Ausbildung in Teilzeit – Interview: „Entscheidend ist der Eindruck im persönlichen Gespräch“

Anke Paul: Häufig sind es familiäre Gründe: Man hat nach der Schule den Anschluss an eine berufliche Qualifizierung verpasst und will eine Ausbildung aufnehmen, wenn schon kleine Kinder zu betreuen sind oder Angehörige Pflege brauchen. Auch aus gesundheitlichen Gründen oder wegen psychischer Belastung kann es schwierig sein, den ganzen Tag in der Ausbildung zu verbringen. Die Teilzeitausbildung ist auch interessant, wenn man Leistungssport betreibt.

Anke Paul: Seit 2020 muss für eine Ausbildung in Teilzeit kein berechtigtes Interesse mehr nachgewiesen werden. Den Wunsch sollte man aber beim Ausbildungsbetrieb begründen, da dieser zustimmen muss.

Anke Paul: Grundsätzlich können alle dualen Ausbildungen in Teilzeit absolviert werden. Für schulische Ausbildungen, zum Beispiel in der Pflege, gelten besondere Regeln, die man erfragen muss.

Anke Paul: Die wöchentliche Arbeitszeit kann man maximal um 50 Prozent verkürzen. In der Praxis sind es meist zwischen 20 und 40 Prozent. Diese Verkürzung verlängert die Gesamtausbildungsdauer automatisch, maximal auf das Anderthalbfache der regulären Ausbildungszeit. Bei einer Arbeitszeit von 50 Prozent dauert die Ausbildung dann beispielsweise viereinhalb statt drei Jahre. Eine individuelle Verkürzung ist möglich, wenn jemand Abitur, eine bereits abgeschlossene Ausbildung oder einschlägige Berufserfahrung hat. Auch Lebenserfahrung, wie etwa die Organisation einer eigenen Familie, kann bei Verhandlungen der Ausbildungsdauer mit dem Betrieb helfen. Voraussetzung ist die Zustimmung der zuständigen Kammer. Wichtig ist: Die reduzierte Wochenarbeitszeit betrifft nur den Teil der betrieblichen Ausbildung. Die Berufsschule muss in der Regel in Vollzeit besucht werden; es gibt nur in wenigen Berufsfeldern Teilzeitklassen.

Anke Paul: Nein, man kann in beide Richtungen flexibel wechseln. Wer in der Ausbildung ein Kind bekommt, kann mit dem Betrieb einen Wechsel in Teilzeit vereinbaren. Umgekehrt kann man die Stunden erhöhen oder von Teilzeit auf Vollzeit wechseln, wenn man merkt, dass die Anforderungen gut bewältigt werden können. Wichtig ist stets ein offener Austausch mit dem Ausbildungsbetrieb.

Anke Paul: Wie bei jeder Bewerbung gilt: Man sollte die Stärken und Kompetenzen hervorheben. In der schriftlichen Bewerbung muss man den Wunsch nach Teilzeit nicht gleich ansprechen und sich auch nicht abschrecken lassen, wenn die Ausbildung nur in Vollzeit ausgeschrieben ist. Entscheidend ist der Eindruck im persönlichen Gespräch. Betriebe sind oft bereit, für motivierte und kompetente Bewerberinnen und Bewerber flexible Lösungen zu finden, die ihre persönliche Lebenssituation berücksichtigen.