Foto: Andrea Ungvari
Name: Daniel Norman
Alter: 30 Jahre
Studium: Soziale Arbeit
Abschluss: Bachelor Soziale Arbeit
Tätigkeit: Sozialpädagoge Kinder- und Jugendarbeit
Sind Jugendliche wirklich unhöflich? Für welche Themen interessieren sie sich? Ist Erziehung Frauensache? Darüber hat abi» mit Daniel Norman gesprochen. Der Sozialpädagoge arbeitet im Kinder- und Jugendhaus Catch Up in Fürth.
abi» Von der Flüchtlingsarbeit über die Drogenberatung bis hin zur Betreuung von Menschen mit Behinderungen – die Einsatzgebiete von Sozialpädagogen sind vielfältig. Wieso haben Sie sich ausgerechnet für die Jugendarbeit entschieden?
Daniel Norman: Tatsächlich bin ich im Laufe der Zeit auf die Jugendarbeit aufmerksam geworden. Als Teenager war ich selbst nie Gast eines Jugendzentrums, weil mir das Angebot gar nicht so klar war. Erst im Studium bin ich auf das Jugendhaus Catch Up gestoßen und habe dort mein Praxissemester absolviert. Ich hab’s einfach ausprobiert und gemerkt, wie anspruchsvoll die Arbeit und wie groß das Angebotsspektrum ist – das hat mich fasziniert! Heute arbeite ich hauptberuflich im Catch Up.
abi» Worauf beruht Ihr Interesse an der Sozialen Arbeit? Haben Sie sich etwa schon als Schüler sozial engagiert?
Daniel Norman: Um ehrlich zu sein: nein. Ich war mit 18 Jahren sogar relativ planlos. Bei mir resultierte das letztendlich aus einem Interesse an Gesellschafts- und Sozialpolitik, an soziologischen Prozessen und sozialwissenschaftlichen Aspekten. Ich war also weniger ein sozial engagierter, sondern ein politisch interessierter Jugendlicher.
abi» Als Sozialpädagoge unterstützen Sie Heranwachsende etwa bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung und sind auch deren politischer Interessenvertreter. Wie läuft ihre tägliche Arbeit ab?
Daniel Norman: Was mir am besten am Job gefällt ist, dass er so vielfältig ist. Neben der Büroarbeit führe ich Teamgespräche oder bin damit beschäftigt, fortwährend unser Konzept anzupassen. Außerdem streben wir gemeinsam Projekte an und halten Veranstaltungen ab: Kinder und Jugendliche haben ja Anliegen, die sie so in die Öffentlichkeit bringen können – sehr aktuell ist das Thema Klimawandel.
abi» Was sind das für Projekte?
Daniel Norman: Zusammen mit der „Fridays for Future“-Ortsgruppe haben wir beispielsweise einen fünftägigen Klimagipfel inklusive Workshops und einer Podiumsdiskussion veranstaltet. Dort waren auch Vertreter der Stadt sowie der Oberbürgermeister anwesend, und wir konnten auf kommunaler Ebene besprechen, was zu tun ist. Wir vertreten also immer wieder das, was Jugendlichen wichtig ist – dazu gehört auch der Wunsch nach mehr jugendkulturellen Freiräumen. Hierzu drangen ebenfalls schon Anliegen zum Stadtrat durch.
abi» Welche Situationen locken Sie aus Ihrer Komfortzone heraus?
Daniel Norman: Es gibt natürlich eine gewisse Konfrontation mit den Jugendlichen – und das ist am Anfang schwierig, das ist ein Lernprozess. Jugend und Kindheit sind etwas sehr Dynamisches, ständig im Wandel. Seit Anbeginn der Menschheit sagen ältere Generationen, Jugendliche seien unhöflich oder desinteressiert. Der Vorwurf stimmt nicht. Konfrontation ist trotzdem vorhanden und mit Jugendlichen sehr intensiv. Aber in der Beziehungsarbeit sagt man immer: Reibung erzeugt Wärme.
abi» Welche Eigenschaften sind für Jugendsozialarbeiter/innen unabdingbar?
Daniel Norman: Wer die Einstellung hat, Heranwachsende würden nur Quatsch machen, gehört nicht in die Jugendarbeit. Eine gewisse Konfrontationsfähigkeit ist wichtig, aber auch ein Interesse an den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen – und diese zu akzeptieren. Die Lebenswelten verändern sich stetig, damit muss man arbeiten. Das gelingt, indem man sich mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt. Damit man eine Ahnung davon hat, wo sie gerade stehen und was sie für Interessen haben. Und darauf müssen Jugendarbeiter reagieren können. Außerdem enorm wichtig: Selbstreflexion. Ich muss mich und mein Handeln immer wieder kritisch hinterfragen, weil ich eben mit Menschen arbeite.
abi» Die Sozialpädagogik war bis 1971 ausschließlich ein Frauenberuf – das ist gar nicht mal so lange her. Inwiefern macht sich das für Sie bemerkbar?
Daniel Norman: Ich habe unter einer 85-prozentigen Frauenquote studiert, und auch im Job habe ich viele Frauen als Kolleginnen und Vorgesetze. In sozialen Einrichtungen achtet man in der Regel darauf, das Personal paritätisch zu besetzen, also gleich viele Ansprechpartner eines Geschlechts einzustellen. Ich finde nicht, dass soziale Kompetenz, Erziehung oder Kinderbetreuung reine Frauensachen sind. Das ist ein veraltetes Frauenbild – ein veraltetes Männerbild aber ebenso. Es ist elementar, dass Männer ebenfalls in die Pflege und Erziehung von Kindern und Jugendlichen involviert sind, denn die brauchen genauso männliche Ansprechpartner und Vorbilder, die ihnen zeigen, was Männlichkeit bedeutet: Nämlich nicht wildes Verhalten, sondern Fürsorge und Erziehung können dazu gehören.
abi» Wie wichtig ist das Thema Geschlechterklischees im Job für die Jugendlichen, die Sie betreuen? Schließlich stehen die meisten von ihnen vermutlich gerade selbst vor der Berufswahl.
Daniel Norman: Sehr wichtig, weil es ein gesellschaftspolitisches Thema ist. Jugendliche haben heterogene Lebenswelten und Familien, daher gibt es mitunter welche, die mit veralteten Geschlechterklischees aufwachsen. Das ist einfach ein Spiegel der Gesellschaft. Das Thema wird zunehmend medial verbreitet, in Familien besprochen – das müssen wir in unsere Erziehungsarbeit einbeziehen. Beispielsweise koche ich mit den Jugendlichen, und meine Kollegin macht dafür eben Kampfsport, und überall darf jede und jeder mitmachen. Wir finden es wichtig, das Thema hier zu platzieren und vorzuleben.
Foto: Andrea Ungvari
Name: Daniel Norman
Alter: 30 Jahre
Studium: Soziale Arbeit
Abschluss: Bachelor Soziale Arbeit
Tätigkeit: Sozialpädagoge Kinder- und Jugendarbeit
Stand: 05.03.2024
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