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Drei Fragen an...: ... einen Synchronsprecher

Filme, Fernsehserien, Videospiele und mehr – diese Medien leben vom gesprochenen Wort. Was aber, wenn ein französischer Film in deutschen Kinos gezeigt werden soll? Oder ein englischsprachiges Videospiel auf dem deutschen Markt erscheint? Dann kommen Synchronsprecherinnen und -sprecher ins Spiel. Sie versehen Sprechrollen mit einem Voiceover in der Zielsprache. Für abi» beantwortet Tobias Meister, die deutsche Stimme von Brad Pitt und Robert Downey Jr., drei Fragen.

  • Porträt von Tobias M.

    Jeder Schauspieler, der eine verschiedene Rolle spielt, spielt die mal bisschen höher in der Stimme oder ein bisschen tiefer. Je nachdem, wie die Figur der Rolle von dem jeweiligen Schauspieler ist, versuche ich immer anzunehmen, um möglichst nahe am Original zu sein.

    Tobias Meister ist die deutsche Synchronstimme vieler bekannter Schauspieler

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Jingle: abi», dein Podcast für die Berufsorientierung.

abi»: Herzlich willkommen zum abi» Podcast. Filme, Fernsehserien, Videospiele und mehr: Diese Medien leben vom gesprochenen Wort. Was aber, wenn ein französischer Film in deutschen Kinos gezeigt werden soll oder ein englischsprachiges Videospiel auf dem deutschen Markt erscheint? Da kommen Synchronsprecherinnen und Synchronsprecher ins Spiel. Ihre Aufgabe ist es, Sprechrollen mit einem Voiceover in der Zielsprache zu versehen. Dafür müssen sie den Text aber nicht nur einsprechen. Sie müssen genauso in die Rollen schlüpfen wie die Originaldarstellerinnen und -darsteller. Mein Name ist Klaus, und wie Synchronsprecherinnen und -sprecher arbeiten und was zu dem Beruf dazugehört, habe ich heute Tobias Meister gefragt, der im deutschsprachigen Raum unter anderem als die Stimme von Brad Pitt und Robert Downey Jr. bekannt ist. Hallo Tobias.

Tobias Meister: Hallo Klaus, ich freue mich. Danke.

abi»: Welchen Arbeitsgegenstand nutzt du im Arbeitsalltag denn am meisten und was genau machst du damit?

Tobias Meister: Arbeitsgegenstand: meine Stimme oder das Mikrofon. Mikrofon, natürlich, da spreche ich rein, und Stimme, damit spreche ich halt rein und mach alles. Aber wenn ich Texte im deutschen Dialog schreibe, benutze ich natürlich auch meine Stimme, weil ich das dann diktiere. Also man könnte schon von der Stimme reden.

abi»: Wie gehst du denn an so eine Rolle ran? Also, wenn du jetzt einen neuen Text bekommst, sag ich mal, wie gehst du da ran, dass du der Figur einen Charakter gibst, außerhalb von dem, was die Originalstimme schon gemacht hat?

Tobias Meister: Also ich versuche mich immer sehr an das Original zu bewegen, das, was die Vorgabe sozusagen beim Synchronisieren ist. Wenn ich jetzt selber ein Kommentar lese oder so, dann natürlich mit meiner eigenen Form. Aber wenn es eine Vorgabe gibt vom Film, dann nähere ich mich der Rolle so stark an, wie es irgendwie nur geht. Also auch jeder Schauspieler, der eine verschiedene Rolle spielt, spielt die mal ein bisschen höher in der Stimme, mal ein bisschen tiefer, und je nachdem, wie die Figur der Rolle von dem jeweiligen Schauspieler ist, also auch die Schauspieler ändern ja im Spiel öfter ihre Stimme, und dem versuche ich mich immer sehr anzunehmen, um möglichst nahe am Original zu sein, sozusagen eine Werktreue herzustellen. Die haben sich ja was dabei gedacht, warum der dann schreit oder heult oder so, und da versuche ich dann, möglichst dicht dran zu sein, damit man das nicht direkt bemerkt, dass das synchronisiert ist.

abi»: Wenn du dir eine Kompetenz aussuchen müsstest, die für den Job am wichtigsten ist, welche wäre das?

Tobias Meister: Also, es ist ja oft so, dass das Englische um mindestens ein Drittel kürzer ist in der Aussage, in der Länge als im deutschen. Im deutschen, wir können sehr schön Sachen ausformulieren, und unsere Sätze sind, wenn man Englisch – Deutsch übersetzt, meistens länger, weil der deutsche Inhalt da einfach nicht so schnell reinpasst, wie die Amis und Engländer sprechen. Das heißt, oft fehlt eben dann im deutschen ein Stück von der Information, weil man tatsächlich nicht jedes Wort in der Übersetzung lippensynchron auf den Mund drauf bekommt. Man muss also immer was wegschnipseln, so irgendeinen ganz kleinen Teil, und am besten wäre natürlich, wenn alle Sprachen gleich lang wären. Ein frommer Wunsch. Tschechisch zum Beispiel ist ungefähr fast doppelt so lang wie deutsch. Also wenn die Tschechen einen Satz sagen, dann ist der viel, viel, viel länger als ein deutscher. Das heißt, ich habe einmal einen Text geschrieben für Tschechisch und dann musste ich immer noch Füllwörter dazuschreiben, dann machen wir damit die Länge, dass ich auf die Länge komme. Dann habe ich den Namen Karl oder Karlowitsch nochmal wiederholt, um dann irgendwie auf die Synchronlänge zu kommen. Das war schon tricky. Also ja, Sprachen haben in der Aussage immer unterschiedliche Längen.

abi»: Also übersetzt du auch selbst?

