zum Inhalt

Lehr- und Lernräume an Hochschulen – Interview: „Das Beste aus beiden Welten“

Corona hat die Lehre an den Hochschulen nachhaltig verändert. Im Interview mit abi» spricht Anne Prill, Projektmanagerin beim Hochschulforum Digitalisierung am CHE Centrum für Hochschulentwicklung, über digitale Studienformen.

Vier junge Leute besprechen sich nach einer Präsentation.

abi» Frau Prill, wie hat sich die Hochschullehre durch Corona verändert?

Anne Prill: In einem großen Kraftakt haben die Hochschulen sehr schnell Online-Seminare und -Vorlesungen konzipiert und in großer Menge Lizenzen für Videokonferenz-Tools gekauft. Damit wollten sie gewährleisten, dass die Veranstaltungen überhaupt stattfinden konnten.

abi» Wie hat sich das Ganze dann weiterentwickelt?

Anne Prill: Natürlich finden heute wieder mehr Präsenzveranstaltungen statt. Aber in einer Studie haben wir herausgefunden, dass viele Hochschulen mittlerweile nicht mehr nur reine Präsenzformate anbieten, sondern ihre Veranstaltungen durch digitale Medien anreichern. Denn in der Pandemiezeit haben viele Lehrende Formate ausprobiert, die sich bewährt haben und die sie jetzt weiterentwickeln möchten.

abi» Welche digitalen Studienformen gibt es?

Anne Prill: Wir sehen viele Mischformate, zum Beispiel Blended Learning: Studierende schauen sich zur Vorbereitung aufgezeichnete Vorlesungen oder andere Lehrmaterialien an und nutzen dann die Präsenzzeit vor Ort für Austausch, Diskussionen oder Projektarbeit. Für manche Studiengänge bieten sich, in Absprache mit den Studierenden, weiterhin reine Onlineformate an. Außerdem hat sich vielerorts die hybride synchrone Lehre durchgesetzt: Vorlesungen finden vor Ort statt und werden parallel gestreamt, sodass auch Studierende, die nicht an den Hochschulen sind, teilnehmen können. Darüber hinaus werden Lernmanagementsysteme häufiger genutzt, auf die unter anderem Vorlesungsfolien, Aufgaben oder Videos zum Selbststudium hochgeladen werden. Auch Chatfunktionen und der gemeinsame Zugriff auf Dokumente erleichtern die digitale Zusammenarbeit.

abi» Welche Vor- und Nachteile hat diese Entwicklung?

Anne Prill: Studierende, die familiäre Verpflichtungen oder eine lange Anfahrt haben oder die im Ausland leben, können durch die Digitalisierung an den Lehrveranstaltungen teilnehmen. Allerdings ist der persönliche Austausch in der Hochschule weiter enorm wichtig und darf in Zukunft bei aller Digitalisierung nicht vernachlässigt werden. Hochschulen sind nach wie vor Präsenzorte.

abi» Was wünschen Sie sich für die weitere Entwicklung der Hochschullehre?

Anne Prill: Ich wünsche mir das Beste aus beiden Welten: digitale Inhalte bereitstellen, aber sich dann zusätzlich treffen, um gemeinsam zu lernen. Hochschulen müssen hier noch flexibler werden: weg von standardisierten Hörsälen und Seminarräumen, hin zu mehr Raumvielfalt wie Lerncafés, Projekträume oder Werkstätten. Da das alles für die Hochschulen viele Veränderungen mit sich bringt, wünsche ich mir auch von den Studierenden Geduld, wenn anfangs nicht immer alles glattläuft. Alle sollten Freude daran haben, gemeinsam neue Wege des Lehrens und Lernens zu entwickeln.

Zur Person

Porträt-Foto von Anne Prill Porträt-Foto von Anne Prill

Anne Prill ist Projektmanagerin beim Hochschulforum Digitalisierung am CHE Centrum für Hochschulentwicklung.