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Orte, Charaktere und Situationen in Filmen darstellen – das gehört zu den Aufgaben von Benjamin Teske (41). Er arbeitet als Regisseur und weiß, warum Berufsdarstellungen im Fernsehen häufig von der Realität abweichen. Darüber, welche Voraussetzungen man für seinen Beruf benötigt, und warum es auch mal wichtig ist, auf sein Bauchgefühl zu hören, spricht er im Interview mit abi».
Benjamin Teske: Ich versuche immer, genau zu recherchieren. Während meines Studiums habe ich zum Beispiel einen Kurzfilm gemacht, der komplett im Krankenhaus spielt. Am Set hatten wir medizinische Fachberater, die die Schauspieler und mich beraten haben, um die medizinischen Abläufe im Film so detailgetreu und echt wie nur möglich darzustellen. Ein anderer meiner Filme spielt auf einem Rummelplatz. In dieser Zeit war ich sehr viel auf Rummelplätzen unterwegs und habe mich dort mit Familien unterhalten, die seit Jahren als Schausteller durch Deutschland fahren. Ich wollte verstehen, wie das Leben dieser Familien aussieht. Meistens reichen mir die Recherchen im Internet, in Büchern oder Dokumentarfilmen nicht aus. Ich will mich lieber mit Menschen dazu austauschen.
Benjamin Teske: Ich glaube, der größte Kompromiss ist die Auslassung und Verknappung. Wie gerade eben schon erwähnt, hatten wir beim Kurzfilm im Krankenhaus medizinische Berater am Set. Doch letztendlich sitzt man dann am Schnitt und merkt manchmal, dass Szenen so nicht funktionieren und diese gekürzt werden müssen. Man sagt ja: Ein Film ist ein Leben minus Langeweile beziehungsweise ein Leben minus Routine. Wer will schon einen Film oder eine Serie sehen, in der ein Arzt tagelang am Schreibtisch sitzt und Büroarbeiten tätigt? Deshalb pickt man sich als Regisseur immer besondere oder extreme Momente heraus. Und da kann es passieren, dass Szenen überspitzt dargestellt werden. Das ist meiner Meinung nach der Kern der Sache.
Benjamin Teske: Ja, das passiert. Bei meinem Film „Fliehkraft“, der auf dem Rummelplatz spielt, war das der Fall. Damals hat sich eine Person falsch dargestellt gefühlt und gesagt, dass sie doch gar nicht so lebt. Es war aber überhaupt nicht meine Absicht, etwas falsch darzustellen. Da ist unsere Wahrnehmung auseinandergegangen. Ich kann meine Figuren in Filmen natürlich so zeigen wie ich möchte, ich kann quasi mein eigenes Universum erschaffen. Aber ich versuche immer, so realistisch wie möglich zu sein. Klischees spielen natürlich dennoch eine Rolle und manchmal bewahrheiten sie sich. Selbstverständlich dürfen sie aber nicht überhandnehmen. Als Filmemacher kann man sich dafür entscheiden, hundertprozentige Klischeebilder zu zeigen, oder man sagt, nein, dahinter stecken viel mehr Facetten und die zeige ich.
Benjamin Teske: Wenn ich da an meine Jugend denke, würde ich sagen: ja. In der zehnten Klasse war ich großer Fan der Anwaltsserie „Ally McBeal“. Obwohl ich damals schon wusste, dass ich Regisseur werden will, gab es einen kurzen Moment, wo ich dachte, dass Anwalt werden auch ganz cool ist. Daraufhin habe ich Wirtschaft und Recht als Grundkurs gewählt. Dann saß ich im Kurs und habe schnell gemerkt, dass das wirklich überhaupt nichts mit der Serie zu tun hat. Den Kurs habe ich wieder abgewählt, aber diese Erfahrung hat mich natürlich auch darin bestärkt, dass ich auf dem richtigen Weg war.
Benjamin Teske: Durchhaltevermögen, Geduld, Gelassenheit und Kreativität. Es ist wirklich wichtig durchzuhalten, sowohl in der Bewerbungsphase als auch im Berufsleben. Denn es kann durchaus passieren, dass man sich bewirbt und erstmal abgelehnt wird. Dadurch lernt man gleich die erste Lektion: Geduld haben. Ich empfehle auf jeden Fall Praktika zu machen und vielleicht zunächst etwas Allgemeineres zu studieren, um herauszufinden, welche Inhalte man wirklich interessant findet.
Benjamin Teske: Mir gefällt zum einen die Abwechslung. Ich kann verschiedene Milieus und Lebenswelten zeigen und Figuren kreieren, mit denen ich eine eigene Realität erzählen kann. Zum anderen lernt man sehr viel über sich selbst und andere Menschen. Denn in dieser Branche kämpft man als Team sehr viel mit anderen, wenn es beispielsweise um die Planung eines Projekts geht. Und bei mir hat es lange gedauert, bis ich mich auf mein Bauchgefühl verlassen habe. Gerade am Anfang traut man sich das nicht so, weil das vielleicht die einzige Chance ist, die man hat und auch nutzen soll. Ich weiß nicht, ob irgendeins meiner Projekte jemals gedreht wird, aber natürlich glaube ich daran und will an meinem Traum, mit dem ich in diese Branche gestartet bin, so lange wie möglich festhalten. Lieber probieren und scheitern, als es niemals versucht zu haben.
Benjamin Teske wurde 1983 in Aschaffenburg geboren. Nach dem Abitur studierte er Audiovisuelle Medien mit Schwerpunkt Kamera an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin. Danach folgte ein Masterstudium in Regie an der Hamburg Media School. Im Jahr 2013 gewann er mit seinem Abschlussfilm „Fliehkraft“ im Zuge seines Masterstudiums den Studio Hamburg Nachwuchspreis. Mit seinem Debütfilm „Strawberry Bubblegums“ feierte er im Jahr 2016 im NDR Fernsehpremiere. Benjamin Teske unterrichtet in Hamburg an der DMA-Medienakademie (inzwischen geschlossen) Medienpraxis und Film und gibt außerdem an der Schule für Schauspiel in Hamburg Camera Acting Workshops.
Stand: 19.06.2024
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