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Berufe jenseits des Schreibtischs: Tierpfleger – Zoo

Löwen, Leoparden und Lemuren – Tierpflegerinnen und -pfleger in Zoos kommen mit vielen exotischen Tierarten in Berührung. Sie füttern die Tiere, sorgen für Bereicherung in den Gehegen und kümmern sich, soweit es ihnen möglich ist, um eine artgerechte Haltung. Wie der Alltag von Tierpflegerinnen und Tierpflegern aussieht und ob sie doch ab und zu am Schreibtisch sitzen, erfahrt ihr im abi» Podcast.

  • Portrait von Benjamin S.

    Es gibt keine guten und keine schlechten Tiere, aber es gibt auf jeden Fall Lieblingstiere. Meines war Kalusho, unser Spitzmaulnashornmann. Dieses Tier ist eigentlich sehr gefährlich, aber wir hatten eine echt gute Verbindung.

    Benjamin Schröder, Tierpfleger im Zoo Frankfurt

Textversion des Podcasts zum Lesen (Audio-Transkript)

Jingle: abi», dein Podcast für die Berufsorientierung!

abi»: Herzlich willkommen zum abi» Podcast! Mein Name ist Klaus und ich habe mich heute mit Benjamin Schröder unterhalten, der Tierpfleger im Zoo Frankfurt ist. Löwen, Leoparden und Lemuren – Tierpflegerinnen und Tierpfleger in Zoos kommen mit vielen exotischen Tieren in Berührung. Sie füttern die Tiere, sorgen für Bereicherung in den Gehegen und kümmern sich, soweit es ihnen möglich ist, um eine artgerechte Haltung. Aber auch die Gesundheit der Tiere gehört zu ihren Aufgaben. Sie beobachten Verhalten und ihre physische Verfassung, um schnell auf Probleme reagieren zu können, und sie helfen gegebenenfalls bei der Aufzucht von Jungtieren. Aber wie der Alltag von Tierpflegerinnen und Tierpflegern tatsächlich aussieht und ob sie doch ab und zu am Schreibtisch sitzen, erfahrt ihr im abi» Podcast. Hallo Benny!

Benjamin Schröder: Hallo Klaus!

abi»: Wie bist du denn auf die Idee gekommen, Tierpfleger zu werden?

Benjamin Schröder: Also, ich bin als Kind sehr gerne in den Zoo gegangen und habe mir nicht nur die Tiere angeguckt, sondern auch diese Welten gut gefunden, dass ich irgendwie im Nachttierhaus war und dann wurde ein Dschungel nachgestellt und in der nächsten Anlage waren Steinlandschaften und Wüstenlandschaften, und auch diese Welten drumrum und die Tiere. Ja, das hat mich irgendwie fasziniert, da wollte ich irgendwie wissen: „Wie macht man das, wer macht so was?“ Und als ich dann im Schulpraktikum war, habe ich damals gesagt: „Oh, das gucke ich mir an, da gehe ich in den Opel Zoo.“ Und dann habe ich dort mein Schulpraktikum gemacht. Das hat mir tatsächlich sehr gut gefallen, sodass ich gesagt habe, ich mach da die Lehre.

abi»: Hast du im Arbeitsalltag dann mit allen möglichen Tieren zu tun oder hauptsächlich mit wenigen bestimmten Tierarten?

Benjamin Schröder: Das kommt ganz drauf an. Also, unser Job ist sehr, sehr vielseitig, und man kann sich irgendwie alle paar Jahre neu erfinden, und das, muss ich sagen, habe ich auch immer getan. Während der Lehre ist es so, dass man alles durchläuft. Man geht in jede Abteilung, die es gibt im Zoo, das heißt, man fängt an meistens bei den Huftieren und arbeitet mit den Giraffen und mit den Zebras, und dann steigert sich das peu à peu. Dann kommen irgendwann die Raubtiere dazu, dann kommen die Vögel dazu, die Fische, die Reptilien, die Affen, die Antilopen, die Bären, die Löwen, die Tiger. Und die Tiere, die wir nicht im Zoo haben, dass man mit denen auch mal gearbeitet hat, dafür geht man dann tatsächlich in andere Bereiche.