Tobias Meister: Ich übersetze tatsächlich selber nicht. Ich spreche zwar perfekt Englisch, bin zweisprachig aufgewachsen. Aber im Synchron besteht das Team ja darin, dass ein Rohübersetzer den Text erst mal roh übersetzt, ohne Bild manchmal auch, und ich mit der Rohübersetzung arbeite. Das ist einfach noch eine zweite Sicherheitsstufe. Man kann sich mal irren, was falsch verstehen, ist dann immer noch so eine Korrekturstufe mit dazwischen, und deswegen arbeite ich immer sehr gerne auch mit einer Rohübersetzung.

abi»: Was hättest du gerne gewusst, bevor du den Beruf Synchronsprecher begonnen hast?

Tobias Meister: Also, ich habe mit fünf angefangen. Meine Eltern und Großeltern waren Schauspieler, ich habe mit fünf das erste Mal Theater gespielt, den kleinsten Zwerg der sieben Zwerge im Weihnachtsmärchen, und bin dann so reingewachsen sozusagen in den Beruf, also dadurch, dass meine Eltern und Großeltern halt Schauspieler waren und ich schon so früh mit Theater und sowas zu tun hatte, Kinderhörspiele aufgenommen und so. Wenn man so klein ist, da denkt man noch nicht so weit irgendwie. Also von daher, da kann ich das jetzt nicht so richtig sagen, was ich mir da gewünscht hätte.

abi»: Dann vielleicht ein anderer Dreh auf die Frage: Was denkst du, sollte jemand wissen, der diesen Beruf antreten möchte?

Tobias Meister: Oha, heute nicht mehr machen, würde ich sagen. Leider, das ist vorbei in zehn Jahren, das wird größtenteils vorbei sein, also das, was ich erlebt habe in meinem Leben in dem Synchronbereich, das wird es so nicht mehr geben. Leider, also das ändert sich sehr. Die KI wird da einiges übernehmen, noch dauert das, noch kann sie manche Sachen nicht so gut, aber sie wird es gut können und sie werden es machen. Und dann sind wir raus. Gab's neulich in der ARD/ZDF, da lief eine Sendung über die KI und die Zukunft für Menschen und da wurde Synchronsprecher gleich als erstes genannt von Berufen, die wegfallen würden, fand ich schon krass, aber es ist leider so. Es wird sich sicherlich sehr ändern.

abi»: Und zum Abschluss noch: Gibt es Projekte, an denen du besonders gerne gearbeitet hast?

Tobias Meister: Oh, da gibt's ganz viele. Also natürlich sind die Rollen, in denen sehr viel Wahnsinn dahintersteckt, irgendwie so die reizvollsten. Also böse Rollen sind natürlich auch immer toll zu spielen. Oftmals sind auch lustige Rollen schwer, also so ist es nicht. Aber vom Spielerischen her ist Snatch oder Fight Club, also Filme, in denen der Wahnsinn so ein bisschen durchblickt, und da ist also sehr, sehr, sehr viel Spielmöglichkeit dann, und das macht dann auch am meisten Spaß eigentlich. Aber es ist schon lustig. Man kann in einem ganz tollen Film, der hohen moralischen oder sonstwie Anspruch hat und eine ganz, ganz tolle Aussage hat, da kann diese Grundarbeit unter Umständen gar nicht so viel Spaß machen, weil die gesamten Produktionsumstände aus irgendwelchen Gründen nicht so richtig gut zusammenpassen und schön sind, und man kann eben auf der anderen Seite auch den größten Käse-Film, sage ich mal, irgendwie synchronisieren und so einen Spaß im Studio zusammen haben.

abi»: Vielen, vielen Dank für dieses schöne Interview.

Tobias Meister: Sehr, sehr gerne, vielen Dank dir auch, mein Lieber, alles Gute!

abi»: Wenn du dich für Berufe beim Film interessierst, findest du auf abi» das Top-Thema „Berufe hinter der Kamera“ bei „Orientieren > Was will ich? Was kann ich? > Ich will was machen mit?“. In dem Top-Thema findest du unter anderem die Studienreportage „Film- und Fernsehproduktion“ bei „Studium > Studienbereiche > Kunst, Musik > Schauspiel, Tanz, Film, Fernsehen“. Das war dein abi» Podcast, Redaktion und Produktion: Klaus Harfmann für den Meramo Verlag im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit.

Weitere Informationen

BERUFENET

Das Onlinelexikon der Bundesagentur für Arbeit bietet über 3.000 aktuelle Berufsbeschreibungen in Text und Bild.

www.arbeitsagentur.de/berufenet

BERUFE.TV

Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit listet Filme über Ausbildungsberufe und Studiengänge.

www.berufe.tv

Check-U – das Erkundungstool der Bundesagentur für Arbeit

Mit Check-U findest du heraus, welche Ausbildungsberufe und Studienfelder besonders gut zu deinen Stärken und Interessen passen.

www.check-u.de

Verband deutscher Sprecher:innen

Der Verband deutscher Sprecher:innen ist ein Berufsverband für professionell tätige, freie Sprecherinnen und Sprecher.

www.sprecherverband.de