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Berge, die Feuer spucken, scheinbar aus dem Nichts entstehen und manchmal ähnlich schnell verschwinden: Vulkane gestalten seit Urzeiten das Antlitz unserer Erde. Was dabei unter der Erde und unter Wasser vor sich geht, ist eine eigene spannende Wissenschaft, die helfen kann, Leben zu retten und beispielsweise Frühwarnsysteme zu entwickeln.
Wie der Alltag einer Vulkanologin aussieht, beantwortet dieser abi» Podcast.
Unser Beruf ist ja, Wissen zu schaffen, und dadurch gibt es die Methoden, die wir brauchen, häufig noch gar nicht.
Elisa Klein erforscht als Doktorandin Vulkane im PRE-COLLAPSE Projekt des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Jingle: abi» – dein Podcast für die Berufsorientierung.
abi»: Hallo und herzlich willkommen zum abi» Podcast mit mir, Corinna, als heutige Gastgeberin. Wenn du an Vulkanologinnen und Vulkanologen denkst, an diejenigen also, die Vulkane erforschen, hast du bestimmt spektakuläre Bilder von feuerspuckenden Bergen im Kopf. Dass diese Bilder nur zum Teil zum Beruf von Vulkanforscherinnen und -forschern gehören, erklärt uns heute eine, die es wissen muss. Für diese Folge des abi» Podcasts habe ich mich mit der Vulkanologin Elisa Klein unterhalten. Sie erzählt im Gespräch von ihrem Beruf und ihrem Werdegang und warum sie selbst eher selten auf Vulkanen unterwegs ist, dafür aber auf Forschungsschiffen über die Ozeane fährt. Herzlich willkommen und schön, dass Sie da sind, Frau Klein!
Elisa Klein: Ja, dankeschön! Ich freue mich auch hier zu sein.
abi»: Frau Klein, Sie sind Doktorandin im sogenannten PRE-COLLAPSE Projekt am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Jetzt gerade, wo wir dieses Interview aufnehmen, ist der erneute Ausbruch des Vulkans auf der Reykjanes-Halbinsel auf Island in den Medien total präsent, und gleich vorab, inwiefern beschäftigen Sie sich bei Ihrer Arbeit am Geomar mit diesem oder mit vergleichbaren Ausbrüchen?
Elisa Klein: Ich würde sagen, mein Schwerpunkt liegt nicht auf Vulkanausbrüchen direkt, da kann ich gleich noch mal genauer drauf eingehen. Aber natürlich beschäftigt einen das sozusagen aus Interesse. Also ich glaube, jeder, der irgendwie in der Wissenschaft in einem bestimmten Bereich ist, interessiert sich auch einfach dann für die aktuellen Geschehnisse. Eine Freundin von mir, eine Kollegin von mir, hat tatsächlich während des gesamten Dezembers im Prinzip die ganze Zeit den Livestream von den isländischen Behörden aufgehabt und hat die ganze Zeit mitgefiebert. Ja, ich schaue mir das natürlich auch gerne an. Das sind ja sehr spektakuläre Bilder.
abi»: Mhm, aber das heißt, so wie ich das jetzt rausgehört hab, Sie beschäftigen sich nicht, nur weil Sie Vulkanologin sind, automatisch auch mit jedem solcher Ausbrüche, sondern Sie haben andere Schwerpunkte.
Elisa Klein: Wir beschäftigen uns hauptsächlich mit marinen Vulkanen oder Vulkaninseln oder Küstenvulkanen, und in dem PRE-COLLAPSE Projekt arbeiten wir hauptsächlich daran zu erforschen, wie Vulkaninseln oder Vulkane zusammenbrechen. Das ist nämlich so, dass Vulkane oder Vulkangebäude sich geologisch gesehen sehr schnell aufbauen, so im Vergleich zu anderen geologischen Prozessen, und dadurch werden die häufig instabil, und es können Teile davon zusammenbrechen. Und meistens passiert so eine Flankenbewegung sehr, sehr langsam, mit wenigen Zentimetern pro Jahr, und manchmal passieren eben katastrophale Zusammenbrüche. Das ist so der Schwerpunkt von dem Projekt, in dem ich arbeite.
abi»: Das heißt, es sind gar nicht die für uns aus den Medien bekannten spektakulären Ausbrüche, wo ein Berg dann Feuer spuckt, sondern es sind diese Zusammenbrüche der Gebilde – so habe ich sie jetzt verstanden –, für die Sie sich interessieren und mit denen Sie arbeiten.
