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Mobbing, Lernschwierigkeiten, körperliche Krankheit oder psychische Probleme – es gibt vielfältige Gründe, weshalb Schülerinnen und Schüler einen Schulwechsel in Erwägung ziehen. In welchen Situationen ein Schul(art)wechsel sinnvoll sein kann, was dabei zu beachten ist und an wen du dich wenden kannst, wenn du erwägst, die Schule zu wechseln, erfährst du in dieser Folge von ab(i)checken.
Gründe für einen Schul(art)wechsel können sein, dass sich die eigenen Ziele verändert haben oder man sich an der gewählten Schule nicht mehr wohlfühlt und dort nicht mehr gut lernen kann.
Tobias Hindemitt, Beratungslehrkraft
Jingle: abi» - dein Podcast für die Berufsorientierung.
abi»: Hallo und herzlich willkommen zu deinem abi» Podcast. Mein Name ist Elena und ich habe mich heute mit dem Beratungslehrer Tobias Hindemitt zum Thema Schulwechsel unterhalten. In dieser Folge ab(i)checken erfährst du, wann ein Schulwechsel sinnvoll und was dabei zu beachten ist, aber auch an wen du dich wenden kannst, wenn du erwägst, die Schule zu wechseln. Viel Spaß beim Zuhören.
Herr Hindemitt, in welchen Situationen bzw. aus welchen Gründen ist ein Schulwechsel Ihrer Meinung nach sinnvoll?
Tobias Hindemitt: Zunächst einmal, wenn sich die Ziele geändert haben. Man hat ja die Schulart, die man im Moment besucht, mit einem gewissen Ziel ausgewählt. Und ich sage jetzt mal zum Beispiel ganz plakativ „Ich möchte Rechtsanwalt werden. Deswegen gehe ich aufs Gymnasium“. Wenn man im Laufe der Schullaufbahn feststellt, dass das vielleicht doch nicht das Ziel ist, das man verfolgen möchte, sondern man möchte sich lieber handwerklich betätigen oder in einen Ausbildungsberuf gehen. Dann ist es aus meiner Sicht nicht sinnvoll, auf Biegen und Brechen an der gewählten Schule festzuhalten, wenn man das eigentlich nicht braucht. Denn das kann recht schnell auch dazu führen, dass die Motivation abfällt. Das wäre ein Grund, warum ich mir den Schulartwechsel vorstellen könnte. Ein anderer Grund ist einfach: Wenn man sich an der einmal gewählten Schule nicht mehr wohlfühlt, wenn man dort nicht mehr gut lernen kann, dann kann man über einen Schulartwechsel nachdenken. Das kann zum Beispiel sein, wenn man sich überfordert fühlt, wenn dauerhaft Erfolgserlebnisse in der Schule ausbleiben. Aber das kann auch sein, wenn man sich unterfordert fühlt und wenn man sich mit den Lernangeboten der aktuellen Schule langweilt. Beides geht interessanterweise oft mit schlechten oder zumindest schlechter werdenden Noten in einem längeren Zeitraum einher. Und dann ist es sinnvoll, eben darüber nachzudenken, ob man noch an der richtigen Schule bzw. Schulart ist.
abi»: Und gibt es Situationen, wo ein Schulwechsel notwendig oder sogar unumgänglich ist?
Tobias Hindemitt: Ja, also das ist es immer dann, wenn die eingeschlagene Schullaufbahn, ich drücke es jetzt mal sehr technisch aus, nicht mehr mit dem geltenden Schulrecht vereinbar ist. Ein Beispiel ist das Wiederholungsverbot bei Nichterreichen des Jahrgangsstufenziels in zwei aufeinanderfolgenden Jahrgangsstufen. Dann ist es so, dass die Schülerin oder der Schüler an der Schule nicht bleiben kann. Dagegen hat eine aufnehmende Schule unter Umständen andere Vorrückungsvoraussetzungen oder kann eben von dieser Einschränkung befreien, wenn zum Beispiel die Lehrkräfte annehmen, dass die Schülerin oder der Schüler in der Schule gut bestehen kann.
abi»: Inwiefern kann zwischen Schularten der Sekundarstufe eins und zwei gewechselt werden, zum Beispiel, wenn eine Schülerin aus dem Gymnasium auf die Realschule wechseln möchte?
