Berufe rund um Textilien:
Faszination Modebranche
Die meisten von uns kaufen regelmäßig Kleidung. Wie aber entsteht ein Kleidungsstück? Und wer ist am Entstehungsprozess beteiligt? Tatsächlich gibt es zahlreiche Berufe rund um Textilien, die die vielseitigen Facetten der Branche spiegeln.
Kleidung und Mode spielen in unseren Leben eine wichtige Rolle: in der Schule und im Job, in Musikclips und Fernsehsendungen, auf dem roten Teppich und der Theaterbühne. Auch deswegen träumen viele von einem Job in der Textil- und Modebranche. „Diese Berufe sind ein Dauerbrenner“, bestätigt Dr. Annette Linzbach, Studien- und Berufsberaterin der Agentur für Arbeit in Düsseldorf. „Was viele reizt, ist die Kreativität.“
Allerdings umfasst der Bereich mehr als nur das Design. „Es gibt zahlreiche Berufe, die technisch, naturwissenschaftlich oder betriebswirtschaftlich orientiert sind“, sagt Annette Linzbach. Grob könne man die Textil- und Modebranche daher in Modedesign, Modemanagement und Textiltechnik einteilen.
Dr. Annette Linzbach
Foto: Privat
Was bedeutet das genau? Kleidung wird von Designerinnen und Designern entworfen. Wird sie in Massenproduktion hergestellt, braucht man Fachleute, die diese Maschinen entwickeln und warten können. Geht es um moderne Fasern, zum Beispiel für Funktionskleidung, muss die Reißfestigkeit dieser Materialien getestet werden – dabei kann physikalisches Wissen erforderlich sein. Nicht zu vergessen: Die Kleidung muss von Geschäften eingekauft und dann an die Kundschaft verkauft werden. „Da ist betriebswirtschaftliches Know-how gefragt“, betont Annette Linzbach.
Traditionell sind es Ausbildungsberufe, die in die Jobs rund um Textilien führen. „Der Klassiker ist Maßschneiderin und Maßschneider“, weiß die Berufsberaterin. Früher seien sie besonders gefragt gewesen, als wohlhabende Leute sich ihre Kleidung individuell nähen ließen. Auch heute noch sind sie in Ateliers, Theatern oder Opernhäusern tätig, fertigen maßgeschneiderte Herrenanzüge, Hochzeitskleider oder Kostüme und passen sie an.
Modistin beziehungsweise Modist ist ein weiterer Handwerksberuf, umgangssprachlich häufig als Hutmacherin und Hutmacher bezeichnet. Hinzu kommt die Ausbildung zur Sattlerin und zum Sattler der Fachrichtung Feintäschnerei, die sich unter anderem mit der Herstellung von Taschen und Kleinlederwaren beschäftigt. Produktgestalterinnen und Produktgestalter Textil hingegen kümmern sich um die Erstellung von Stoffmustern. Einen ganz anderen Schwerpunkt haben Textillaborantinnen und -laboranten: Sie prüfen zum Beispiel Garne und Stoffe auf Schadstoffe. Denkt man an den Verkauf der Kleidung, ist die Ausbildung zur Handelsfachwirtin und zum Handelsfachwirt eine beliebte Option für Abiturientinnen und Abiturienten. Hier wird man auch für Führungsaufgaben qualifiziert.
Die Modebranche hat sich in den vergangenen Jahrzehnten – wie viele andere Branchen aus dem Bereich „Produktion und Fertigung“ – stark verändert. „In Deutschland wird nur noch wenig produziert, stattdessen wurde viel in Billiglohnländer ausgelagert“, nennt Annette Linzbach ein Beispiel. Das wiederum hat es ermöglicht, dass sich „Fast Fashion“ etablieren konnte: Spezialisierte Modeketten bringen in sehr kurzer Zeit viele neue Kollektionen auf den Markt, die zu niedrigen Preisen angeboten werden können. Von Nachteil ist aber, dass die Bekleidung meist unter miserablen Arbeitsbedingungen im Ausland hergestellt wird. Außerdem halten die Stücke aufgrund der schlechten Qualität oft nicht lange und werden schnell durch neu produzierte Ware ersetzt.
Das Gegenteil davon ist Green oder Fair Fashion: nachhaltige und ökologisch hergestellte Mode. Immer mehr große Modemarken entdecken diesen Bereich für sich. Aber auch mittelständische und kleine Unternehmen sowie Start-ups sind hier aktiv. Für Modedesignerinnen und -designer, Technikerinnen und Techniker oder Produktmanagerinnen und -manager bietet sich dort die Chance, dem Fast-Fashion-Trend entgegenzuwirken. „Nachhaltigkeit ist in der Modebranche ein großes Thema“, bestätigt Berufsberaterin Annette Linzbach. Als Beispiel nennt sie die Kleidung aus recycelten PET-Flaschen. „Das erfordert Fachleute, die sich mit der Entwicklung dieser Kunstfasern auskennen und sie so produzieren, dass sie belastbar sind.“
Was den Verkauf von Textilien angeht, ist der Onlinehandel, der durch die Pandemie noch stärker gewachsen ist, ein entscheidender Faktor. „Das hat den Handel enorm verändert, weil sich nun alles mehr ins Internet verlagert“, weiß Annette Linzbach. Die Ware muss dadurch kleinteiliger verpackt werden – was neben der Frage der Umweltfreundlichkeit auch eine logistische Herausforderung ist.
All das seien auch Gründe, warum es im Modebereich – neben den Ausbildungsberufen – mittlerweile so viele Studienangebote gibt, darunter Modedesign oder Textiltechnik. „Dabei muss man darauf achten, dass einige dieser Studiengänge an privaten Hochschulen angeboten werden und man dafür teilweise viel Geld bezahlen muss“, erklärt Annette Linzbach. Zudem gibt es meist Eignungstests, auf die man sich gut vorbereiten muss.
So unterschiedlich die Berufe sind, so verschieden sind auch die Anforderungen: Wer für den Einkauf zuständig ist oder die Wartung von Maschinen, muss bereit sein, hin und wieder in andere Länder zu reisen und auf Englisch verhandeln können. Ein Großteil der hier verkauften Bekleidung wird im Ausland angefertigt, insbesondere in China, Bangladesch, in der Türkei sowie in verschiedenen EU-Ländern. Ist man im Handel und mit Kundinnen und Kunden tätig, sollte man darauf eingestellt sein, an den Wochenenden zu arbeiten.
Als Modedesignerin oder -designer alle künstlerischen Freiheiten zu haben: Das sei ein Traum, den es in der Realität meist nicht gebe, sagt die Berufsberaterin. Gerade wenn man angestellt sei, müsse man sich selbst zurücknehmen können, um die Anforderungen der Arbeitgeber zu erfüllen. „Wichtig ist in den meisten Berufen auch ein gewisses wirtschaftliches Denken“, betont Annette Linzbach. Immerhin müsse die Kleidung am Ende des Tages gewinnbringend verkauft werden.
BERUFENET
Die Webseite der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild (Suchworte zum Beispiel: Maßschneider/in, Modedesigner/in).
www.arbeitsagentur.de/berufenet
BERUFE.TV
Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet 350 Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge.
www.berufe.tv
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