Elisa Klein: Ja, genau.
abi»: Okay. Jetzt sind wir schon direkt auch in dieses Thema eingestiegen, also gerade auch für Laien. Woher kommt denn Ihr Interesse an Vulkanen?
Elisa Klein: Tatsächlich ist es eher zufällig, dass ich da gelandet bin, wo ich gelandet bin. Also mein Interesse lag eher an der Methode, die ich verwende, oder die Methoden, die ich verwende. Ich habe in Kiel „Physik des Erdsystems“ studiert, im Bachelor und dann Geophysik im Master, und während des Studiums war ich schon viel als Hiwi mit eingespannt in der Forschung. Und da hab ich eben – hier in Kiel ist ja, wie gesagt, ein mariner Schwerpunkt. Da bin ich eben auch mit zur See gefahren und hab da die Akustik und Seismik als Methode lieben gelernt, sag ich mal, und hab da auch eine gewisse Expertise drin entwickelt, und so bin ich eher zufällig inhaltlich an die Vulkane geraten.
abi»: Okay, interessant, Sie haben gerade Ihr Studium schon mal erwähnt. Können Sie das noch mal wiederholen, was genau Sie studiert haben und was da so Schwerpunkt war, und vor allem, wie sind Sie auf die Idee gekommen, das zu studieren?
Elisa Klein: Also, ich wusste überhaupt nicht, was ich studieren wollte. Ich war im Physikprofil, also ich hatte schon ein gewisses Interesse an Naturwissenschaften. Das war mir klar. Und ich habe dann dieses dicke Buch mit den ganzen Hochschulen – ich weiß gar nicht genau, wie das heißt –
abi»: Studienwahl.
Elisa Klein: Studienwahl, kann sein, dass es das ist. Genau. Also, ich habe dieses dicke Buch hinten, das Verzeichnis mit all den Studiengängen in Deutschland durchgearbeitet und hab ganz schnell und intuitiv angemarkert, was interessant klingt, und dann bin ich sozusagen zurückgegangen und habe daraus mein Résumé gezogen, und das Résumé war irgendwas Naturwissenschaftliches, was nicht eine Naturwissenschaft ist. Also, ich wollte nicht einfach nur Physik studieren, und dann habe ich in Kiel den Studiengang entdeckt: „Physik des Erdsystems“. Ich glaube, der ganze Titel ist „Physik des Erdsystems – Meteorologie – Ozeanographie – Geophysik“. Also ich hatte viel Physik, dann mit den normalen, in Anführungsstrichen, Physikern im Grundstudium zusammen. Dann haben wir uns relativ schnell spezialisiert, eben auf Meteorologie, Ozeanographie und Geophysik. Aber im Bachelor konnten wir noch frei zwischen diesen drei wählen, und dann erst im Master mussten wir uns komplett spezialisieren.
abi»: Und Sie hatten schon erwähnt, dass es vor allem die Methode war, die Sie zu Ihrem Beruf gebracht hat. Können Sie noch mal erklären, mithilfe welcher Methoden erforschen Sie Vulkane?
Elisa Klein: In der Geophysik gibt es viele Methoden, quasi die Erde mit physikalischen Messmethoden zu erforschen, und die zwei Hauptgebiete sozusagen basieren im Prinzip auf den zwei unterschiedlichen physikalischen Wellen, die es gibt. Also einmal elektromagnetische Wellen, das viel dann im Radar und für Satelliten und so weiter benutzt wird, und akustische Wellen. Im Meer kann man elektromagnetische Wellen nicht verwenden, weil die nicht in das Wasser eindringen. Deshalb können wir da auch nicht mit Satelliten irgendwie weiterkommen. Deshalb geht es jetzt halt immer um akustische Wellen bei uns, also das Gebiet sozusagen oder die Methode ist Hydroakustik, beziehungsweise wenn man größere Geräte verwendet, dann heißt es auch Seismik. Wenn man versucht, das ganz einfach zu erklären, dann erzeugen wir ein Geräusch und hören dann auf das Echo. Und anhand von dem Echo können wir dann erkennen, wo der Meeresboden ist, und wenn das Geräusch lauter ist, dann können wir eben auch in den Meeresboden reingucken und daher oder anhand der Daten dann geologische Strukturen erkennen.
abi»: Das heißt aber jetzt, Sie sind dann auch unterwegs mit entsprechenden Geräten, um solche Messungen vorzunehmen?
