Berufe für die Klimawende:
„Irgendwann läuft die Zeit ab“
Mojib Latif ist Seniorprofessor am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Im Interview spricht der bekannte Meteorologe darüber, wie man Klimaforscherin oder Klimaforscher wird und über Herausforderungen, die damit verbunden sein können.
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Herr Prof. Latif, als Sie vor vier Jahrzehnten angefangen haben, als Klimaforscher zu arbeiten, war der Klimawandel noch kein mediales Thema. Mittlerweile sprechen alle darüber. Was hat sich im Bereich Klimaschutz tatsächlich verändert?
Mojib Latif: Es ist das Gegenteil passiert von dem, was hätte passieren müssen. Die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen steigen immer noch, selbst nach dem Pariser Abkommen. Man muss das so hart sagen: Aus naturwissenschaftlicher Sicht findet kein Klimaschutz statt. Und irgendwann läuft die Zeit ab. Deswegen finde ich es richtig, dass die junge Generation zeigt, wie wichtig ihnen der Klimaschutz ist. Ein bisschen etwas bewirkt hat sie schon – das haben wir bei der Europawahl gesehen.
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Welchen Herausforderungen muss sich die Klimaforschung stellen?
Mojib Latif: Global verstehen wir den Klimawandel schon sehr gut, aber wir müssen uns mit den regionalen Auswirkungen beschäftigen. Zum Beispiel mit dem Meeresspiegel: Wenn es heißt, dass er steigt, dann wird das regional sehr unterschiedlich ausfallen. Etwa weil sich Meeresströmungen ändern und es schwierig ist, das lokal vorherzusagen. Es kann Gebiete geben, wo der Meeresspiegel gar nicht steigt, in anderen wiederum dreimal schneller als der globale Mittelwert.
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Welche Voraussetzungen muss jemand mitbringen, der sich beruflich mit der Klimaforschung beschäftigen will?
Mojib Latif: Man darf sich Kritik nicht so sehr zu Herzen nehmen. Eine Forschungsarbeit zählt nur, wenn sie in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht wurde. Bevor das passiert, wird die Arbeit vom Herausgeber an Kollegen geschickt, die Gutachten darüberschreiben. Und diese Gutachten sind zum Teil ziemlich heftig. Die sind anonym, insofern gibt es da keine Hemmschwelle.
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Sie haben Meteorologie studiert. Ist das der einzige Weg in diesen Beruf?
Mojib Latif: Es gibt verschiedene Aspekte in der Klimaforschung, deswegen könnte man im Prinzip alles studieren. Der Klimawandel hat beispielsweise ebenso theologische, soziale und ethische Aspekte, wobei die naturwissenschaftlichen natürlich wesentlich sind. Manche Kollegen gehen nach dem Studium der Meteorologie in die Unternehmensberatung oder arbeiten im Bereich Banken und Versicherung, andere landen bei Behörden oder werden Klimaschutzbeauftragte bei Kommunen. Man muss letztlich nur wissen, wo man arbeiten will.
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Und man muss gut in Physik und Mathematik sein?
Mojib Latif: Alle denken, für meinen Beruf muss man schon in der Schule gut in Physik und Mathe gewesen sein. Das war ich aber gar nicht. Man darf nur keine Angst vor Herausforderungen haben. Denn wenn man etwas will, schafft man es auch.
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Ist Klimaforscher/in ein Beruf mit Zukunft?
Mojib Latif: Ja, aber die Forschung ist ein hartes Brot. Zwar ist die Bezahlung in der Regel gut, aber es gibt sehr viele Zeitverträge. Und man muss international nach Jobs gucken. In meiner Arbeitsgruppe sind unter anderem Menschen aus Afrika, Schweden und Asien tätig. Klimaforschung ist zwar ein globales Thema, hat allerdings nicht in allen Ländern den gleichen Stellenwert. In China und Korea kommt es jetzt auf, in Afrika hingegen passiert im Moment noch sehr wenig.
Mojib Latif
Foto: Steffen Jan
Mojib Latif ist Professor am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie Vorstandsvorsitzender des Deutschen Klima-Konsortiums. Neben seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen hat er bereits mehrere Sachbücher über den globalen Klimawandel verfasst, unter anderem den SPIEGEL-Bestseller „Heisszeit“. Für seine Forschungsarbeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.
Verein Deutsches Klima-Konsortium (DKK)
Verband deutscher universitärer und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen im Bereich der Klimaforschung und der Klimafolgenforschung
www.deutsches-klima-konsortium.de
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