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Seit der Reform des Psychotherapeutengesetzes hat sich der Ausbildungsweg in die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie verändert. abi» erklärt, welche Studiengänge und Weiterbildungen jetzt zu dem Berufsziel führen.
„Psychotherapie für Kinder und Jugendliche ist anders als Therapie für Erwachsene“, fasst Bettina Meisel, Vorsitzende der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland e.V. (VAKJP) zusammen. „Wichtig ist, einen Zugang zu den Kindern zu finden. Das gelingt in dem jungen Alter nicht nur im Gespräch. Kinder drücken sich besonders über Spiel, Malen oder in der Bewegung aus. Außerdem erweitert sich die Arbeit auf die Bezugspersonen, meistens die Eltern, die ebenfalls in die Therapie miteinbezogen werden.“
Belohnt wird man nach der langen Aus- und Weiterbildung mit einem spannenden, lebendigen Beruf, in dem man viel bewirken kann.
Bettina Meisel
Seit der Reform des Psychotherapeutengesetzes zum 1. September 2020 hat sich die Aus- und Weiterbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin oder zum -therapeuten grundlegend geändert. Bisher konnte man auch über andere Studiengänge, zum Beispiel Pädagogik, in den Beruf gelangen. Jetzt ist das Bachelorstudium der Psychologie für alle mit Berufswunsch Psychotherapie verpflichtend. Dabei ist aber nicht jeder Studiengang geeignet: „Der Weg in die Psychotherapie führt nur über Bachelorstudiengänge, die Module in Klinischer Psychologie anbieten. Das sollte man vor dem Studium unbedingt überprüfen“, rät Bettina Meisel. „Außerdem sind Psychologiestudiengänge NC-Fächer und somit zulassungsbeschränkt. Im Bachelorstudium wird ein Orientierungspraktikum gefordert, das vor dem Studienbeginn absolviert werden kann. Wer schon weiß, dass die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen infrage kommt, kann hier erste praktische Erfahrungen sammeln.“
Der Bachelorstudiengang hat eine Regelstudienzeit von sechs Semestern und ist ein sogenannter polyvalenter Studiengang. „Das heißt, dass Grundlagen vermittelt werden. So behandelt man unter anderem die Verfahrensvielfalt bei den psychotherapeutischen Ansätzen und qualifiziert sich mit diesem Studiengang für verschiedene Bereiche in der Psychologie“, erläutert die Expertin der VAKJP. „Damit kann man später genauso im Bereich der Arbeits- oder experimentellen Psychologie tätig werden. Wer in die Psychotherapie möchte, muss darauf achten, genügend Module in Klinischer Psychologie zu belegen. Was genau da gefordert ist, steht in der Approbationsordnung. Die Belegung dieser Lehrveranstaltungen ist Voraussetzung, um dann den Masterstudiengang in Klinischer Psychologie und Psychotherapie beginnen zu können.“
Nach dem allgemeinen Bachelorstudiengang folgt der spezialisierte Master mit vier Semestern Regelstudienzeit. Hier wird die wissenschaftliche Fundierung des Faches genauso gelehrt wie die Anwendung in Seminaren und Praktika. „Man bekommt einen vertieften Einblick in die unterschiedlichen Methoden der Psychotherapie“, erklärt Bettina Meisel. „Im Gesundheitssystem derzeit anerkannt sind die analytische, die tiefenpsychologische, die systemische und die Verhaltenstherapie. Die Verfahren werden mit unterschiedlichem Schwerpunkt in den einzelnen Studiengängen gelehrt. Meistens steht an den Universitäten die Verhaltenstherapie im Fokus. Man sollte also bei der Auswahl des Studiengangs darauf achten, dass der Bereich, für den man sich besonders interessiert, an der ausgewählten Hochschule auf dem Lehrplan steht.“
Nach bestandenem Masterstudiengang erfolgt die Approbationsprüfung. Sie findet in Form einer Parcours-Prüfung statt, in der die Absolventinnen und Absolventen mehrere Anwendungsaufgaben mit Schauspielpatientinnen und -patienten absolvieren müssen. So wird beispielsweise die Gesprächsführung in einem Erstgespräch bewertet. „Ein Vorteil des neuen Verfahrens ist, dass die Studierenden nach dem Studium auf die Praxis besser vorbereitet sind als früher“, sagt die Expertin.
