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ab(i)checken: Zeitmanagement im Studium

„Wie soll ich das alles schaffen? Und vor allem wann?“ Spätestens kurz vor der Prüfungsphase treiben diese Fragen Studierende um. Gutes Zeitmanagement ist angesagt – und zwar bestenfalls nicht erst dann, wenn die Liste an Aufgaben ins Unendliche wächst. Wie das im Studium und darüber hinaus gelingt, erfahren Interessierte im abi» Podcast.

  • Portrait von Dr. Michael L.

    Ein planerisches Vorgehen kann helfen. Was ich auch auf jeden Fall empfehle ist sowas wie „Pomodoro“, diese Arbeitszeiten ganz bewusst mal klein zu setzen, so in kleinen Sequenzen zu arbeiten.

    Dr. Michael Lindner arbeitet als Coach für Zeit- und Selbstmanagement und als Dozent an der TH Köln.

Textversion des Podcasts zum Lesen (Audio-Transkript)

Jingle: abi» – dein Podcast für die Berufsorientierung

abi»: Nur mal schnell auf TikTok, und schon sind die Minuten und Stunden dahingeflogen, während die lange Aufgabenliste immer noch wartet. Dir kommt das bekannt vor? Dann bist du jetzt genau richtig bei dieser Folge des abi» Podcasts, in der ich, Corinna, mich mit Dr. Michael Lindner über gutes Zeitmanagement im Studium unterhalte. Herr Dr. Lindner ist aktuell Coach und Dozent an der TH Köln und in der Vergangenheit auch schon an weiteren Hochschulen in Nordrhein-Westfalen gewesen. Er bietet regelmäßig Seminare für Studierende zum Thema Zeit- und Selbstmanagement an. Ihr dürft euch auf Tipps und Hintergründe zu diesem Thema freuen, und ich sage herzlich willkommen, Herr Dr. Lindner! Schön, dass Sie heute dabei sind!

Dr. Michael Lindner: Ja, danke auch von meiner Seite.

abi»: Das große Thema Zeitmanagement im Studium: Was ist das eigentlich, und wozu brauche ich als Studentin oder Student ein gutes Zeitmanagement?

Dr. Michael Lindner: Zeitmanagement heißt ganz einfach gesprochen, dass ich bewusst mit meiner Zeit umgehe, dass ich also in der Lage bin, meine Zeit zu strukturieren, und dass ich auch dann natürlich Zeit finde für das, was wirklich wichtig ist. Warum brauche ich das als Student oder als Studentin? Das ist für viele, die jetzt am Anfang des Studiums stehen, erst mal noch nicht so ganz klar. Ich erlebe das immer selbst. Ich arbeite als Dozent an Hochschulen. Ich erlebe das mit Erstsemestern, Zweitsemestern. Da ist für viele das Studium so ein kleiner Schock. Es wird plötzlich sehr viel mehr, es wird anspruchsvoller, man muss die Zeit selbst strukturieren, man ist nicht mehr so in einem Korsett wie in der Schule, und das ist eine große Umstellung. Deswegen ist Zeitmanagement wichtig, dass ich in der Lage bin, mein Studium auch auf eine effiziente Art und Weise zu absolvieren, dass ich in der Lage bin, mein Studium auch voranzubringen, und nicht das Gefühl habe, dass ich allen Sachen hinterherlaufen muss.

abi»: Okay, und jetzt, wenn Sie sagen, es ist gerade zu Beginn des Studiums erst mal relativ schwierig, mit all diesen neuen Dingen zurechtzukommen, und vielleicht auch mit den Eindrücken, die man da hat, und dem Workload, wie viel Planung und vor allem, welche Form der Planung ist denn sinnvoll im Studium und dann auch darüber hinaus?

Dr. Michael Lindner: Es gibt für mich sozusagen zwei große Themen beim Zeitmanagement. Wir haben das Thema Planung, und wir haben das ganze Thema Motivation/Psychologie. Die hängen ein bisschen miteinander zusammen. Aber es sind zwei verschiedene Töpfe, wenn man so will. Beim Thema Planung... Wir werden noch zur Prokrastination kommen. Das hat ja viel mit Motivation zu tun.