Elisa Klein: Ja, genau. Ich würde sagen, ich bin ungefähr einmal im Jahr im Durchschnitt für ein paar Wochen auf einem Forschungsschiff. Da führen wir dann diese Messungen durch. Wenn wir wiederkommen, gucken wir uns die Daten an und hoffen natürlich, dass wir irgendwelche neuen Erkenntnisse daraus gewinnen. Also irgendwas Neues entdeckt man natürlich immer, aber manchmal sind es kleine Entdeckungen, und manchmal sind es eher große Entdeckungen.
abi»: Bei diesen Fahrten mit den Forschungsschiffen, gibt's da besondere Erlebnisse oder Beobachtungen, an die Sie gerne zurückdenken?
Elisa Klein: Die Besonderheiten sind zum einen, dass man eben als Gemeinschaft quasi sehr eng beieinander ist, also ich glaube, die wenigsten Leute arbeiten auf engem Raum mit wenigen Leuten 24/7 im Schichtbetrieb in so einer intensiven Atmosphäre. Das schweißt zusammen, und zum anderen entstehen auch irgendwie besondere Erlebnisse, tiefe Gespräche und so weiter. Und ich habe sehr sehr viele, sehr spektakuläre Sonnenuntergänge und -aufgänge gesehen und auch einiges an Delfinen und Walen und so weiter.
abi»: Wo sind Sie da zum Beispiel schon unterwegs gewesen?
Elisa Klein: Im Sommer hatte ich eine Fahrt, da sind wir in Singapur gestartet, haben am Anak Krakatau geforscht und sind dann quer über den Indischen Ozean nach Mauritius gefahren.
abi»: Es klingt auch sehr abwechslungsreich. Gibt es denn sowas wie einen Arbeitsalltag als Vulkanologin, und wenn ja, wie sieht er aus?
Elisa Klein: Also, der größte Arbeitsalltag ist schon im Büro. Aber an Bord entsteht halt auch ein Arbeitsalltag. Aber ich würde sagen, es gibt immer sozusagen phasenweise mehrere Arbeitsalltäge, wenn es sowas im Plural gibt. An Bord ist natürlich ganz anders als an Land, aber an sich habe ich die meiste Zeit auch einen normalen Büroalltag.
abi»: Und normaler Büroalltag heißt dann, was steht bei Ihnen da so an?
Elisa Klein: Alles Mögliche, also, ich würde sagen, es ist auch sehr abwechslungsreich. Alles von Daten angucken, analysieren, bearbeiten, vorbereiten, dann natürlich sowas wie die Fahrten vorbereiten und organisieren und auch nachbereiten. Viel natürlich schreiben. Zum Beispiel als Doktorand muss man in der Regel zwei bis drei Paper schreiben in der Zeit, die man als Doktorand angestellt ist, also wissenschaftliche Veröffentlichung und am Ende natürlich die Dissertation selbst, also die Thesis, die Abschlussarbeit sozusagen. Aber auch sowas wie Anträge schreiben, um eben Geld einzuwerben für Projekte und auch ganz, ganz viel Bürokratie.
abi»: Damit hat sich meine nächste Frage schon fast erübrigt. Ich stelle sie aber trotzdem: Unsere Rubrik heißt ja „Berufe jenseits des Schreibtischs“, und jetzt ist es ja sehr naheliegend, dass sowas wie eine Vulkanologin, ein Vulkanologe, auch jenseits des Schreibtisches unterwegs ist. Sitzen Sie am Schreibtisch, und wenn ja, wofür?
Elisa Klein: Ja, genau, also, ich sitze natürlich auch am Schreibtisch für all diese bürokratischen und Schreibdinge. Aber ich bin auch viel unterwegs in Meetings, wo wir uns austauschen, bei uns vor Ort oder auf Konferenzen oder eben auf See oder für meine Kollegen, die an Land arbeiten, eben im Feld. Also, ich glaube, die haben da auch einen ähnlichen Rhythmus, würde ich sagen, also so von meinen Kollegen an Land, von denen ich das so mitkriege, die sind auch ein- bis zweimal im Jahr, würde ich sagen, irgendwie im Feld unterwegs. Leute, die dann eher Chemie machen, eher Geochemie, Geowissenschaften und weniger Geophysik, die arbeiten dann eben auch viel im Labor und untersuchen die Proben.
abi»: Jetzt haben Sie das direkt schon erwähnt. Drum frage ich gleich nach: Es gibt verschiedene Einsatzgebiete und verschiedene Bereiche, in denen Vulkanologinnen und Vulkanologen tätig sind. Können Sie dazu ein bisschen was sagen?