Das heißt, wir im Frankfurter Zoo zum Beispiel, wir haben keine Elefanten, die haben wir 1984 aus Platzgründen abgeschafft, aber ein fertiger Zoo-Tierpfleger muss auch mit Elefanten arbeiten können, und dafür gehen wir heute in den Kölner Zoo, dort arbeiten wir ein paar Wochen mit den Elefanten. Wir gehen in eine Falknerei, um auch mal das Leben eines Falkners mitzubekommen und mit den Greifvögeln mehr zu arbeiten. Wir sind auch mit Hufschmieden mitgegangen und haben uns den Alltag angeguckt. Außerdem haben wir hier im Zoo auch große Handwerksabteilungen, das heißt Schlosserei, Elektriker, Schreiner, Spengler, Maler, dafür haben wir eigene Menschen hier im Zoo. Und auch da läuft man während der Lehre mit, damit man kleine Handwerkstätigkeiten machen kann, ohne gleich einen Handwerker zu rufen.

Genau, nach den drei Jahren macht man dann seine Abschlussprüfung und dann wird man sozusagen losgelassen. Damals war es so, dass wir nach der Lehre in ein Revier gesteckt wurden, also da, wo Platz war, da ging es erst mal hin für den Lehrling, und für mich war das damals erst mal das Vogelhaus. Aber das war nicht so das, was ich unbedingt wollte, aber im Laufe der Zeit tatsächlich sind aus dem einen Jahr dann sechseinhalb Jahre im Vogelhaus geworden und es hat etwa zwei Jahre gedauert, auf einmal waren Vögel echt ganz schön interessant, man hat sich da reingefuchst.

Aber für mich war es so, dass ich irgendwie auch noch mehr wollte. Innerhalb des Zoos haben wir ja viele Abteilungen, dann wollte ich mich eben auch mal woanders umschauen, habe mich auf andere Reviere beworben. Dann hat der damalige Chef gesagt: „Gut, dann probieren wir das mal mit dir im Kamelhaus“, und dann habe ich da sechs Monate gearbeitet. Dann hat er gesagt, „Ja, hat sich eigentlich bewährt mit dir, wie sieht es aus mit Giraffenhaus?“ Dann habe ich bei den Giraffen gearbeitet. Dann hatte der damalige Chef vom Nashornhaus mitbekommen, dass ich da bin, und hat gemeint, „Hey, könnte der nicht auch bei uns arbeiten?“ Dann habe ich mit Nashörnern und Robben gearbeitet, das Ganze ging zwölf Jahre lang, und dann war ich tatsächlich Springer im Zoo und es ist auch spannend, weil ich gehe morgens zur Arbeit und weiß nicht genau, was anliegt.

abi»: Ja, du hast es gerade schon so ein bisschen angesprochen. Gibt es denn überhaupt einen Arbeitsalltag als Tierpfleger oder als Tierpflegerin? Wie sieht der so aus?

Benjamin Schröder: Alltag eigentlich nicht, weil tatsächlich jeder Tag ein bisschen anders ist. Ich meine wenn man fest in einer Abteilung ist, dann ist es irgendwann so, dann sind die Tiere wie die Arbeitskollegen. Mit denen habe ich jeden Tag zu tun. Also, wenn ich zwölf Jahre lang mit dem Nashorn gearbeitet habe und so gut wie jeden Tag das Nashorn gesehen habe, dann kennt man die Tiere echt gut, und trotzdem ist es so, dass dann, ich sag mal, der Seebär nebenan auf einmal ein Kind bekommt oder, keine Ahnung, das Flusspferd ist krank, und man hilft, man hilft auch viel bei tiermedizinischen Sachen. Also, wir haben zwei feste Tierärztinnen hier im Zoo, auch die brauchen Unterstützung, und wir sind nun mal die, die die Tiere gut kennen. Ja, das gehört alles dazu. Deshalb: Alltag in dem Sinne, ich sag mal, das grobe Gerüst. Allerdings machen die Tiere uns da einen Strich durch die Rechnung.

abi»: Was wäre denn das grobe Gerüst?

