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Jeremy Mockridge: „Am Theater gefällt mir das Gemeinsame“

Viele kennen Jeremy Mockridge (29) noch als Teeniestar aus Kinderfilmen. Inzwischen spielt er hauptberuflich am Theater. Für abi» berichtet der Schauspieler, was ihn dort besonders fordert und fasziniert.

Porträt von Jeremy Mockridge

abi» Am Deutschen Theater Berlin, zu dessen Ensemble du gehörst, spielst du derzeit den „Patricius“ aus „Caligula“ von Albert Camus. Die Aufführung heute Abend ist wieder mal ausverkauft. Hast du Lampenfieber und wenn ja, wie gehst du damit um?

Jeremy Mockridge: Ich freue mich natürlich immer, wenn das Haus ausverkauft ist, aber Lampenfieber habe ich auf jeden Fall bei meinen Auftritten – auch vor einem kleineren Publikum. Dann versuche ich mich auf das zu konzentrieren, was in dem Moment wichtig ist. Lampenfieber gehört auf der Bühne aber auch dazu. Wenn ich selbst als Zuschauer in einem Theater sitze und merke, dass sie etwas nervös sind, verzeihe ich es den Schauspielerinnen und Schauspielern. Ich finde, das ist etwas Menschliches. Natürlich gibt es ein Level an Nervosität, an dem es unangenehm wird, und dann versuche ich mit Atemtechnik oder Meditation etwas runterzukommen.

abi» Was ist für dich das Herausforderndste am Schauspielern, einmal abgesehen vom Lampenfieber?

Jeremy Mockridge: Eine große Herausforderung ist auf jeden Fall, dass jede Bewertung mit einem selbst zu tun hat: das Aussehen, der Intellekt, Humor, die eigene Coolness oder auch uncool zu sein. Dieses Gefühl, dass sich jede Kritik – oder wie man sich selbst bewertet – auf den eigenen Körper oder die eigene Person bezieht, finde ich schon manchmal schwierig. Den Abstand zu finden zwischen dem, was man auf der Bühne macht, und der Person, die man ist. Das ist ganz anders, als wenn man zum Beispiel ein Bild malt oder ein Instrument spielt, denn solche Dinge befinden sich außerhalb von einem, während man beim Schauspielern sozusagen selbst das Instrument oder Bild ist, das man spielt oder gestaltet. Mir hilft, mich während eines Stücks auf die anderen zu konzentrieren, den Fokus in eine andere Richtung zu lenken … und mich nicht zu sehr unter Druck zu setzen, überall perfekt sein zu müssen. Wenn ich also zum Beispiel nur bis zu einem gewissen Grad witzig oder cool sein kann, dann ist es halt so.

abi» Bekannt wurdest du mit den Kinderfilmen der Reihe „Die Wilden Hühner“. Zuletzt warst du im Kino zu sehen in „L'état et moi – Der Staat und ich“. Warum ist es nun das Theater geworden oder was gefällt dir daran besser?

Jeremy Mockridge: Ich mache auch immer noch Filme und mag beides sehr gern. Meine Priorität liegt zurzeit aber beim Theater, weil ich hier in Berlin fest engagiert bin. Am Theater gefällt mir die Gemeinschaft besonders, dass man zusammen ein Stück erarbeitet, immer wieder an denselben Ort zurückkommt und im Austausch bleibt. Das ist beim Film ganz anders. Dort arbeitet man am Set zwar auch im Team, aber man bereitet sich alleine auf seine Rolle vor, spielt viele Szenen alleine oder mit nur einigen zusammen. Dort ist man also eher auf sich selbst zurückgeworfen. Natürlich ist auch diese Arbeit sehr reizvoll, aber aus anderen Gründen.

abi» Welche Rolle am Theater hat dir bisher am besten gefallen?

Jeremy Mockridge: Ich mag es besonders, in die Rollen von Grenzgängern zu schlüpfen. Dies war der Fall, als ich „Don Carlos“ oder die Figur des Mortimer in „Maria Stuart“ gespielt habe. Zufällig sind dies beides Stücke von Schiller. Theater findet heute oft gar nicht mehr in klassischen Rollen statt – aber wenn es solche Rollen sind, reizen mich ganz besonders Außenseiter, Fanatiker und andere extreme Figuren.

abi» Du hast einen eigenen Wikipedia-Eintrag, und wenn man dich googelt, kommen Suchvorschläge wie „Jeremy Mockridge Freundin“ oder „Jeremy Mockridge Kind“. Gefällt es dir, so bekannt zu sein, dass sich fremde Leute für dein Privatleben interessieren?

Jeremy Mockridge: Mein Bekanntheitsgrad resultiert vor allem aus den „Wilden Hühnern“, bei denen ich als Teenager mitgespielt habe. Heute höre ich von damaligen Zuschauern manchmal Sachen wie „Du warst der Held meiner Kindheit“, oder „Ich war damals verliebt in dich“. So sind wir also alle zusammen groß geworden, und das freut mich schon sehr.

abi» Warum hast du diesen Beruf ergriffen?

Jeremy Mockridge: Ich komme aus einer Theaterfamilie; meine Eltern sind beide Schauspieler, das hat mich geprägt. So habe auch ich schon früh gemerkt, dass ich es genieße, auf der Bühne zu stehen und mich dort frei fühle.

abi» Welche Tipps würdest du denjenigen geben, die sich ebenfalls für diesen Beruf interessieren?

Jeremy Mockridge: Sich schon früh mit dieser Kunst zu beschäftigen, also Theaterstücke und Filme ansehen, sich zum Beispiel für Theatergruppen in der Schule oder in Jugendclubs anmelden. Auch zu üben vor anderen etwas zu lesen oder vorzutragen und zu gucken, was das mit einem macht, kann einem zeigen, ob dies der passende Weg ist.

Über Jeremy Mockridge

Jeremy Mockridge wurde 1993 in Bonn geboren. Bekannt wurde er durch die Kinderfilme „Die Wilden Hühner“ sowie deren Fortsetzungen unter der Regie von Vivian Naefe. 2017 beendete er sein Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Seit der Spielzeit 2017/18 ist er festes Ensemblemitglied am Deutschen Theater Berlin.