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Ingenieur – Werkstofftechnik: „Mein Herz schlägt für Stahl“

Daniel Kipp (38) hat einen Masterabschluss in Metallurgy and Metal Forming und arbeitet als Doktorand bei der ThyssenKrupp Steel Europe AG. Seine Aufgabe ist es, das Produktionswerk zu transformieren, um den CO₂-Ausstoß zu minimieren und letztlich auf null zu bringen.

In einer Werkhalle steh ein riesiger Lichtbogenofen in dem ein großes Feuer brennt, das durch verschiedene Öffnungen sichtbar ist.

Daniel Kipp füllt im Labor der Universität Duisburg-Essen sogenanntes direkt reduziertes Eisen, Graphit und Kalk in eine zuvor erstellte Grundschmelze. Anschließend nimmt er eine Saugprobe und analysiert die Materialbeschaffenheit. Diesen Vorgang wiederholt er bei unterschiedlichen Mengenzugaben, um zu prüfen, wie sich die chemische Zusammensetzung in Abhängigkeit von der Zugabe verhält. Am Tag darauf wird er diese Ergebnisse seinen Kolleginnen und Kollegen im Competence Center Metallurgy bei ThyssenKrupp präsentieren und anschließend berechnen, wie das Vorgehen an die Maßstäbe im zukünftigen Einschmelzer angepasst werden muss. Mittel- und langfristiges Ziel ist es, „grünen Stahl“ zu erzeugen.

„Im Stahlwerk muss alles so weiterlaufen wie bisher. Gleichzeitig nutzen wir neue Technologien zur Roheisenerzeugung“, erklärt der 38-Jährige. Bislang entstehen bei der Herstellung von 30.000 Tonnen Stahl pro Tag 50.000 Tonnen CO₂. Dies will ThyssenKrupp Steel in mehreren Schritten ändern, um bis 2045 klimaneutral zu werden. Im ersten Schritt sollen bis 2030 30 Prozent der bisherigen Emissionen wegfallen. Die Hochöfen werden dazu sukzessive durch Direktreduktionsanlage (DR-Anlagen) mit innovativen Einschmelzern ersetzt. Die ersten Anlage entsteht bis 2026. Mit Fertigstellung können jährlich bereits über 3,5 Millionen Tonnen CO₂ vermieden werden.

Der in den Direktreduktionsanlagen erzeugte feste Eisenschwamm – oder auch direkt reduziertes Eisen – wird in den Einschmelzern zu flüssigem Elektroroheisen weiterverarbeitet und im Anschluss im Stahlwerk zu hochwertigem Stahl veredelt. Langfristig soll Wasserstoff die fossilen Energieträger ersetzen, sodass anstelle von CO₂ nur Wasserdampf entstehen wird. Daniel Kipp leistet mit seiner Forschung zu den Prozessen im Einschmelzer seinen Beitrag zur Transformation.

  • Ein Porträt-Foto von Daniel K.

    Die Industrie muss klimaneutral werden, und mit unserem Weg hier in Duisburg sind wir am Puls der Zeit.

    Daniel Kipp ist Ingenieur der Werkstofftechnik

Der Weg in die Stahlproduktion

Bis der Ingenieur bei ThyssenKrupp angelangt ist, nahm er in seiner Laufbahn mehrere Umwege. Mit einem Realschulabschluss lernte er Industriemechaniker bei einem Automobilhersteller, wo er auch viele Jahre in der Produktion arbeitete. Nebenbei holte er seine Fachhochschulreife mit der Vertiefungsrichtung Maschinenbau nach.

Im zweiten Semester Maschinenbau an der Technischen Hochschule Georg Agricola in Bochum und nach sehr guten Leistungen im Fach Werkstofftechnik fragte ihn sein Professor, ob er studentische Hilfskraft bei ihm werden wolle. Außerdem regte der Professor an, das Studienfach zu wechseln und das Bachelorstudium in der damals neuen Fachrichtung „Angewandte Materialwissenschaften“ fortzusetzen. Den Fachrichtungswechsel nahm Daniel Kipp nicht sofort vor, aber er wurde Hilfskraft und entdeckte dabei immer mehr seine Leidenschaft für die Materialkunde. Im vierten Semester änderte er schließlich doch die Fachrichtung und konnte – obwohl er einige Credits nachholen musste – in der Regelstudienzeit abschließen.

„Die Industrie muss klimaneutral werden“

Die Bachelorarbeit schrieb er in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines Edelstahlherstellers. Danach wechselte er zu einem Hersteller von Nickelbasiswerkstoffen, begleitete dort als Ingenieur die Produktion und lehrte parallel an einer privaten Hochschule Werkstofftechnik und -prüfung. Dann startete er schließlich sein Masterstudium in Metallurgy and Metal Forming an der Universität Duisburg-Essen.

Im Rahmen seiner heutigen Doktorandenstelle arbeitet Daniel Kipp zu 40 Prozent an der Universität Duisburg-Essen und zu 60 Prozent bei ThyssenKrupp. Für seine Dissertation muss er viel recherchieren und Fachliteratur studieren. Inhaltlich konzertiert er sich dabei auf die Mechanismen der Aufkohlung im Einschmelzer und die Nutzung von Hüttenreststoffen. Direktreduzierungsanlagen produzieren kein flüssiges Roheisen, sondern festen Direct Reduced Iron (DRI). Roheisen weist einen hohen Kohlenstoffgehalt auf und wird im Stahlwerk weiterverarbeitet. Damit das DRI zu hochwertigem Stahl weiterverarbeitet werden kann, muss er zu einem roheisenähnlichen Produkt eingeschmolzen werden. Der geringe Kohlenstoffgehalt des DRI muss somit erhöht werden.  Bei der Produktion von Eisen- und Stahlprodukten fallen eine Reihe an Reststoffen an, die zum Teil als Nebenprodukt verkauft oder auch intern verwertet werden können.Momentan besteht der Großteil seiner Arbeit aus der Versuchsgestaltung an der Uni Duisburg-Essen und dem Transfer der gewonnenen Erkenntnisse auf die Arbeit im Betrieb. Dabei werden zunächst im kleinen Maßstab Schmelz- als auch Aufkohlungsversuche an festen direkt reduzierten Eisen-Pellets durchgeführt. Neben Untersuchungen der chemischen Zusammensetzung von Roheisen, Schlacke und Pellets werden am Licht- und Rasterelektronenmikroskop weitere Erkenntnisse gewonnen. Die Untersuchungen werden bei erfolgreicher Umsetzung immer größer skaliert, um die Prozesse im Einschmelzer möglichst realitätsnah abzubilden.

Seine berufliche Zukunft möchte Daniel Kipp weiter bei seinem jetzigen Arbeitgeber bestreiten. Erst mal wird er seine Promotion beenden, womit er in spätestens drei Jahren rechnet. Anschließend möchte er im Competence Center Metallurgy die Transformation des Produktionsprozesses bis zum endgültigen Ende im Jahr 2045 begleiten. Daniel Kipp sagt: „Die Industrie muss klimaneutral werden, und mit unserem Weg hier in Duisburg sind wir am Puls der Zeit.“

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