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Körpersprache: „Sei einfach, wie du bist“

Nicht nur was wir sagen, sondern auch das, was in unserer Mimik, im Blickkontakt, in Gestik und Körperbewegung mitschwingt, spiegelt unsere Persönlichkeit wider. Wie wir mithilfe unserer Körpersprache – nicht nur im Vorstellungsgespräch – nonverbale Signale senden und warum sich diese nur schwer steuern lassen, erläutert der Psychologe, Autor und Coach Markus Väth.

Wir kommunizieren nicht nur sprachlich, sondern auch durch Mimik, Gestik, Körperhaltung und -bewegung.

abi» Herr Väth, wir kommunizieren, auch wenn wir gerade nichts sagen. Wie das?

Markus Väth: Jeder Mensch sendet neben dem, was er sprachlich mitteilt, bestimmte Signale. Wir sprechen zusätzlich zu inhaltlichen Äußerungen nonverbal mit unserem Körper – durch Mimik, Gestik, Körperhaltung und -bewegung.

abi» Viele haben die Sorge, dass sich ihre Körpersprache – etwa in Vorstellungs­gesprächen – negativ auf das Gesagte auswirkt, weil sie mit dem Fuß wippen oder die Arme verschränken. Beides gilt ja als No-Go, oder?

Markus Väth: Man sollte sich nicht zu viele Sorgen darüber machen, wie bestimmte Verhaltensweisen gedeutet werden könnten. Zuschreibungen wie „No-Go“ empfinde ich als problematisch. Da geistert viel Pseudowissen umher – im Internet, aber auch durch Personaler-Köpfe. Es ist schwierig, Körpersignale zu interpretieren, gerade wenn man dem Gesprächspartner das erste Mal gegenübersitzt. So müssen verschränkte Arme nicht zwangsläufig Zurückweisung signalisieren. Ich selbst etwa nehme diese Haltung ein, wenn ich intensiv nachdenke. Das hat nichts mit Abwehr zu tun. Sitzt ein Bewerber beispielsweise etwas schief da, ist das nicht zwingend mangelndem Respekt und Desinteresse geschuldet, sondern kann einfach nur bedeuten, dass das Hotelbett unbequem war.

abi» Kann man auf seine Körpersprache überhaupt einwirken?

Markus Väth: Körpersprache lässt sich nur äußerst schwer trainieren. Und in Vorstellungsgesprächen schaltet der Stress einstudierte Körpersprache oft schlicht aus. Daher ist es schwierig, seine nonverbale Kommunikation bewusst zu beeinflussen.

abi» Man kann sich also positiv wirkende Signale nicht antrainieren?

Markus Väth: Klar kann man versuchen, Gestik und Mimik gezielt einzusetzen – verbal auf den Gesprächspartner einzugehen und gleichzeitig all das Nichtgesagte, das nebenher mitschwingt, zu kontrollieren und zu steuern, erfordert jedoch jahrelanges konsequentes Üben. Sonst wirkt es schnell künstlich und wenig überzeugend. Es dauert, bis sich solche Verhaltensweisen einschleifen und in Situationen, in denen wir unter Druck stehen, abgerufen werden können. 

abi» Also darf die Mimik Ihrer Meinung nach auch mal entgleisen und das Lächeln verrutschen?

Markus Väth: Meiner Meinung nach ja. Ein eingefrorenes, angespanntes Passfotolächeln wirkt wenig authentisch. Da lächelt nur der Mund, die Augen jedoch nicht, das bleibt dem Gesprächspartner nicht verborgen und verwirrt eher. Ein Funke springt so nicht über.

abi» Und wie verhält es sich mit nervösem Zappeln oder wildem Gestikulieren?

Markus Väth: Gesten unterstreichen ja im besten Fall das Gesagte. Nimmt das Herumfuchteln und Zappeln jedoch überhand, kann es helfen, die Bewegung zu kanalisieren. Zum Beispiel indem man einen Stift in den Händen hält. 

abi» Und was wollen Sie jungen Menschen sonst noch mitgeben, die vor ihrem ersten Vorstellungsgespräch stehen?

Markus Väth: Seid einfach, wie ihr seid. Viel wichtiger als einstudierte körpersprachliche Verhaltensweisen sind die Grundregeln der Höflichkeit. Ein Händedruck zur Begrüßung, dem Gegenüber dabei in die Augen schauen – das kann man in der Familie oder im Supermarkt üben – und sich auf einen kurzen Smalltalk einlassen ist die halbe Miete für einen gelungenen Gesprächsbeginn. Das beste Mittel, die Körpersprache zu verbessern, ist, voller Selbstvertrauen in das Gespräch zu gehen. Wenn man von seinen Fähigkeiten überzeugt ist, dann strahlt man auch leichter Souveränität aus.

Der abi» Experte

Porträt-Foto von Markus Väth Porträt-Foto von Markus Väth

Porträt-Foto von Markus Väth

Markus Väth gilt als einer der führenden Köpfe der New-Work-Bewegung in Deutschland. Er ist Gründer und Geschäftsführer der auf New Work spezialisierten humanfy GmbH und Verfasser der New Work Charta. Er hat mehrere Bücher zu New Work und Management verfasst und ist Lehrbeauftragter für New Work und Organisationsentwicklung an der Technischen Hochschule Nürnberg.