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abi» Video: Ausbildung entlang der Lieferkette

17.06.2024 | ausbildung

Vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt sind Dutzende Menschen und Unternehmen aus vielen Ländern an der Lieferkette oder auch "Supply Chain" einer Ware beteiligt. Im abi>> Video erklärt Lukas Schreiber vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund, welche Berufsfelder im Supply-Chain-Management gefragt sind und welche Trends die Branche prägen.

Der Artikel enthält ein Video mit weiteren Informationen.

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Weitere Filme findest du auf der abi» Videoübersicht.

Transkript

Der Interviewpartner stellt sich vor: 

Lukas Schreiber: Mein Name ist Lukas Schreiber. Ich arbeite hier am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund, arbeite dort in der Abteilung supply chain Engeneering, bin stellvertretender Abteilungsleiter. Unser Institut in Dortmund steht für 100 Prozent Logistik. Das bedeutet, wir schauen uns alles an, über Technik bis hin zu Software als auch Mobilität und Verkehr. 

Frage 1: Was versteht man unter dem Begriff des Supply-Chain-Management? 

Lukas Schreiber: Supply-Chain-Management, so wie wir es verstehen, ist die Koordination und Optimierung aller Prozesse, von Beschaffung über Produktion bis hin zur Distribution zum Kunden, und das in einem ganzheitlichen Sinne. Das bedeutet, nicht nur eine dieser Teilbereiche einzeln zu optimieren, sondern das Ganze von vorne bis hinten gemeinsam zu betrachten. 

Frage 2: Welche aktuellen und künftigen Trends prägen das Supply-Chain-Management? 

Lukas Schreiber: Das ist einerseits Resilienz. Wir leben aktuell in sehr volatilen Zeiten. Wir hatten letztens erst die COVID-19 Pandemie, die unsere Lieferkette abrupt abstoppen hat lassen. Da muss man natürlich Methoden entwickeln, wie man diese Lieferkette widerstandsfähiger machen kann. Das ist ein großer Aspekt, mit dem wir uns beschäftigen. Andererseits natürlich die Nachhaltigkeit. Wie kann 
man Lieferkette an sich optimieren im Sinne der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz? Insbesondere, wie kann man Flotten elektrifizieren? Wie kann man Logistik-Immobilien nachhaltiger gestalten, auch für die Zukunft? Und der dritte große Punkt ist natürlich die Digitalisierung, das bedeutet: um Resilienz und auch Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen wir schauen, dass wir unsere Lieferkette und Produktionssysteme auch digitalisieren, sprich viel mit digitalen Zwilling arbeiten, um Transparenz zu schaffen, zu wissen, wo sind unsere Produkte. Wie kann man, wenn beispielsweise Maschinen miteinander interagieren oder auch mit den Lkws interagieren, die gerade ankommen, bessere Produktionszyklen und Lieferzyklen schaffen? Und das Ganze muss im Supply-Chain-Management auch kollaborativ laufen. Das bedeutet, es reicht nicht, wenn eine Entität, ein Mitspieler alleine versucht zu digitalisieren, sondern das muss kollaborativ entstehen. 

Frage 3: Welche Berufsbilder werden im Supply-Chain-Management gesucht? Welche Fähigkeiten sind gefragt? 

Lukas Schreiber: Es gibt sehr viele administrative Tätigkeiten, beispielsweise Logistik und Speditionskaufmann, Disponenten im administrativen Bereich, die benötigt werden auf der operativen Ebene natürlich Lagerlogistiker, Kommissionierer oder auch Fachkräfte für Hafenlogistik; Eisenbahner am Flughafen arbeiten auch sehr viele Logistiker, die sich mit dem Thema beschäftigen. Berufskraftfahrer werden auch gesucht. Das sind so die klassischen Ausbildungsberufe in dem Bereich natürlich auch immer Software-Entwickler und IT-Fachleute, auch händeringend gesucht bei uns. Im Bereich des Studiums arbeiten am Institut sehr viele Fachdisziplinen: klassische Logistiker, 
Ingenieure, wir arbeiten auch mit Psychologen zusammen, Wirtschaftswissenschaftlern - also ein breites Spektrum, und beim Supply-Chain-Management ist für jeden was dabei. 

Frage 4: Was ist Reshoring? Wie beeinflusst das moderne Lieferkette, und welche Herausforderungen entstehen dadurch? 

Lukas Schreiber: Offshoring sagt vielleicht den meisten Leuten was. Das hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass aus dem Produktionsstandort Deutschland oder aus vielen Industrie-Nationen generell Produktionsstandorte ausgelagert wurden und entsprechend dann im Ausland produziert wurde und das wieder eine eingeführt wurde nach Deutschland. Das hatte den Grund, weil die Lohnkosten in den Ländern, wo dann produziert wurde, viel günstiger waren und das halt nicht im Verhältnis stand zu den zusätzlichen Lieferkosten, die dann dem gegenüber standen. Deswegen sind viele Unternehmen diesen Weg gegangen und haben Arbeitskraft ins Ausland verlagert. Reshoring ist jetzt genau der gegensätzliche Trend. Das bedeutet, seit kurzem fangen Unternehmen wieder an, die Produktionsstandorte zurückzuverlagern nach Deutschland. Welchen Grund hat, das haben wir auch schon angerissen, natürlich die Störung in der Lieferkette. Wenn man sich mal vorstellt, beispielsweise ein Automobilproduzent muss Tausende Teile zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort haben, um am Band eben einen kontinuierlichen Prozess Ablauf zu gewährleisten. Und wenn da was fehlt durch eine Störung der Lieferkette, ist ein Bandstillstand beispielsweise natürlich fatal. Beispielsweise haben wir auch jetzt erhöhte Zölle und andere Regularien, die dazu führen, dass ein Reshoring-Ansatz gefahren wird, um eben sicherzustellen, dass die Produktion aufrechterhalten wird. Weiterhin, durch die Digitalisierung werden auch hier in Deutschland die Produktionskosten wieder erschwinglicher. Wir haben viele Assistenzsysteme, die uns dabei unterstützen, auch hier dann wieder kostengünstiger produzieren zu können. 

Frage 5: Was besagt das Lieferkettengesetz, und welche Effekte hat es auf Unternehmen und ihre Verantwortung? 

Lukas Schreiber: Das stellt sicher, dass wir nachhaltig und sozial in unseren Lieferketten operieren. Das bedeutet, das verpflichtet Unternehmen dazu zu schauen: welche Lieferanten habe ich, welche Lieferanten haben meine Lieferanten und wieder die Lieferanten dahinter, um wirklich zu schauen, wenn wir uns dann an der Beschaffungskette ganz am Ende befinden, wurde da vielleicht mit Kinderarbeit operiert? Sind soziale Standards eingehalten, Arbeitssicherheitsbestimmungen, Nachhaltigkeitsziele - und dementsprechend hat die Deutsche Regierung und jetzt auch die EU beschlossen, dass das besser verfolgt werden soll.