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Im Bereich Finanzen und Digitalisierung macht Christine Kiefer (39) so schnell keiner etwas vor. Sie war am Aufbau mehrerer Start-ups beteiligt und führt heute ihr eigenes. Mit RIDE Capital unterstützt sie wohlhabende Privatpersonen digital beim Vermögensaufbau. Dass Frauen in diesem Bereich selten sind, hat sie nie abgeschreckt, sondern angespornt, das Netzwerk Fintech Ladies zu gründen. Was ihren Erfolg ausmacht, erzählt sie im abi» Interview.
abi» Christine, wie kamst du auf die Idee, ein Start-up zu gründen?
Christine Kiefer: Unter meinen Informatik-Kommilitonen war es gang und gäbe, schon während des Studiums eine eigene Internetfirma aufzumachen. Das habe ich mich damals noch nicht getraut und nach dem Studium erstmal einige Jahre in der Bank Goldman Sachs in London gearbeitet. Später in Deutschland, im Schutzraum eines Inkubators, also eines Gründerzentrums, das Start-ups Starthilfe gibt, habe ich das erste Unternehmen gegründet. Das kann man jungen Gründern durchaus empfehlen, weil man dort sehr viel mitbekommt. Man macht Workshops, lernt, eigene Ideen zu pitchen und einen Businessplan zu schreiben. Entscheidend war auch das Berliner Umfeld, wo es viele Menschen gibt, die sich trauen, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen.
abi» Wie viel Mut gehört dazu, den ersten Schritt zu wagen?
Christine Kiefer: Ich denke, dass es heute immer leichter wird, eigene Ideen zu verwirklichen. Allein schon über Social Media kann man Kunden und Interessenten leicht gewinnen. So kann man üben, unternehmerisch zu denken. Es muss ja nicht direkt Vollzeit sein. Man kann auch in Teilzeit oder nach Feierabend mit kleinen Ideen starten, um in den Modus des kreativen Schaffens zu kommen.
abi» Was ist denn die Geschäftsidee hinter RIDE Capital?
Christine Kiefer: Bei RIDE Capital helfen wir unseren Kunden bei der Gründung einer GmbH. Das ist ja ein aufwendiger Prozess mit vielen Formularen und Anträgen. Das nehmen wir dem Kunden ab. Wer eine GmbH gründet, braucht eine eigene Buchhaltung, einen Steuerberater, ein Geschäftskonto. All das bieten wir komplett digital an. Man muss also nicht mal das Haus verlassen, um seinen Steuerberater zu treffen. In Zukunft wollen wir der Finanzberater in der Hosentasche sein.
abi» Sie haben Computer Science studiert und sich auf dem Finanzmarkt selbstständig gemacht. Hat man es als Frau im Bereich Finanztechnologie schwerer?
Christine Kiefer: Einerseits habe ich schon das Gefühl, dass man als Frau härter arbeiten muss, um sich zu beweisen. Auf der anderen Seite hat es Vorteile, weil man mehr in Erinnerung bleibt zwischen den vielen männlichen Kollegen. Geschlechterspezifische Hürden habe ich aber nicht erlebt. Die trägt man oft in sich selbst. Meine Beobachtung und Erfahrung ist, dass Männer Dinge schneller anpacken, obwohl sie noch ungewiss sind. Wogegen Frauen eher dazu tendieren, Sachen, die noch unklar erscheinen, nicht zu machen. Das merke ich selbst mit meinem Mitgründer. Er hat viel weniger Hemmungen, ein Projekt anzugehen, bei dem viele Sachen noch unklar sind. Da hilft es, wenn man seine eigenen Stärken und Ängste hinterfragt.
abi» Haben Sie deshalb nebenberuflich die Fintech Ladies ins Leben gerufen?
Christine Kiefer: Das Netzwerk Fintech Ladies habe ich 2016 in Berlin gegründet, weil ich beobachtet habe, dass es im Fintech-Bereich sehr wenige Frauen gibt. Es ist oftmals ein komisches Gefühl, bei einem Workshop fast die einzige Frau zu sein. Mein Bestreben war, die wenigen Frauen in diesem Bereich zusammenzubringen. Mittlerweile sind wir über 1.000. Bei unseren Treffen tauschen wir uns aus, geben unser Wissen weiter und helfen uns bei Problemen.
abi» Wie klappt es mit der Work-Life-Balance?
Christine Kiefer: Es macht ungeheuer viel Spaß, eigene Ideen umzusetzen. Es ist von daher nicht schlimm, dass es viel Zeit und Energie kostet, weil man ja für seine Idee brennt. Deswegen sollte man sich vom hohen Aufwand nicht abschrecken lassen, denn dafür bekommt man sehr viel Zufriedenheit und Spaß bei der Arbeit.
abi» Und welchen Tipp haben Sie für junge Menschen mit Gründungsideen?
Christine Kiefer: Möglichst vielen Leuten von der Gründungsidee erzählen. Das ist User-Research. So sieht man auch: Würde ich Kunden für meine Idee finden und hat jemand anderes ein ähnliches Problem? Es ist auch gut, sich Gedanken darüber zu machen, welche Fähigkeiten bei meiner Idee notwendig sind und wer mir bei der Umsetzung helfen kann. Alleine kann ich unmöglich zu 100 Prozent alles abdecken. Ein Mentor ist sehr hilfreich, weil Expertenwissen viele Denkanstöße gibt.
Der Begriff setzt sich aus „Finanzdienstleistungen“ und „Technologie“ zusammen. Gemeint sind Unternehmen – häufig Start-ups –, die Kund*innen mithilfe moderner Technologie smarte Finanzdienstleistungen anbieten. Beispiele sind reine Online-Banken wie N26 oder virtuelle Währungen wie Bitcoin.
Stand: 02.03.2023
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