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Berufseinstieg mit Befristung: Befristung als Brücke in den Arbeitsmarkt

Nach der Ausbildung oder dem Studium zunächst nur vorübergehend einen Vertrag zu bekommen, kann viele Gründe haben und Unsicherheiten bedeuten, aber auch Türen öffnen.

Eine Hand hält eine Bewerbungsmappe

Die Aufgaben von Martin Schulze (Name von der Redaktion geändert) als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität in Niedersachsen sind vielfältig. Er hält Seminare, berät Studierende bei ihren Projekten, nimmt Prüfungen ab und betreut Hausarbeiten ebenso wie Bachelor- und Masterarbeiten. Er stellt Förderanträge, bespricht sich mit Kooperationspartnern, füllt daraus entstehende Projekte mit Leben, macht die neuen Angebote den Studierenden zugänglich und koordiniert die Termine. Außerdem ist er für Angelegenheiten der Hochschulverwaltung zuständig und diskutiert in Gremien beispielsweise Fragen zur Prüfungsordnung.

„Damit sind die in meinem Vertrag vorgesehenen 20 Wochenstunden meist schon mehr als ausgefüllt“, sagt Martin Schulze. „Für die Promotion, die als Voraussetzung an meine aus Landesmitteln finanzierte Stelle gekoppelt ist, nutze ich daher oft meine Freizeit“, erklärt der 35-Jährige. Sein Vertrag war zunächst auf zwei Jahre befristet und wurde nun schon zweimal verlängert, auf bisher insgesamt fünf Jahre.

Fristverlängerung durch Kinder

Insgesamt sechs Jahre sind normalerweise bei einer Promotion möglich, doch Martin Schulze hat zwei Kinder – zwei und vier Jahre alt. Für jedes sind gesetzlich zwei Jahre extra an Fristverlängerung möglich. „Als ich Vater wurde, hatte ich den Vertrag schon unterzeichnet. Ansonsten hätte ich es mir wegen der damit verbundenen Unsicherheiten wohl nochmal überlegt“, resümiert er. „Bei Bekannten von mir aus Forschungsprojekten hat es die Familienplanung allerdings massiv beeinträchtigt, bis hin zum Verzicht auf Kinder.“

Als einen gewissen Vorteil an der Befristung sieht er, dass man dadurch auch für die Dissertation einen klaren Zeitrahmen gesetzt bekommt. „Ansonsten würde es sich bei einigen vermutlich noch länger hinziehen und die akademische Karriere ist dann irgendwann ohnehin gelaufen.“ Sein Ziel ist nun, die Promotion abzuschließen – nach einer weiteren Vertragsverlängerung, die allerdings sowohl vom Willen der Vorgesetzten als auch der Hochschulleitung abhängig ist. „Und dann vermutlich auch ein anderes Arbeitsfeld mit besseren und unbefristeten Arbeitsverträgen zu suchen.“

Gründe für Befristungen

Ein Foto von Kerstin Plack Ein Foto von Kerstin Plack

Kerstin Plack

So wie Martin Schulze geht es vielen an deutschen Hochschulen, aber auch in der freien Wirtschaft und im öffentlichen Dienst. Kerstin Plack, Referentin für Arbeits- und Tarifrecht bei der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), erklärt: „Unter befristeter Beschäftigung versteht man, wenn zu Jobbeginn vereinbart wird, wann das Arbeitsverhältnis enden soll.“ Die Expertin unterscheidet dabei zwei Formen von Befristungen: solche mit gesetzlich geregeltem Sachgrund und die sogenannten kalendermäßigen Befristungen.

Welche Sachgründe eine Befristung rechtfertigen können, ergibt sich laut Kerstin Plack beispielhaft, aber nicht abschließend aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz: „Dazu gehören beispielsweise die Erprobung, die Beschäftigung im Anschluss an eine Ausbildung, ein vorübergehender betrieblicher Bedarf oder Vertretungsfälle etwa aufgrund einer Elternzeit oder zum Beispiel einer langandauernden Erkrankung eines Stammarbeitnehmers.“

Für eine kalendermäßige Befristung bedarf es keinem der genannten Gründe – sie kann für die Dauer von höchstens zwei Jahren eingegangen werden. „Das Arbeitsverhältnis kann bis zu dieser Höchstdauer bis zu dreimal verlängert werden“, ergänzt Kerstin Plack. „Zuvor darf noch kein Arbeitsverhältnis zwischen den Vertragsparteien bestanden haben, ausgenommen sind Ausbildungsverhältnisse.“
Das sogenannte Wissenschaftszeitvertragsgesetz schafft weitgehende Befristungsmöglichkeiten für die Hochschulen. Solche Regelungen sind für die öffentliche Hand typisch; privaten Arbeitgebern sind diese aber verschlossen.

Statistik: Befristungen nehmen nicht zu

Viele Absolventen haben das Gefühl, dass die befristete Beschäftigung in Deutschland zunimmt, doch die Statistiken ergeben ein anderes Bild. Der Anteil der Befristungen an allen Beschäftigungsverhältnissen liegt hierzulande seit Jahren stabil bei unter zehn Prozent, zuletzt bei etwa sieben. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamts von 2019 hervor. „Befristete Arbeitsverhältnisse sind ein unverzichtbarer Jobmotor“, ist Kerstin Plack überzeugt und verweist auf Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2018. „Mehr als drei Viertel aller befristet Beschäftigten sind auch im Anschluss an die Befristung weiter beschäftigt; fast 45 Prozent werden unmittelbar in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Im Jahr 2009 lag dieser Wert noch bei knapp 30 Prozent.“

Die Befristung als Chance

Ein befristetes Arbeitsverhältnis und die Unsicherheit, wie es danach weitergeht, können Stressfaktoren für Arbeitnehmer sein. Doch eine Befristung bietet insbesondere Berufseinsteigern auch Chancen, wie Kerstin Plack bestätigt. „Befristete Beschäftigung baut Brücken in den Arbeitsmarkt insbesondere für die Menschen, die es schwerer haben, einen Job zu finden. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn jemand kaum qualifiziert ist oder wenig Arbeitserfahrung vorweisen kann. Dann bieten befristete Arbeitsverhältnisse die Möglichkeit, sich zu beweisen, dazuzulernen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln.“

Für eine befristete Beschäftigung gilt – wie für jedes andere Beschäftigungsverhältnis auch: „Wer lernwillig, engagiert und zuverlässig ist, hat nicht zuletzt wegen des wachsenden Fachkräftemangels sicher gute Karten“, stellt die Expertin fest, „zumindest solange eine Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist.“ Betriebliche Gründe können zum Beispiel dann vorliegen, wenn Aufträge nicht in dem erhofften Maß eingehen, ein Projekt beendet ist oder jemand aus der Elternzeit zurückkommt. Aber auch dann ist man durch die neu erworbene Arbeitserfahrung am Arbeitsmarkt sicherlich besser aufgestellt als vorher.

Weitere Informationen

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Infoportal der Bundesagentur für Arbeit zu Ausbildung, Studium und Weiterbildung:

https://infosys.iab.de/infoplattform

Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände

arbeitgeber.de

Teilzeit- und Befristungsgesetz

gesetze-im-internet.de/tzbfg