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Lehramt an beruflichen Schulen – Hintergrund: Eine Schule zum Erwachsenwerden

Auszubildende auf ihrem Weg in den Beruf begleiten und dazu Fachpraxis oder theoretische Hintergründe vermitteln – das ist Aufgabe von Lehrerinnen und Lehrern an beruflichen Schulen. Gute Berufsaussichten verspricht Eugen Straubinger vom Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung.

Bild von einer Schulklasse

In der öffentlichen Wahrnehmung sind die Berufsschulen nicht viel mehr als ein Nebenschauplatz der Ausbildung, stellte die Wochenzeitung „Die Zeit“ fest. Dabei seien es die beruflichen Schulen, welche die großen Herausforderungen unseres Bildungssystems stemmten und junge Menschen zu einem selbstständigen Leben befähigten, Geflüchtete integrierten und sich Schulabbrecherinnen und -abbrechern annähmen.

Eugen Straubinger bringt es auf den Punkt: „Viele kommen noch als Jugendliche an die Schule und beenden ihre Berufsausbildung dort als Erwachsene.“ Er teilt sich mit Joachim Maiß den Bundesvorsitz des Bundesverbands der Lehrkräfte für Berufsbildung (BvLB). Als Berufsschullehrerin oder -lehrer begleite man die Schülerinnen und Schüler als auf dem Weg ins Berufsleben, und das sei eine schöne Aufgabe: „Hier gilt es, fachspezifisches Wissen mit pädagogischen Kompetenzen zu vereinen“

Perspektiven am Arbeitsmarkt sind gut

Ein Foto von Eugen Straubinger Ein Foto von Eugen Straubinger

Eugen Straubinger

Fast jede vierte Schülerin beziehungsweise jeder vierte Schüler hierzulande ist Berufsschüler oder -schülerin. Meist sind diese etwas älter, erklärt Eugen Straubinger, was eine weitere Besonderheit der beruflichen Schulen ist und den Lehrerinnen und Lehrern dort neben fachlichen Qualifikationen bestimmte soziale Kompetenzen abverlangt. Auch die Perspektiven am Arbeitsmarkt sind seiner Einschätzung nach sehr gut: „Lehrer für berufliche Schulen sind besonders gefragt.“

Trotz vieler positiver Aspekte entscheiden sich vergleichsweise wenig Lehramtsstudierende für die Berufsbildung – warum eigentlich? Eugen Straubinger: „Ich glaube, es ist vielen noch nicht bekannt, wie vielfältig die Möglichkeiten in diesem Bereich sind.“

Fachpraxis und Fachtheorie

Grundsätzlich unterscheidet er zwei Typen von Lehrkräften an den beruflichen Schulen, nämlich solche, die fachpraktischen Unterricht erteilen, und solche, die für den Theorieunterricht zuständig sind. „Erstere sind meist Meister oder Techniker – Dozenten, die also selbst einmal einen Ausbildungsberuf erlernt haben und nun ihre Fachpraxis vermitteln, ähnlich wie in einer Lehrwerkstatt im Betrieb.“

Die zweite Gruppe unterrichtet die theoretischen Hintergründe: Diese Lehrkräfte haben normalerweise ein Hochschulstudium abgeschlossen, entweder mit Staatsexamen oder mit Bachelor- und Masterabschluss. „Von ihnen wiederum unterrichten einige an den beruflichen Schulen allgemeinbildende Fächer wie Deutsch, Geschichte, Gemeinschaftskunde, Mathe oder Englisch. Andere sind für berufsbezogene Fächer wie zum Beispiel Metalltechnik, Elektrotechnik, Bautechnik, Land- und Gartenbau oder Hauswirtschaft zuständig. Oft können auch ein allgemeinbildendes und ein berufsbezogenes Fach im Lehramt miteinander kombiniert werden.“

Zugang ohne Lehramtsstudium möglich

Die zweite Gruppe kann Theoriefächer nicht nur an Berufsschulen, sondern auch an anderen Schulformen unterrichten, wie Eugen Straubinger weiter erläutert. „Einige arbeiten an Fachschulen, die zum staatlich geprüften Techniker führen, oder unterrichten an beruflichen Gymnasien zum Beispiel Profilfächer wie Mechatronik, Informatik oder Gestaltung und Medientechnik.“

Für die erforderliche Kombination aus in der Regel zwei Theoriefächern entscheiden sich Interessierte bei Antritt des Studiums. „Dabei können die Wahlmöglichkeiten je nach Bundesland variieren, genauso wie die Bezeichnungen der Studiengänge und Hochschulformen“, erklärt Eugen Straubinger. „Interessierte sollten sich am besten bei der Berufsberatung ihrer Agentur für Arbeit konkret informieren.“ Möglich ist es beispielsweise auch, an einer Fachhochschule einen Maschinenbau-Bachelor zu erwerben und an einer Universität einen Master in Erziehungswissenschaften, um an einer Berufsschule unterrichten zu dürfen.

Seiten- und Quereinstieg möglich

Aufgrund des aktuellen Mangels an Fachkräften ist ein Zugang zum Berufsschullehramt derzeit auch ohne Lehramtsstudium möglich. Eugen Straubinger erklärt das am Beispiel Baden-Württemberg: „Zum einen ist momentan ein Seiteneinstieg möglich, indem man etwa nach einem regulären ingenieurwissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Studium ein Referendariat durchläuft und dann die Staatsprüfung abschließt.“

Bei einem Quereinstieg wiederum beginne man nach einem allgemeinen Studium direkt an einer beruflichen Schule zu unterrichten. Parallel dazu durchlaufen Anwärterinnen und Anwärter nach heutigem Stand eine zweijährige Weiterbildung zu Themen wie Fachdidaktik, Pädagogische Psychologie oder Schulorganisation, die sie mit einer Prüfung abschließen. „Nach einem Jahr auf Bewährung können die Absolventen dann einen Antrag auf Verbeamtung im höheren Dienst stellen – genau wie die regulären Lehramtsstudierenden nach dem Staatsexamen.“ Zu beachten ist, dass es bei Seiten- und Quereinstiegen länderspezifische Unterschiede gibt. Hier rät Eugen Straubinger wiederum zum Gang zur Studien- und Berufsberatung, die individuell beraten können.

Weitere Informationen

BERUFENET

Das Netzwerk für Berufe der Bundesagentur für Arbeit mit über 3.500 ausführlichen Berufsbeschreibungen in Text und Bild (Suchwort: Lehramt berufsb./berufl.Schul./Berufsk.)
www.arbeitsagentur.de/berufenet

studienwahl.de

Infoportal der Bundesagentur für Arbeit und der Stiftung für Hochschulzulassung. Hier findest du Informationen zu allen Studienmöglichkeiten in Deutschland
www.studienwahl.de

Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung e.V.

www.bvlb.de

Studiensuche

Die Studiensuche der Bundesagentur für Arbeit hilft dir bei der Auswahl von Studienort und Studienfach.
web.arbeitsagentur.de/studiensuche