Elisa Klein: Die klassischen Vulkanologen, die man sich so vorstellt, sind wahrscheinlich diejenigen, die wirklich irgendwie zu einem aktuellen Ausbruch hingehen, den untersuchen, die Lava untersuchen und die Gesteine. Aber, wie ich vorhin schon irgendwie angedeutet habe, es gibt ja immer sozusagen, die Methode, mit der man was untersucht, und den Gegenstand. Und ich würde sagen, die meisten Leute, die den Gegenstand Vulkane irgendwie als Forschungsobjekt haben, nennen sich Vulkanologen. Aber wir haben eben alle ganz verschiedene Methoden, den Vulkan zu untersuchen, und das geht dann natürlich, wie gesagt, von der Chemie, der Zusammensetzung der Gesteine, über zum Teil auch Meteorologie, wo es um die Partikel geht, die ausgestoßen werden, die dann eben in die Atmosphäre dringen. Dann natürlich auch irgendwie Sozialwissenschaften, also einmal, was hat das für einen Impact auf die Leute, die da wohnen? Und auch, wie kann man die Bevölkerung irgendwie zum einen warnen, aber auch darauf vorbereiten, mit Gefahren umzugehen, Evakuierungsmöglichkeiten zu schaffen und so weiter und so fort. Und eben wir Geophysiker eben auch mit unseren Fernerkundungsmethoden. Ich sehe Vulkane eigentlich immer nur aus der Ferne, ich bin da selten wirklich drauf, also auch das ist irgendwie noch Vulkanologie.
abi»: Okay, nächste Frage: was ist das Spannendste an dem Beruf, und was ist die größte Herausforderung?
Elisa Klein: Das Spannendste, würde ich sagen, sind tatsächlich die Ausfahrten, an denen ich teilnehme. Einfach zu wissen, okay, wir sehen jetzt Dinge, die die wenigsten Menschen irgendwie zu sehen bekommen, selbst wenn es nur, in Anführungsstrichen, die Daten sind, die bei uns dann auf dem Computer landen. Und ich glaube, die größte Herausforderung ist tatsächlich, dass man fast alles zum ersten Mal macht. Genau, unser Beruf ist ja, Wissen zu schaffen, und dadurch gibt es häufig die Methoden, die wir genau brauchen, die gibt es dann noch gar nicht. Das heißt sowohl bei den Geräten, die wir irgendwie benutzen. Da gibt es natürlich etablierte Methoden, also in dem Bereich, wo ich arbeite. Hydroakustik ist sehr etabliert, aber es gibt eben auch experimentellere Methoden, und dann sind die Geräte tatsächlich Prototypen, und da wird dann auch aktiv daran gearbeitet, mit den Technikern die Geräte zu optimieren, dass sie eben genau das machen, was wir jetzt brauchen, auch wenn das vielleicht vorher noch nie jemand gemacht hat. Ich würde schon sagen, das ist eine Herausforderung, auch weil man häufig nicht so viele Leute hat, die man fragen kann, weil das eben noch keiner gemacht hat.
abi»: Es klingt wirklich sehr herausfordernd, aber gleichzeitig auch spannend, natürlich, weil Sie immer wieder mit ganz neuen Dingen konfrontiert sind, also nicht nur mit dem Fachlichen, sondern auch mit dem Drumherum.
Elisa Klein: Ja, genau, es wird selten langweilig, würde ich sagen.
abi»: Ja, wunderbar, vielen Dank für diesen Einblick, den wir jetzt da bekommen durften. Mir war es während des Gesprächs auf keinen Fall langweilig, und ich hoffe, auch unseren Hörerinnen und Hörern nicht. Ganz herzlichen Dank, Frau Klein!
Elisa Klein: Ja, vielen Dank, dass ich hier sein darf.
abi»: Ja, weitere Beiträge zu Berufen mit Geophysik findest du auf abi.de unter Studium > Studienbereiche > Mathematik, Naturwissenschaften > Geowissenschaften und Geotechnologie. Weitere Podcasts findest du auf abi.de > Interaktiv > Podcasts. Das war dein abi» Podcast. Redaktion und Produktion: Corinna Grümpel, für den Meramo-Verlag, im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.
Das Onlinelexikon der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild.
Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet 350 Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge.
In der Studiensuche kannst du recherchieren, welche Studiengänge an welchen Hochschulen in Deutschland angeboten werden.
Mit dem Erkundungstool Check-U findest du heraus, welche Ausbildungsberufe und Studienfelder besonders gut zu deinen Stärken und Interessen passen.
Am GEOMAR wird der globale Ozean vom Meeresboden bis in die Atmosphäre erforscht mit dem Ziel, das Ozeansystem zu verstehen und die Entwicklung nachhaltiger Lösungen für drängende gesellschaftliche Herausforderungen zu ermöglichen.
Stand: 08.02.2024
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