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Konferenzdolmetscher – Hintergrund: Höchste Konzentration

Bei internationalen Konferenzen, Sitzungen oder im Gericht muss gewährleistet werden, dass alle Teilnehmer den Inhalten optimal folgen können. Nicht immer verfügen sie jedoch über die dafür nötigen Sprachkenntnisse. Bei der Überwindung dieser Barrieren helfen Konferenzdolmetscher.

eine junge Frau sitzt in einer Dolmetscherkabine. Sie hat ein Headset auf und hält einen Stift in der Hand. Vor ihr liegt ein Schreibblock mit Notizen.

Simultandolmetschen heißt: gleichzeitig zuhören, verstehen, übertragen und aussprechen. Dafür sind Konferenzdolmetscher unter Umständen live dabei, wenn Weltgeschichte geschrieben wird. Zu zweit sitzen sie bis zu sieben Stunden lang in einer kleinen Kabine und übertragen, was in Plenarsälen, auf Konferenzen oder in Gerichten vorgetragen wird, von einer Sprache in die andere. In der Regel wechseln sie sich alle 30 Minuten ab, um durchzuatmen und Kraft für die nächste Runde zu tanken. „Ganz abschalten kann ich aber auch nicht, wenn die Kollegin dolmetscht“, sagt Claudia Mohr, Konferenzdolmetscherin und ehemaliges Vorstandsmitglied des Verbands der Konferenzdolmetscher. Dolmetschen ist Teamarbeit: „Das heißt, ich höre schon immer mit, was passiert, damit ich meinem Kabinenkollegen Hilfestellung leisten kann, wenn es notwendig wird. Gerade bei Zahlen oder Eigennamen, da sich unser Hörgedächtnis damit oft schwer tut.“

Praxisnahes Studium

Porträtaufnahme von Claudia Mohr Porträtaufnahme von Claudia Mohr

Claudia Mohr

Bis Konferenzdolmetscher tatsächlich in der Kabine sitzen, ist es ein langer Weg. Der klassische Zugang erfolgt über ein zweigliedriges Bachelor-/Masterstudium. „Der Bachelor ist in der Regel relativ breit aufgestellt“, erklärt Claudia Mohr, die als freiberufliche Dozentin für angehende Französisch-Dolmetscher an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz unterrichtet. „Die Studierenden lernen sowohl das schriftliche Übersetzen als auch dolmetschen.“ Die Masterstudiengänge sind dann oftmals direkt aufs Konferenzdolmetschen zugeschnitten. Für die Zulassung ist ein Bachelorabschluss erforderlich, der aber in jedem beliebigen Fach abgeschlossen werden kann. Darüber hinaus müssen Sprachkenntnisse auf fortgeschrittenem Niveau (C1) vorgewiesen und ein Eignungstest absolviert werden. Am Institut von Claudia Mohr werden etwa Reaktionsschnelligkeit, Analysefähigkeit und Stressbelastbarkeit geprüft.

Das Masterstudium ist sehr praxisorientiert. „Die Studierenden verbringen sehr viel Zeit in einer Dolmetschkabine“, sagt die Dozentin. „Eigentlich arbeiten sie dort nonstop, um sich zu verbessern und von Kommilitonen sowie Dozenten Feedback zu bekommen. Zusätzlich gibt es Vorlesungen und Übungen in Fächern wie Dolmetschwissenschaft, Sprach- und Kulturwissenschaft oder wissenschaftliches Arbeiten.“

Neugierige Generalisten

Anschließend kommt es darauf an, sich erfolgreich zu vernetzen und zu vermarkten. Festanstellungen gibt es nur selten, beispielsweise in Ministerien oder Bundesbehörden. „Man sollte sich bewusst sein, dass geschätzt mindestens 80 Prozent eigenständig als Unternehmer arbeiten“, betont Claudia Mohr. Zu den Auftraggebern zählen nicht nur Privatwirtschaft, Politik und Justiz, sondern auch internationale Institutionen und Organisationen wie die EU, die Vereinten Nationen oder die NATO. Neben einer gewissen unternehmerischen Kompetenz ist Durchhaltevermögen gefragt, denn es dauert, bis man sich ein gut funktionierendes Netzwerk aus Kollegen zusammengestellt und einen Kundenkreis aufgebaut hat. „Da unterstützen die Berufsverbände mit Vorträgen, Seminaren, Workshops, Netzwerktreffen und Nachwuchsprogrammen.“

Wer in dem Beruf langfristig Erfolg haben möchte, sollte Claudia Mohr zufolge auch die Lust und den Willen haben, sich ständig weiterzubilden und weiterzuentwickeln. „Nichts anderes ist es, was ich jeden Tag mache. Wenn ich weiß, dass ich morgen eine Sitzung mit Sozialpartnern habe, dann informiere ich mich über den aktuellen Stand der Tarifverhandlungen. Und wenn ich drei Tage später einen Medizinkongress begleite, beschäftige ich mich wieder mit etwas anderem.“ Sie selbst bezeichnet sich und ihren Berufsstand als Generalisten, die sich für jeden einzelnen Einsatz spezifisch vorbereiten. „Natürlich entwickelt man mit der Zeit gewisse Spezialisierungen“, führt sie weiter aus. „Wenn man ganz viel für Kunden im Maschinenbau arbeitet, ist man natürlich irgendwann in diesem Thema spezialisiert. Oft entwickelt sich das allerdings erst aus dem Berufsleben heraus.

Weitere Informationen

BERUFENET

Das Netzwerk für Berufe der Bundesagentur für Arbeit mit über 3.000 aktuellen Berufsbeschreibungen in Text und Bild (Suchwort: Konferenzdolmetscher)
berufenet.arbeitsagentur.de

studienwahl.de

Infoportal der Stiftung für Hochschulzulassung in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit. Hier findest du Informationen zu den Studienmöglichkeiten in Deutschland und alle Infos rund ums Studieren:
studienwahl.de

Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ)

Berufsverband der professionellen Dolmetscher und Übersetzer in Deutschland
bdue.de

Verband der Konferenzdolmetscher (VKD) im BDÜ e.V.

Der Berufsverband für Konferenzdolmetscher in Deutschland ist ein Teil des Bundesverbands der Dolmetscher und Übersetzer.
https://vkd.bdue.de