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Stipendien – Interview: Sich so zeigen, wie man ist

Ein Stipendium kann bei der Studienfinanzierung helfen. Doch wie bewirbt man sich? Und bekommt man wirklich nur mit einem Einser-Abi ein Stipendium? Im Interview mit abi» gibt Dr. Miriam Lormes von der Studienstiftung des deutschen Volkes in Bonn Antworten.

Nahaufnahme eines aufgeschlagenen linierten Buches auf dem ein Geldschein und drei Münzen liegen.

abi» Frau Dr. Lormes, welche Auswahlkriterien sind bei der Vergabe eines Stipendiums entscheidend?

Dr. Miriam Lormes: Es gibt mehrere Möglichkeiten, ein Stipendium zu bekommen – und entsprechend unterschiedlich sind die Auswahlkriterien. Bei der Studienstiftung des deutschen Volkes, einem der Begabtenförderungswerke in Deutschland, zählen neben hohen intellektuellen oder künstlerisch-kreativen Fähigkeiten Leistungsbereitschaft und Motivation, soziale Kompetenz, gesellschaftliches Engagement und ein breites Interessensspektrum zu den Aufnahmekriterien. Dabei betrachten wir alles bislang Erreichte vor dem Hintergrund der individuellen Biografie. Einen Überblick über die Auswahlkriterien der 13 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten Begabtenförderungswerke bietet die gemeinsame Seite Stipendium Plus.

abi» Was sollte die Bewerbung um ein Stipendium beinhalten?

Dr. Miriam Lormes: Die Bewerbung erfolgt nach einem Vorschlag oder man bewirbt sich selbst und macht einen Auswahltest. Die Unterlagen sollten ein ausgefülltes Bewerbungsformular, einen tabellarischen sowie ausformulierten Lebenslauf und Zeugnisse beinhalten. Sie bilden die Grundlage für Gespräche auf einem Auswahlseminar, zu dem alle Vorgeschlagenen sowie die „Testbesten“ eingeladen werden. Dort können sie eine unabhängige Kommission von ihren fachlichen wie außerfachlichen Qualitäten überzeugen.

  • Porträt von Miriam Lormes

    Es gibt keine No-Gos bei der Bewerbung um ein Stipendium. Wir fördern Persönlichkeiten, man sollte sich so zeigen, wie man ist.

    Dr. Miriam Lormes von der Studienstiftung des deutschen Volkes

abi» Welche Leistungen bietet das jeweilige Stipendienprogramm?

Dr. Miriam Lormes: Geförderte erhalten eine monatliche Studienkostenpauschale von 300 Euro. Abhängig von der finanziellen Situation der Familie wird zusätzlich ein dem BAföG entsprechendes Grundstipendium von monatlich bis zu 812 Euro gewährt, welches an die Stelle des BAföG tritt, jedoch nicht zurückgezahlt werden muss. Auch studienbezogene Auslandsaufenthalte können auf Antrag finanziell bezuschusst werden. Neben der finanziellen Förderung bieten wir unseren Geförderten ein umfassendes Bildungsprogramm. Die Formate reichen von ein- bis zweiwöchigen interdisziplinären Akademien und wissenschaftlichen Kollegs über Kurztagungen, Veranstaltungen zu Berufsorientierung und Karriereplanung bis hin zu von den Stipendiatinnen und Stipendiaten selbst organisierten Workshops und Exkursionen. Allen Geförderten stehen zudem je eine Professorin oder ein Professor als Vertrauensperson vor Ort und eine Referentin oder ein Referent in unserer Geschäftsstelle zur individuellen Beratung in Studienfragen zur Seite.

abi» Was sind die Bewerbungsfristen?

Dr. Miriam Lormes: Die Anmeldephase für die Selbstbewerbung liegt zu Beginn eines jeden Jahres. Für Vorschläge – sei es aus Schulen, aus Hochschulen oder von Partnerorganisationen – gibt es keine Fristen. Neben der regulären Studienförderung schreibt die Studienstiftung jedes Jahr eine Reihe von spezifischeren Programmen mit unterschiedlichen Bewerbungsfristen aus, etwa für definierte Zielländer oder Praxisaufenthalte in internationalen Organisationen.

abi» Was sind absolute No-Gos bei einer Bewerbung?

Dr. Miriam Lormes: Es gibt keine No-Gos. Wir fördern Persönlichkeiten, man sollte sich so zeigen, wie man ist. Besonders bedauern wir es, wenn Vorgeschlagene ihre Chance nicht nutzen und keine Bewerbung einreichen oder trotz Anmeldung nicht bei den Auswahlseminaren erscheinen.

abi» Es heißt ja häufig, dass nur Schülerinnen und Schüler mit Einser-Schnitt ein Stipendium bekommen. Stimmt das?

Dr. Miriam Lormes: Ein Einser-Abitur ist keine zwingende Voraussetzung für eine Aufnahme. Es kann gute Gründe geben, dass junge Menschen ihr Potenzial in der Schule nicht ausschöpfen konnten. Gleichwohl stimmt es, dass viele unserer Geförderten sehr gute Schulabschlüsse haben.

abi» Können Sie weitere Mythen aufklären?

Dr. Miriam Lormes: Die Vielfalt der derzeit etwa 14.000 Stipendiatinnen und Stipendiaten in der Studienstiftung ist ihre große Stärke. Unsere Geförderten bilden das gesamte Spektrum politischer, religiöser und weltanschaulicher Haltungen im Rahmen der demokratischen Werteordnung ab. Ganz unterschiedliche Persönlichkeiten, Interessen, Begabungen und Lebenswege kommen hier zusammen. „Typische“ Studienstiftler gibt es nicht!