Tobias Hindemitt: Also es ist ja so, dass man, wenn man jetzt Mittelschule, Realschule und Gymnasium nimmt, von starker Praxis und Berufsorientierung an der Mittelschule und eben einem geringen theoretischen Anteil hin zu einer geringer werdenden Praxis und Berufsorientierung und dem hohen theoretischen Anspruch am Gymnasium geht. Wenn man von Mittelschule über Realschule zum Gymnasium geht, dann wird der Stoffumfang eben immer höher, also zum Beispiel am Gymnasium dann mindestens eine zweite Fremdsprache. Und wenn man sich da die Richtungen anschaut, wohin es gehen soll oder gehen kann, dann ist ein Wechsel hin zu mehr Praxisbezug und weniger Theorie immer einfacher als andersherum. Also zunächst einmal findet in diesen Fällen üblicherweise keine Aufnahmeprüfung statt. Gegebenenfalls fallen auch Fächer weg. Wenn man jetzt einen Wechsel vom Gymnasium hin zur Realschule anschaut, dann fällt zum Beispiel in aller Regel die zweite Fremdsprache weg, wenn die schon eingesetzt hat. Dann wurde der Stoff in den übrigen Fächern zum Teil weniger vertieft unterrichtet. Und es sind dann in aller Regel nur Fächer nachzulernen, die profilbildend für die Schule oder für den jeweiligen Ausbildungszweig sind.
abi»: Was würden Sie einer Schülerin oder einem Schüler raten, die oder der erwägt, die Schule zu wechseln, zum Beispiel aufgrund von psychischer Erkrankung oder aufgrund von Mobbing?
Tobias Hindemitt: Also im Fall von einer psychischen Erkrankung, würde ich jetzt gerne ganz konkret auf die Beratungsfachkräfte verweisen. Also im Fall einer psychischen Erkrankung, die ja schon, oder hoffentlich, in medizinischer Behandlung ist, ist einfach die Schulpsychologin oder der Schulpsychologe gefragt, weil die gut mit den betroffenen Schülerinnen oder Schülern abklären können, was wirklich hilfreich ist. Also aus meiner Sicht ist es zunächst einmal wichtig, dass die Gesundheit an erster Stelle steht, also auch die Genesung , und die Schullaufbahn grundsätzlich eher in den Hintergrund rückt. Und wenn zum Beispiel in der schulischen Situation, ein gewisser Druck, von innen oder von außen, die Krankheit begünstigt oder die Genesung behindert, dann kann es sinnvoll sein, die Schulart zu wechseln, um eventuell den Druck rauszunehmen oder auch um die Schullaufbahn absehbar zu machen. Also, dass man zum Beispiel sagt, dass das Ende der Schullaufbahn nicht erst in drei, vier oder fünf Jahren, sondern vielleicht schon in ein oder zwei Jahren ist. Das wäre vielleicht eine Möglichkeit. Und da ist es wichtig, dass das eine ausgebildete Beratungsfachkraft, also eine Schulpsychologin oder ein Schulpsychologe mit der Schülerin oder dem Schüler abklärt, was da sinnvoll ist. Bei Mobbing sehe ich es noch mal ein bisschen anders. Ich würde sagen, Mobbing sollte kein Grund sein, die Schule zu wechseln und erst recht nicht die Schulart, weil das Mobbing aus vielen Gründen an der Schule behandelt werden sollte, thematisiert werden sollte und da auch interveniert werden sollte, damit das aufgearbeitet und beendet wird. Und erst wenn diese Mittel nicht wirken, dann könnte ich mir vorstellen, dass ein Schulwechsel in irgendeiner Weise hilfreich sein könnte. Aber das wäre für mich die allerletzte Wahl. Da müssen vorher ganz viele andere Mittel ergriffen werden.
abi»: Und was würden Sie einer Person, die aufgrund von Lernschwierigkeiten die Schulart wechseln möchte, raten?