Benjamin Schröder: Ja, das grobe Gerüst wäre, dass ich morgens in meiner Abteilung komme. Dann frage ich die Kollegen, die gestern da waren, oder wir haben ein internes, ein Revierbuch sozusagen. Da stehen alle Infos drin, das heißt, das und das Tier bekommt das und das Medikament, und da steht die Geburt an, habt mal ein Auge da und da drauf. Dann laufe ich morgens durch meine Abteilung, schaue, ob es allen Tieren gut geht, ob alle da sind, ob alle gesund sind. Dann gucke ich mir die Häuser an. Sind die in Ordnung? Weil wir fangen schon um sieben, kurz nach sieben an, der Zoobesucher kommt um neun, das heißt, wir haben anderthalb Stunden Zeit, erst mal den Zoo bisschen auf Vordermann zu bekommen, bevor der Besucher eben kommt, und dann im Laufe des Tages muss ich natürlich die Anlagen saubermachen.

Ich muss, wenn irgendwas kaputt gebrochen ist, ich sag mal, die Orang-Utans, das sind gute Bastler, die haben über Nacht einen Baum abmontiert, dann muss ich gucken, dass der wieder fest ist. Ich muss ein Seil montieren, zwischendurch vielleicht der Tierärztin was helfen. Sie fragt dann, ob irgendwas nicht in Ordnung ist. Das heißt, ob wir welche Medikamente geben müssen, ob wir noch irgendwas schauen müssen. Dann muss ich Futter schneiden für die ganzen Tiere, dann muss ich es füttern. Zwischendurch muss ich vielleicht noch eine Schaufütterung machen, je nachdem, in welchem Bereich ich bin. Heißt zum Beispiel bei den Robben ist zweimal am Tag eine kommentierte Fütterung. Da ist viel Vorbereitung dabei. Der Besucher sieht nur die 20 Minuten, die man auf der Anlage ist, und was über die Tiere erzählt. Aber vorher muss ich den Fisch vorbereiten. Ich muss mit den Tieren trainieren, damit dann diese Schaufütterung auch funktioniert.

abi»: Gibt es bestimmte Erlebnisse deiner Arbeit, an die du besonders gerne zurückdenkst?

Benjamin Schröder: Oh viel. Ich habe richtig viele Sachen erlebt, also in diesen 27 Jahren habe ich Sachen gemacht, da könnte man ein eigenes Buch schreiben. Ich muss immer sagen, wenn, wenn meine Freunde irgendwie sagen, ja, heute auf der Arbeit ist uns der PC abgestürzt, und ich sage: „Ja, wir haben eine Giraffennarkose gehabt. Wir haben einen Tigertransport gehabt.“

Als ich damals mit 26 Jahren im Giraffenhaus war und die erste Giraffe – also, wir hatten eine schwangere Giraffendame, und die hat dann endlich ihr Kind irgendwann bekommen, da live dabei gewesen zu sein, wenn dieses wirklich große Baby aus der Mutter fällt. Die Mama hatte damals nicht genug Milch, dann mussten wir das Tier eben zufüttern, sonst wäre es gestorben, und das haben wir viele Monate getan. Das war tatsächlich mit Frühschicht, mit den ganzen Tag über mehrere Fütterungen, abends noch nach Zooschluss sind wir geblieben und haben gefüttert. Das haben wir so lange gemacht, bis wir irgendwann auf der Leiter standen, und irgendwann hat auch diese Leiter nicht mehr gelangt. Also, ich bin knapp 1,90m groß, aber auch da war dann irgendwann Ende, obwohl ich auf der Leiter stand. Das sind schon besondere Sachen, wenn man dann sieht, dass dieses Tier vielleicht ohne uns gestorben wäre und wir einfach so weitergemacht haben.

abi»: Gibt es bestimmte Tierarten, mit denen du besonders gerne arbeitest?