Aber jetzt erst mal zum Thema Planung, was auf jeden Fall sinnvoll ist, ist sowas wie ein einfaches Zeitmanagement im Sinne von Timeboxing, dass ich mir also im Studium so einen Stundenplan mache, dass ich nicht nur im Blick habe, was muss ich denn an Vorlesungen machen, sondern zum Beispiel mir auch bestimmte Lernzeiten plane. Diese Planung kann sehr unterschiedlich aussehen. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass Menschen das sehr unterschiedlich ausfüllen, und das ist auch vollkommen okay. Es gibt Leute, die sehr detailliert planen und für die das total super ist, und es gibt andere, die eher eine gröbere Planung bevorzugen, und beides kann funktionieren.

Also, wie viel Planung ist notwendig im Studium, um darauf zu antworten, ich würde immer vorschlagen, dass es sinnvoll ist, gerade Fächer, die ein bisschen schwieriger sind oder wo ich mich als Student so ein bisschen schwer tue, die frühzeitig auch planerisch zu erfassen, in dem Sinne, dass ich mir zum Beispiel dann Zeiten nehme, wann ich diese Fächer wiederhole, wann ich mich vorbereite, dass ich gerade diese Fächer dann im Blick halte.

Also Timeboxing ist für mich eine der der Techniken. Eine andere Technik, die ich auch sehr schätze, die im Studium auch sehr wichtig ist, sind so einfache Fokussierungstechniken. Pomodoro ist eine Technik, die sehr häufig eingesetzt wird, die ich auch immer wieder empfehle. Pomodoro bedeutet arbeiten in kleinen Zeitabschnitten, 25 Minuten fokussiertes Arbeiten, fünf Minuten Pause, wieder 25 Minuten arbeiten und fünf Minuten Pause. Dieses kleinschrittige Vorgehen hat den Vorteil, dass man die Hürde für den Einstieg herabsetzt. Ich muss jetzt nicht sagen „Oh Gott, jetzt muss ich zwei Stunden lernen“, sondern sind es erst mal nur 25, und da setze ich mich dran, und dann geht das weiter.

abi»: Da sind Sie jetzt auch gleich schon auf Methoden eingegangen, die man gerade als Studentin, als Student anwenden könnte und was ich nochmal mitgenommen habe für das Thema Planung, was ich jetzt sehr, sehr wichtig finde: Es ist einfach sehr individuell, und man sollte sich vielleicht auch von der Planung gar nicht so sehr stressen lassen, weil man sich die Dinge anschauen muss, für die man selbst eben die Planung braucht.

Dr. Michael Lindner: Also ich empfehle immer eine Minimalplanung, für viele Studierende ist es einfach schon so ein kleiner Aha-Effekt. Die haben hier einen Kalender, da einen Kalender, und da sind die Geburtstage drin, und da sind meine Arzttermine drin, und was weiß ich, und ich empfehle einfach, diese Kalender mal zusammenzufügen. Also das kann ich in Form eines klassischen analogen Buchkalenders machen, oder ich arbeite digital mit dem Apple-Kalender, mit dem Google-Kalender oder was auch immer.

abi»: Jetzt haben wir über Möglichkeiten gesprochen, die Zeit besonders sinnvoll zu nutzen. Was halten Sie denn für den Zeitfresser, und wie kann ich das als Studentin oder Student vielleicht vermeiden, diesen Zeitfresser in meinem Leben zu haben?

Dr. Michael Lindner: Das ist keine große Überraschung. Der größte Zeitfresser ist Social Media und Internet. Da sind so diese kleinen Unterbrechungen, die sich einschleichen. Computer spielen kommt dann auf den zweiten Platz. Das sind so die typischen Zeitfresser. Das hat sehr viel mit Aufschiebeverhalten zu tun, also Social Media, online shoppen oder was auch immer, diese kleinen Ablenkungen sind Zeitfüller, wenn ich eigentlich was anderes machen sollte, und dann lande ich dann doch irgendwo auf meiner Lieblingsseite, anstatt mich dann mit dem Stoff zu beschäftigen. Und das hat sehr viel mit Prokrastination zu tun.

