Beamter im gehobenen auswärtigen Dienst:
Von Posten zu Posten rund um die Welt
Es war die erste Station seiner Laufbahn als Beamter im gehobenen auswärtigen Dienst: Eine Zeit lang lebte und arbeitete Niklas Tiedge (29) in Islamabad. Der Zufall führte den gelernten Kfz-Mechatroniker in die pakistanische Hauptstadt.
„Im Ausland arbeiten, den Horizont erweitern, andere Kulturen kennenlernen, das wollte ich schon immer“, sagt Niklas Tiedge. Ursprünglich hatte der 29-Jährige vor, diesen Traum als Kfz-Mechatroniker eines großen deutschen Autoherstellers zu realisieren. Der Zufall wollte es anders. „Bei uns im Werk in Wolfsburg war der kasachische Außenminister zu Gast, um sich die duale Ausbildung anzuschauen. Da ich Russisch spreche, habe ich die Delegation mit herumgeführt und bin dann mit dem Protokollbeamten ins Gespräch gekommen“, erzählt er.
Von da an war er fasziniert von den Aufgaben an der Schnittstelle zwischen unterschiedlichen Nationen; er informierte sich und hörte von den Karrieremöglichkeiten im Auswärtigen Amt. „Von Posten zu Posten rund um den Globus wandern, immer wieder neue Teams und neue Aufgaben, genau mein Ding“, sagt er. Mit Abitur, aber ohne abgeschlossenes Studium kam für ihn der gehobene Dienst infrage – also bewarb er sich erfolgreich für das dreijährige duale Studium an der Hochschule des Bundes in Berlin.
„Es gibt ein mehrstufiges Verfahren mit Online-Bewerbung, schriftlichem Auswahlverfahren und Assessment-Center. Deutsch, Mathe, logisches Denken, Allgemeinwissen, Englisch, Französisch – wir sind Generalisten. Es galt zu zeigen, dass man breit aufgestellt ist, sich für das aktuelle Zeitgeschehen interessiert, freie Rede beherrscht, eine schnelle Auffassungsgabe hat“, erinnert er sich.
Niklas Tiedge
Foto: privat
In seiner Arbeit heute braucht er all das. Nach drei Jahren Studium mit Schwerpunkt Recht, Englisch und Französisch startete er gleich als stellvertretender Leiter der Rechts- und Konsularabteilung in der deutschen Botschaft in Islamabad. Dort musste er sich ad hoc auf unterschiedlichste Situationen einstellen können und immer souverän agieren. Als Mitarbeiter einer deutschen Behörde im Ausland stellte er Pässe und Personalausweise aus, erteilte Visa und kümmerte sich um Deutsche, die vor Ort in Not geraten sind. „Jeder Tag war anders. Beispielsweise haben wir erreicht, dass ein zwangsverheiratetes Mädchen nach Deutschland zurückkehren konnte, und wir haben die Überführung eines Verstorbenen in die Wege geleitet, der dann in Deutschland bestattet werden konnte.“
Viele seiner Aufgaben erledigte Niklas Tiedge vom Schreibtisch aus, wobei er sich oft mit den Behörden und Ministerien zu Hause, mit den Botschaftskolleginnen und -kollegen und zum Teil auch mit Nichtregierungsorganisationen (NGO) abstimmte.
In der Botschaft arbeiteten einige Einheimische, gesprochen wurde Englisch, genauso wie mit den Botschaftsbesucherinnen und -besuchern. Die Landesprache Urdu sprach Niklas Tiedge in seiner Zeit vor Ort kaum. „Ich kann ein paar Phrasen, Tee bestellen, aber leider besteht nicht die Notwendigkeit Urdu zu lernen“, sagt er. Mit Land und Leuten vor Ort beschäftigte er sich vor allem in seiner Freizeit. „Mein Auslandssemester habe ich in der Botschaft von Tel Aviv absolviert und dabei im palästinensischen Ramallah gearbeitet. Hier hatte ich meine ersten Berührungspunkte zum Islam“, erzählt er und schildert, wie er sich mit Büchern über Kultur, Religion und Geschichte zu Pakistan eingedeckt hat, bevor er 2018 ins Land kam.
Islamabad hat er sich nicht ausgesucht. Der Posten wurde ihm zugeteilt. Das wird so weitergehen, alle drei bis vier Jahre wird er versetzt, ein Berufsleben lang. Mit Beginn seines Studiums im Fachbereich Auswärtige Angelegenheiten hat Niklas Tiedge seine uneingeschränkte weltweite Versetzungsbereitschaft erklärt. „Dass meine erste Station Pakistan sein wird, war nicht leicht für meine Eltern. Sie hätten mich niemals besucht. In ihren Köpfen ist Pakistan ein Land des Terrors, dabei sind die Menschen so gastfreundlich“, sagt er. „Die Kulturen und die Landschaft sind so vielfältig, von den Stränden in Karatschi bis zum Hochgebirge im Himalaya. Es gibt so viel zu entdecken.“ Das tat er auf eigene Faust. Mit 18 zusätzlichen Urlaubstagen zu den 30 Tagen, die ihm im Ausland zustehen, blieb ihm dafür Zeit. „Die Arbeitstage in der Botschaft sind allerdings schon sehr stressig und nicht zu planen, vor 19 Uhr kam ich selten aus dem Büro.“
2022 stand dann eine erneute Versetzung in ein anderes Land an: Äthiopien. Nach drei bis vier weiteren Jahren führt ihn seine Laufbahn in der Regel zurück nach Deutschland. „Da wird es um konzeptionelle Grundsatzsachen gehen. Im Ausland danach wieder von Posten zu Posten zu immer mehr Verantwortung. Sehr interessant, es gibt Entwicklungsmöglichkeiten.“ Botschafter wird Niklas Tiedge auf diesem Weg allerdings nicht werden, dazu müsste er mit einem Vorbereitungsdienst in den höheren Dienst wechseln. „Das ist nicht mein Ziel, der politisch-analytische Bereich ist nicht so mein Ding“, sagt er.
Mittlerer Dienst: Zweijährige Ausbildung, Voraussetzung ist Realschulabschluss oder Hauptschulabschluss plus Berufsausbildung, Einsatz weltweit im Datenmanagement, in der Buchhaltung, IT-Betreuung, Verwaltung und in der Pass- und Visa-Stelle
Gehobener Dienst: Dreijähriges duales Studium, Voraussetzung ist allgemeine oder Fachhochschulreife, Einsatz weltweit als Sachbearbeiter/in oder Verwaltungsleiter/in im Rechts- und Konsularwesen, Verwaltung, Wirtschaft, entwicklungspolitische Zusammenarbeit, Kultur, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Protokoll
Höherer Dienst: 14-monatiger Vorbereitungsdienst, Voraussetzung ist ein Masterstudium, Einsatz weltweit als Referent/in in den Bereichen Politik, Wirtschaft, entwicklungspolitische Zusammenarbeit, Kultur, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Protokoll, mit Personalverantwortung, Aufstieg in Spitzenpositionen wie Botschafter/in oder Generalkonsul/in möglich
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