Benjamin Schröder: Auf jeden Fall gibt es die. Es gibt keine guten und keine schlechten Tiere, aber es gibt auf jeden Fall Lieblingstiere, und das war auf jeden Fall – er ist leider im Dezember letzten Jahres gestorben – das war Kalusho, unser Spitzmaulnashornmann. Das war ein Tier, das eigentlich ein sehr gefährliches Tier ist. Aber wir hatten eine echt gute Verbindung, sag ich mal, und ich konnte viele Sachen mit ihm machen, die nicht jedermann machen konnte. Es gibt auch Tiere zum Beispiel, ich habe vorhin erzählt, dass ich im Vogelhaus ein paar Jahre gearbeitet hab, und damals hatten wir noch ein Pärchen Schuhschnäbel, und das Schuhschnabelmädchen hat mich gehasst. Es gab keinen Grund dafür, aber sie hat mich gehasst, und auch das macht es ja irgendwie aus, weil es sind alles Individuen, da sind die Tiere wie die Menschen.

abi»: Der Podcast ist ja für unsere Rubrik „Berufe jenseits des Schreibtischs“. Sitzt du auch mal am Schreibtisch für deinen Beruf, und wenn ja, wofür?

Benjamin Schröder: Also tatsächlich habe ich damals gesagt, ich gehe auch in den Zoo, weil ich niemals am Schreibtisch sitzen möchte. Ja, es ist ja einfach so bei uns, naja, ich arbeite draußen, und das ist so bei 33 Grad wie heute, aber das ist genauso bei -10 Grad, die wir nicht mehr so oft haben, wie es früher mal der Fall war. Aber ich bin immer draußen und ich wollte eigentlich nie am Schreibtisch sitzen. Aber tatsächlich bin ich jetzt seit zwei Jahren auch stellvertretende Abteilungsleitung Tierpflege und ob man es glaubt oder nicht, aber ich sitze auch vor Excel-Tabellen mittlerweile.

abi»: Und wie viel von den Tieren wird dann auch elektronisch dokumentiert?

Benjamin Schröder: Also, tatsächlich hat jedes Tier bei uns, entweder ein kleiner Vogel zum Beispiel hat einen Ring, der irgendwo vermerkt ist, und alle größeren Tiere haben einen Chip, der denen kurz nach der Geburt implantiert wird. An diesem Chip kann man dieses Tier immer ablesen, egal wo es auf diesem Planeten hingeht. Es ist ja so, dass unsere Tiere nicht nur im Frankfurter Zoo sind, sondern überall auf der Welt mittlerweile gelandet sind, und genauso bekommen wir auch Tiere aus anderen Zoos. Wildfänge gibt es nicht mehr, sondern alle Tiere, die im Zoo sind, werden auch im Zoo geboren. Auch in Stuttgart kann dieser Chip abgelesen werden. Oder auch wenn das Tier nach Singapur in den Zoo gehen würde, kann dieser Chip abgelesen werden, und in dieser Datenbank sind alle Tiere erfasst, die es im Zoo gibt.

abi»: Ja, dann bedanke ich mich für dieses schöne Interview.

Benjamin Schröder: Gerne.

abi»: Wenn du dich auch für Berufe mit Tieren interessierst, schau doch auf abi.de mal den Beitrag „Biologinnen und Biologen“ bei „Studium > Berufspraxis > Naturwissenschaften“ an oder den Beitrag „Ausbildungsberufe mit Tieren“ bei „Ausbildung > Berufsfelder > Landwirtschaft, Natur und Umwelt“. Das war dein abi» Podcast. Redaktion und Produktion Klaus Harfmann für den Meramo Verlag im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.

Weitere Informationen

BERUFENET

Das Onlinelexikon der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild (Suchwort: Tierpfleger/in - Zoo)

www.arbeitsagentur.de/berufenet

BERUFE.TV

Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet 350 Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge.

www.berufe.tv

Studiensuche der Bundesagentur für Arbeit

In der Studiensuche kannst du recherchieren, welche Studiengänge an welchen Hochschulen in Deutschland angeboten werden.

web.arbeitsagentur.de/studiensuche

Check-U – das Erkundungstool der Bundesagentur für Arbeit

Mit dem Erkundungstool Check-U findest du heraus, welche Ausbildungsberufe und Studienfelder besonders gut zu deinen Stärken und Interessen passen.

www.check-u.de