Ist diese Prüfung bestanden, folgt eine neue Form der Qualifizierung. Als Psychotherapeut/in in Weiterbildung arbeitet man mindestens fünf Jahre in der Versorgung. Erst hier erfolgt die Spezialisierung auf Kinder und Jugendliche. „Neben dem Altersgebiet spezialisiert man sich mit der Wahl seiner Weiterbildung auch auf ein oder eventuell zwei Psychotherapieverfahren“, erläutert Bettina Meisel. „Man vertieft Theorie zum gewählten Gebiet, macht Selbsterfahrung in dem gewählten Psychotherapieverfahren und arbeitet unter Supervision. So führt man Erstgespräche, erstellt Diagnostiken und beginnt erste Behandlungen.“
Neu ist dabei, dass man in dieser Weiterbildungszeit bereits gemäß seiner Qualifizierung bezahlt werden soll. Wenn man in Vollzeit arbeitet, absolviert man mindestens zwei Jahre in einer Klinik und mindestens zwei Jahre im ambulanten Bereich. Ein weiteres Jahr kann man zwischen den beiden Gebieten wählen oder in einer Institution, zum Beispiel einer Erziehungsberatung, arbeiten. Die Weiterbildung ist aber auch in Teilzeit möglich, dann verlängert sich die Zeit entsprechend. Es dauert mindestens zehn Jahre, bis die Ausbildung (Studium und Weiterbildung) komplett abgeschlossen ist.
„Man braucht einen langen Atem, um Psychotherapeutin oder -therapeut für Kinder und Jugendliche zu werden“, weiß die Expertin der VAKJP. „Ich rate sogar dazu, sich ein bisschen mehr Zeit zu nehmen, besonders für die Weiterbildung. Die Arbeit beinhaltet auch einen persönlichen Reifungsprozess. Sich dafür Zeit und Raum zu geben, kann helfen, Inhalte und Eindrücke vertiefend zu verarbeiten und damit wichtige reflektorische Fähigkeiten zu entwickeln.“ Studieninteressierte für Psychotherapie im Bereich Kinder und Jugendliche sollten außerdem Empathie und Einfühlungsvermögen mitbringen und bereit sein, sich auf die kindlichen Kommunikationsweisen und die Arbeit mit den Eltern einzustellen.
„Selbsterfahrung und Supervision sind zentrale Faktoren für die Entwicklung einer Psychotherapeutischen Identität. Man sollte sich auf viel Arbeit einstellen – auch an sich selbst“, sagt Bettina Meisel. „Belohnt wird man nach der langen Aus- und Weiterbildung mit einem spannenden, lebendigen Beruf, in dem man viel bewirken kann. Gerade in dem frühen Alter der Patientinnen und Patienten hat man gute Möglichkeiten, Entwicklungen zu beeinflussen, gesunde Anteile zu fördern und jahrelange Leidensgeschichten zu verhindern.“
Datenbank der Bundesagentur für Arbeit mit Informationen zu Tätigkeiten und Zugangsvoraussetzungen einzelner Berufe (Suchwort Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/in)
www.berufenet.arbeitsagentur.de
Hier kannst du nach Studiengängen und -orten in ganz Deutschland suchen (Suchworte: Psychologie, Psychotherapie).
www.arbeitsagentur.de/studiensuche
Das Portal der Bundesagentur für Arbeit und der Stiftung für Hochschulzulassung informiert dich über Studienfelder und Studienmöglichkeiten, hier: Psychologie.
www.studienwahl.de
Diese Seite der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) erklärt die Psychotherapie-Gesetzesreform.
dgps.de/schwerpunkte/psychotherapie-gesetzesreform
dptv.de/psychotherapie/kinder-und-jugendlichenpsychotherapie
Stand: 14.12.2022
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