Was hilft dagegen? Was hilft gegen diese Zeitfresser? Ein planerisches Vorgehen kann helfen. Das ist das eine, was ich schon gesagt habe. Was ich auch auf jeden Fall empfehle ist sowas wie Pomodoro, diese Arbeitszeiten ganz bewusst mal klein zu setzen, so in kleinen Sequenzen zu arbeiten. Es gibt noch eine dritte Technik: Gewohnheiten aufbauen, also Lerngewohnheiten aufbauen, das heißt, dass ich zum Beispiel mir angewöhne, zu ein und derselben Zeit auch aufzustehen unter der Woche. Wir brauchen es nicht übertreiben: Unter der Woche zur selben Zeit aufzustehen und vielleicht zur selben Zeit auch lernen. Dass ich bestimmte kleine Rituale einsetze, um das Lernen zu starten. Ich lerne immer in der Bibliothek oder ich habe ein bestimmtes Setting, wo ich lerne, oder dass ich zum Beispiel mir so kleine Lerngewohnheiten mache.

Was ganz hilfreich sein kann, ist, dass ich sage, ich lerne jeden Tag 15 Minuten an einem Thema und ich mache konkret: „Das muss ich dann ausfüllen“, „Ich fasse Folien zusammen“, „Ich löse eine Aufgabe“ und so weiter und baue damit eine Gewohnheit auf, und das ist eine Lerngewohnheit, und das hilft vielen Studierenden sehr, dann dieses Aufschieben und diese Zeitfresser zu unterbinden.

abi»: Ja, das klingt doch schon mal nach einem ganz guten Tipp, und ich glaube, es ist auch nochmal wichtig zu sagen an der Stelle, dass diese Zeitfresser nicht nur Studierende betreffen, sondern natürlich auch alle anderen. Also wir sind da auch nicht vor gefeit. Deswegen kann ich da jetzt auch was mitnehmen, und vielleicht auch der eine oder andere Hörer, die Hörerin.

Sie haben schon einige Male jetzt das Wort prokrastinieren erwähnt, und ich würde jetzt gerne in aller Kürze - Sie haben es auch schon angerissen – aber ich würde gerne in aller Kürze wissen, warum prokrastinieren Menschen, und was hilft ganz konkret dagegen?

Dr. Michael Lindner: Also prokrastinieren, also das Aufschieben, „pro cras“, also „für morgen“, das Aufschieben von Aufgaben auf morgen, und morgen wird es dann wieder auf morgen verschoben. Also das chronische oder gewohnheitsmäßige Aufschieben, das ist das, was mit prokrastinieren gemeint ist.

Woran liegt's? Es gibt ganz interessante psychologische Forschung dazu. Also das Thema ist ganz gut verstanden, und es lässt sich ganz grob so zusammenfassen: Prokrastinieren ist häufig eine Reaktion auf Unlust und Frustrationsgefühle: Ich bin mit einem Thema beschäftigt, was mir keine Lust macht, weil es vielleicht irgendwie besonders langweilig ist oder wo ich andere Arten von Frustrationsgefühlen habe. Also, es ist ein Thema, wo ich weiß, dass ich in der Prüfung nicht besonders glänzen werde. Das ist sind so Klassiker, dass ich diese Unlustgefühle, wenn ich mich dann damit beschäftigen soll oder möchte, versuche zu vermeiden, indem ich etwas anderes tue. Und das kann alles Mögliche sein.

Ja, früher, ich habe mit meiner Mutter gesprochen, die hat mal gesagt, ich habe früher vor der Prüfung war meine Studentenbude war immer total geputzt. Der Klassiker, es ist Aufschiebeverhalten. Ich mache was, was mir so einen kleinen Push gibt. Die Wohnung ist sauber, ich fühle mich besser, und heute haben wir natürlich alle Möglichkeiten, uns abzulenken. Die sind einen Klick einfach entfernt, und diese Ablenkung, Prokrastination hängt dann eben auch mit bestimmten Gewohnheiten auch zusammen. Ich mache dann halt etwas anderes. Ich fange an zu surfen, Computerspielen, Social Media oder whatever. Also das ist so der psychologische Hintergrund.

