Digitale Nomadin:
Alle Habseligkeiten in einem Koffer
Wer bei YouTube nach „Digitale Nomaden“ sucht, findet unter den Top-Treffern ein Video von Nellie Winter: Darin stellt die 29-Jährige sechs „realistische Digitale Nomaden-Jobs“ vor. Sie ist selbst Expertin auf dem Gebiet, arbeitet als Social-Media-Managerin ohne festen Arbeitsplatz.
Einen größeren Kleiderschrank wünsche sie sich manchmal schon, gibt Nellie Winter zu. Doch mehr als das genieße sie die Freiheit, die durch das Leben als digitale Nomadin möglich ist. Einen deutschen Wohnsitz hat die heute 29-Jährige in ihrem Elternhaus in Elmshorn, in der Nähe von Hamburg. Dort lagern einige Dinge, und ihre Mutter nimmt Post für sie entgegen.
Durchschnittlich zwei bis drei Mal im Jahr ist sie in ihrer Heimat. Gerade sei sie jedoch mit ihrem kanadischen Freund Greg in Malaga. In Spanien kann sie sich später einmal eine Homebase vorstellen, zu der die beiden zwischen ihren Reisen zurückkehren.
Nellie Winter
Foto: privat
Im Jahr 2017 ist Nellie Winter nach ihrem Bachelorabschluss in Kulturwissenschaften und Marketing an der Universität Lüneburg zunächst auf Reisen gegangen. Ihrem Freund Greg, einem freiberuflichen Fotografen und Videoproduzenten, folgte sie nach Zentralamerika und Kanada, und bereiste mit ihm weitere Länder. Diese erste längere Reise nach dem Studium war „wunderschön und befreiend“, sagt Nellie Winter und erinnert sich: „Der Gedanke, mir bald einen festen Job in Deutschland suchen zu müssen, belastete mich. Ich wusste weder, was das für unsere Beziehung noch für meine persönliche Zufriedenheit bedeuten würde.“
Statt sich auf Jobsuche zu begeben, ging sie nach ihrer Rückkehr daher zum Gewerbeamt, meldete ihr eigenes Unternehmen an und machte sich als Social-Media-Managerin selbstständig. Getragen wurde dieser Entschluss von der Sicherheit, dass sich aus ihrer Affinität für die sozialen Medien, ihrer Leidenschaft für Fotografieren und Bildbearbeitung, aus ihrem Organisationstalent und natürlich aus ihrem Studium heraus ein brauchbares Berufsprofil basteln lassen würde. Und so war es auch. Heute arbeitet sie als Social-Media-Managerin für Auftraggeber vor allem aus dem Touristikbereich, betreibt einen eigenen YouTube-Kanal und einen Blog.
Ungefähr zwei bis drei Monate pro Jahr sind Nellie Winter und ihr Freund aktiv auf Reisen. Dann arbeitet sie auch schon mal im Flieger, im Zug oder im Auto, „und manchmal bin ich dort sogar ausgesprochen produktiv“, bemerkt sie. Die restliche Zeit sieht ihr Arbeitsalltag aus wie in jedem anderen Homeoffice: „Ich stehe früh auf, mache ein bisschen Morgensport oder Yoga, um meinen Körper und Geist in Schwung zu bringen, frühstücke und setze mich dann an meinen Laptop.“
Mit einigen Unterbrechungen, mittags oder zum Einkaufen, arbeitet sie meist bis früh abends. Am meisten schätzt sie, dass sie jeden Tag anders gestalten, sich aber auch auf Routinen einlassen kann, wenn ihr der Sinn danach steht. Auf der ganzen Welt habe sie Freunde, dennoch sieht sie die Herausforderung, echte Freundschaften zu schließen, „die über Smalltalk hinausgehen“. Sie bedauert es, alte Freunde nicht regelmäßig zu sehen, muss für Arztbesuche mehr organisieren als in Deutschland und ständig eine verlässliche Internetverbindung haben. Doch dafür passen alle Habseligkeiten in einen Handgepäckkoffer und einen Tagesrucksack. Wer braucht da schon einen größeren Kleiderschrank?
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