Beruf trotz Hörverlust:
Aus eigener Erfahrung wissen, worauf es ankommt
Stefanie Ziegler (36) arbeitet als Hörakustikerin. Nach einem beidseitigen Hörsturz ist sie taub und hat einen Schwerbehindertenausweis. Den Weg in den Beruf hat sie nicht trotz, sondern wegen ihrer Beeinträchtigung gefunden. Ein Erfahrungsbericht.
Ich bin 36 Jahre alt, war bis 2005 normalhörend. Dann bekam ich einen beidseitigen Hörsturz. 2006 habe ich angefangen Hörgeräte zu tragen, doch mein Hören verschlechterte sich. Mittlerweile bin ich vollständig ertaubt und im Besitz eines Behindertenausweises mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80. Seit 2016 habe ich auf beiden Seiten ein Cochlea-Implantat (CI). Ein CI ist eine Art Hörprothese, die unter anderem den Hörnerv stimuliert. Über die Implantate höre und verstehe ich sehr gut, viel besser als mit Hörgeräten – auch dank Unterstützung durch Therapeuten in einer Rehaklinik.
Stefanie Ziegler
Foto: Ann-Kathrin Oesterle
Zu dieser Zeit war ich bei Fielmann noch in der Optik tätig. Aufgrund meiner eigenen Beeinträchtigung und meiner Probleme mit den unterschiedlichen Hörgeräten beschäftigte ich mich privat immer intensiver mit dem Hören und weiteren möglichen technischen Hilfsmitteln. Schließlich entschloss ich mich dazu, noch eine Ausbildung im Akustik-Bereich zu machen.
Ich habe eine ganz normale Bewerbung an die ausschreibende Fielmann-Niederlassung geschickt, worin ich auf meine eigene Hörschädigung hingewiesen habe. Schnell wurde ich zu einem persönlichen Gespräch mit der zuständigen Meisterin eingeladen. Durch meine, zu diesem Zeitpunkt bereits elfjährige Erfahrung als Hörgeräte- und mittlerweile CI-Trägerin, verlief dieses Gespräch teilweise bereits auf einem hohen fachlichen Niveau. Die Meisterin war sofort sehr aufgeschlossen. Schließlich kann es für die Kunden sehr unterstützend sein, von selbstbetroffenen Akustikern beraten zu werden.
Ich bekam die Stelle. In der Ausbildung war es unglaublich spannend, Sachverhalte im Detail zu erfahren, Dinge zu lernen und zu verstehen, die einen selbst betreffen: beispielsweise die Funktionen des Gehörs, die Auswirkungen von Hörschädigung auf sich selbst und das soziale Umfeld. Das hilft, die eigene Situation differenzierter und von einer anderen Seite zu betrachten. Dabei wuchs in mir der Wunsch, meine Kundinnen und Kunden zukünftig besonders gut zu beraten und ihnen viel besser zu helfen, als mir nach dem Hörsturz geholfen wurde.
Nach der Ausbildung wurde ich übernommen. Auch, weil mein Beispiel verdeutlicht, dass Hörschädigung nichts mit dem Alter zu tun. Wenn es mir gelingt, meiner Kundschaft das Gefühl zu vermitteln, dass sie nicht alleine sind, ist es für mich immer wieder schön. Darauf möchte ich aufbauen. Inzwischen besuche ich den Meisterkurs zur Hörakustikerin an der Akademie für Hörakustik in Lübeck. Im Arbeitsalltag und im Unterricht helfen mir technische Geräte: Um dem Unterricht folgen zu können, benutze ich eine FM-Anlage, bei der alle in der Klasse spezielle Mikrofone haben.
Im Betrieb nutze ich die Telefonspule zum Telefonieren und ein externes Mikrofon zum Abhören der Kundenhörgeräte. Das Mikrofon wurde mir vom Integrationsamt bezahlt. Bei Prüfungen bekomme einen Nachteilsausgleich in Form von Zeitverlängerung. Weitere Unterschiede zwischen mir und meinen Kollegen gibt es nicht.
Video: Hörakustiker/in
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