Das Ganze kann auch noch mal chronisch gehen. Also, das kann auch chronisch sein. Das kann sich psychologisch in einer Art sich ausprägen, wenn es Richtung Depression geht, dass da auch Prokastinationsverhalten mit verbunden ist. Aber es gibt auch die, sagen wir mal, nicht klinische Form. Das ist diese Reaktion auf Unlusterfahrung.

abi»: Das steckt dahinter, und Sie haben jetzt Techniken natürlich schon genannt, aber gibt es da auch eine Abhilfe?

Dr. Michael Lindner: Also, was ich jetzt aus meinen Kursen kenne, das sind sehr simple Lerngewohnheiten, die da sehr gut helfen, dass ich zum Beispiel in dem schwierigen Fach, in dem ich bin, wirklich was ganz Kleines mache. Ich hatte mal eine Studierende, die hatte eine sehr umfangreiche Prüfung, wo sie Wissen reproduzieren musste. Klassischer Prokrastinationsfall. Es macht einfach keinen Spaß, sie musste viel Wissen reproduzieren. Es ging nicht darum, das zu verstehen, und die Abhilfe, die wir gefunden haben, war, wir haben eine Gewohnheit aufgebaut, nämlich, dass sie pro Tag zwei Seiten in dem großen, umfangreichen Lehrbuch liest einfach. Diese Gewohnheit erst mal etablieren, also wirklich jeden Tag zu machen. Okay, und die Beobachtung ist, dass es dann häufig mehr wird. Aber der der Witz dabei ist, wenn ich so eine Gewohnheit aufbaue, kann ich dieses Unlustgefühl überwinden dadurch, dass ich plötzlich so kleine Erfolgserlebnisse habe. Ich lese, mehr als ich mir vorgenommen habe. Ich verstehe plötzlich etwas. Diese positiven Gefühle, die ich dann habe, diese kleinen Erfolgserlebnisse, die können einen dann dazu führen, das Prokrastinationsverhalten zu überwinden.

Gewohnheitsaufbau ist eines, das Thema Pomodoro, ich komme wieder zurück, ist für mich so eine Erste-Hilfe-Kit gegen Prokrastination. Ich setze das auch manchmal ein, ganz gerne. Auch das würde ich einfach mal so empfehlen, das mal probieren, mit Gewohnheiten arbeiten, und das wären so meine beiden Tipps gegen Prokrastination.

abi»: Ja, dann vielen Dank, dass Sie einen Teil dieses großen Wissens rund ums Zeitmanagement mit uns und den Hörerinnen und Hörern geteilt haben. Ich bedanke mich für ihre Zeit.

Dr. Michael Lindner: Danke auch.

abi»: Weitere Tipps, die dir dein Studium erleichtern, beispielsweise Checklisten zu Lernmethoden oder einem optimalen Studienstart, findest du auf abi.de, insbesondere in der Rubrik „Ausbildungs- und Studienstart“. Weitere Podcasts findest du auf abi.de „Interaktiv > Podcasts“. Das war dein abi» Podcast. Redaktion und Produktion, Corinna Grümpel für den Meramo Verlag im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.

Weitere Informationen

BERUFENET

Onlinelexikon für Berufe der Bundesagentur für Arbeit mit Informationen zu Tätigkeiten und Zugangsvoraussetzungen einzelner Berufe

www.arbeitsagentur.de/berufenet

BERUFE.TV

Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet 350 Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge.

www.berufe.tv

Check-U – das Erkundungstool der Bundesagentur für Arbeit

Mit dem Erkundungstool Check-U findest du heraus, welche Ausbildungsberufe und Studienfelder besonders gut zu deinen Stärken und Interessen passen.

www.check-u.de

Studiensuche der Bundesagentur für Arbeit

In der Studiensuche kannst du recherchieren, welche Studiengänge an welchen Hochschulen in Deutschland angeboten werden.

web.arbeitsagentur.de/studiensuche