Tobias Hindemitt: Bei einer Überforderung mit dem Lernstoff oder bei großen Lücken im Vorwissen, zum Beispiel in der zweiten Fremdsprache am Gymnasium, kann dieser Wechsel hin zu Schularten mit weniger Theorie, zum Beispiel zur Realschule helfen, weil eben Fächer wegfallen und der Stoff weniger vertieft behandelt wird und einfach mehr Übungsmöglichkeiten da sind. Dann kann das wirklich hilfreich sein. Was Anderes ist es, wenn die Ursachen für die Lernschwierigkeiten woanders zu suchen sind. Also wenn zum Beispiel schlecht angepasste Lernstrategien bei der Schulart oder generell eine geringe Motivation für die Schule vorhanden sind. Die bleiben dann unter Umständen auch an einer neuen Schulart bestehen. Dann ist es eben möglicherweise sinnvoller, die Gründe zunächst an der derzeit besuchten Schulart zu bearbeiten.
abi»: Wenn ich mich als Schülerin oder Schüler dazu entschieden habe, die Schule zu wechseln, wie kann ich mich am besten auf eine neue Lernumgebung vorbereiten?
Tobias Hindemitt: Also ganz platt würde ich jetzt sagen: Unterhalte dich mit deinen Freundinnen oder Freunden, die an diese Schule gehen, schau in die Schulbücher rein, schau in die Hefte rein, um zu erfahren, wie sich der Stoff unterscheidet. Was aus meiner Sicht wesentlich hilfreicher ist, ist über diese veränderte Lernumgebung nachzudenken. Erst mal sich fragen „Was ist an der neuen Schule tatsächlich anders?“, „Gibt es eventuell ein anderes pädagogisches Konzept?“ Das sollte dann auch zu mir passen. Ich sollte mich darauf auch einlassen können. Sich die Frage stellen: „Was ist neu und was muss ich weiterhin beherzigen?“, „Was muss ich vielleicht an meinem Lernverhalten verändern?“, „Wo können andere Punkte sein?“, „Was sind meine Erwartungen an die neue Schule?“ Dann kommt auch ein Bewusstsein für diese neue Startchance. Lernen wird nirgends erspart bleiben. Das ist egal, in welche Richtung man wechselt. Also von den Schulen, die ich vorher genannt habe. Es werden immer neue Fächer da sein, also vor allem in höheren Jahrgangsstufen. Und dann, da muss man sich auch die Frage stellen: „Was muss ich noch lernen oder aufholen und bin ich dazu bereit?“ Wenn ich das nicht bin, wenn ich sage, das läuft alles wie bisher und ich verlasse mich darauf, dass das in dieser neuen Lernumgebung alles anders oder besser wird, dann ist das möglicherweise nicht von Erfolg begleitet.
abi»: Herr Hindemitt, herzlichen Dank für Ihre Expertise.
Tobias Hindemitt: Sehr gerne.
abi»: Weitere Beratungsthemen findest du auf abi.de > Unterstützung > abi» Coaching. Weitere Podcasts findest du auf abi.de > Interaktiv > Podcasts. Das war dein abi» Podcast. Redaktion und Produktion Elena Trautwein für den Meramo Verlag im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.
Beratungslehrkräfte an deiner Schule und an der Schule, an die du gerne wechseln möchtest, können dir bei deinem individuellen Anliegen helfen.
Dieses Interview wurde mit einem Beratungslehrer aus Bayern geführt. Bildung ist Ländersache – informiere dich daher bei einem möglichen Schulwechsel über die genauen Voraussetzungen in deinem Bundesland.
Stand: 14.11.2022
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