ist. Ich denke, wenn man an seine Schulzeit zurückdenkt, dann ist es ja auch so, dass einem als erstes vielleicht die Fahrten einfallen, Schullandheime, Projekttage, an denen man mal besonders tolles Physikexperiment gemacht hat, die besonders coolen Lehrer oder auch die, die eben das genaue Gegenteil davon sind. Und als allerletztes würde einem dann einfallen, wie toll doch der Geschichtsunterricht in der achten Klasse bei Herr XYZ war. Und eben diese positive Erinnerung an die Mitschüler ist es wahrscheinlich eher, wegen der dann einem auch Schule als Ganzes als positive Erinnerung bleibt.

abi»: Da schließe ich das nächste Klischee doch gleich an: Werden nicht nur die Abiturienten Lehrer, die nicht wissen, was sie machen wollen?

Tanja Friedrich: Sicherlich nicht. Also erstens mal gibt es für die meisten Lehramtsstudiengänge ja mittlerweile in ein NC. Eine ganze Zeit lang war es für Grundschullehramt so, das haben sie dann wieder abgeschafft. Dann für einzelne Fächer im Gymnasiallehramt und dementsprechend, mit egal welchem Abi Schnitt war schon mal nicht möglich. Und ansonsten ist es auch eher so, dass man sich ja für seine Fächer definitiv schon in der Schulzeit interessiert hat und, nach Möglichkeit, auch dafür mal mit Jugendlichen oder Kindern je nach Schulart zusammenzuarbeiten. Und dann wird sicherlich nicht jemand, der die ganze Zeit schüchtern war oder sich für kein Fach wirklich begeistern kann, sagen: "Okay, ich habe keine Ahnung, was ich jetzt studieren soll, dann studiere ich halt mal Lehramt und das wird dann schon". Und gerade solche Leute fallen ja dann im Studium auch eher als erstes wieder raus, wenn sie dann das erste Mal zum Praktikum in eine echte Schule gehen und merken: "Okay, ne, vor einer Klasse stehen ist gar nichts für mich" oder "Ich kann meine Begeisterung für das Fach nicht rüberbringen" oder "Ich habe vielleicht gar keine Begeisterung dafür", je nachdem.

abi»: Zu den Lehrern, die schon lange im Beruf sind, gibt es ja auch noch so ein schönes Klischee, dass Lehrer einmal ihre Materialien erstellen und dann für die nächsten 40 Jahre durchgehend verwenden. Stimmt das?

Tanja Friedrich: Ja, klassisches Klischee. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, kenne ich natürlich auch den einen oder anderen Kollegen, der 40 Jahre im Dienst ist und möglicherweise auch seit 40 Jahren genau das gleiche Material verwendet. Es ist wahrscheinlich auch ein bisschen von den Fächern abhängig, die man unterrichtet. Ich habe ehrlich gesagt nicht eine wirkliche Ahnung davon, aber ich glaube fast, dass sich in der Mathematik nicht so häufig oder so schnell was verändert. In der Biologie dagegen durchaus. Neue Forschungen gibt es ständig. Jedes Jahr gibt es einen Nobelpreis für irgendwas Neues, weltbewegendes und dementsprechend versucht man natürlich auch, das irgendwo in seinem Unterricht unterzubringen, auch wenn es der Lehrplan vielleicht nicht unbedingt vorschreibt oder sich der Lehrplan auch nur alle zehn Jahre aktualisiert. Und auf der anderen Seite ist es bei mir im Kollegium so, dass wir ganz viel unter den Kollegen austauschen. Also es findet mal einer einen ganz tollen Artikel zum Thema Cyberkriminalität, den man hervorragend im Englischunterricht hernehmen könnte. Und dann geht die E Mail sofort an alle Kollegen raus, die irgendwie immer regulär zusammenarbeiten und dann kann jeder diesen neuen Artikel in seinem Unterricht hernehmen. Und so ist es ein Geben und Nehmen. Und dadurch ändert sich natürlich auch jedes Jahr das Material, das man hernimmt. Die Bücher, mit denen man arbeitet, bleiben natürlich erst mal gleich. Die werden mit einem neuen Lehrplan, also alle zehn Jahre round about, wieder mal gewechselt. Aber natürlich arbeiten jetzt die wenigsten den ganzen Tag nur mit nem Schulbuch, sondern man muss ja auch viel eigenes Material mit dran bringen. Und also ich habe in den letzten sechs Jahren kaum irgendwas doppelt verwendet und eben immer versucht, auf dem neuesten Stand der Forschung zu bleiben. Wie gesagt, gerade in den Naturwissenschaften macht es denke ich auch viel Sinn.

abi»: Vielen Dank, dass Sie bei unserem abi» Podcast dabei waren.

Tanja Friedrich: Gerne.

abi»: Wenn du dich für das Thema Lehramt studieren interessierst, findest du dazu mehr Infos auf abi.de in der Rubrik "Studium" bei "Was kann ich studieren? > Erziehungs-, Bildungswissenschaften und Lehramt", oder bei "Berufspraxis > Soziales und Pädagogik". Das war dein abi» Podcast. Redaktion und Produktion Klaus Harfmann für den Meramo Verlag im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.

Gut zu wissen

Die Lehramtsausbildung und der Beruf Lehrer/in ist in jedem Bundesland unterschiedlich, da Bildung in Deutschland Angelegenheit der einzelnen Bundesländer ist.

Weitere spannende abi» Podcasts folgen in Kürze.

Weitere Informationen

Kultusministerkonferenz

Die Kultusministerkonferenz der Länder ist ein freiwilliger Zusammenschluss der für Bildung, Forschung sowie kulturelle Angelegenheiten zuständigen Minister der Länder.

www.kmk.org

GEW - Die Bildungsgewerkschaft

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist die Bildungsgewerkschaft im Deutschen Gewerkscahftsbund.

www.gew.de

BERUFENET

Die Webseite der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild (Suchwort: Polizei).

www.arbeitsagentur.de/berufenet

Studiensuche der Bundesagentur für Arbeit

In der Studiensuche kannst du recherchieren, welche Studiengänge an welchen Hochschulen in Deutschland angeboten werden.

www.arbeitsagentur.de/studiensuche

studienwahl.de

Infoportal der Bundesagentur für Arbeit und der Stiftung für Hochschulzulassung. Hier findest du Informationen rund ums Studium.

www.studienwahl.de