Sozialarbeiter/innen / Sozialpädagoginnen/-pädagogen:
Von Kindergarten bis Suchthilfe
Sozialarbeiter/innen und Sozialpädagoginnen/-pädagogen kommen in vielen verschiedenen Bereichen zum Einsatz. Sie helfen Menschen in sozialen Notlagen oder kümmern sich um Kinder, Seniorinnen und Senioren und Flüchtlinge.
Nina Thelen arbeitet als Sozialarbeiterin im Jugendamt der Stadt Bonn. Hier berät sie Familien zu Erziehungsthemen, zum Sorge- und Umgangsrecht, in Trennungs- oder Scheidungsfällen oder in Not- und Konfliktlagen. Dabei sucht sie nach geeigneten erzieherischen Unterstützungsmöglichkeiten. „Am Anfang berate ich die Eltern, Kinder und Jugendlichen die ins Jugendamt kommen. Ist Hilfe zur Erziehung notwendig, wird geprüft, wie diese am besten umgesetzt werden kann. Danach koordiniere und steuere ich die Hilfen, die in den einzelnen Fällen eingesetzt werden“, fasst sie zusammen. „Dabei gibt es ganz unterschiedliche Wege, wie den Eltern, Kindern und Jugendlichen geholfen werden kann. Das Angebot reicht von niedrigschwellig-beratenden Tätigkeiten, ambulanter-/teilstationärer- bis hin zu stationärer Erziehungshilfe. Die Fremdunterbringung eines Kindes oder Jugendlichen sollte immer an letzter Stelle stehen, da es das den Eltern natürliche Recht und ihnen obliegende Pflicht ist, die eigenen Kinder zu erziehen“, erklärt die 31-Jährige.
Können sich Eltern beispielweise in einem Sorgerechtsstreit nicht einigen oder gibt es Schwierigkeiten mit dem Umgangsrecht, ist Nina Thelen auch als Expertin vor Gericht gefragt. In Krisensituationen, die laufende Fälle betreffen, wird die Sozialarbeiterin außerdem zu notwendigen Klärungen im Familiensystem hinzugezogen. Diese können bei akut vorliegender Kindeswohlgefährdung in einer Inobhutnahme enden. Auch hier ist eine Mitwirkung vor dem Familiengericht meist unabdingbar. „Mein Beruf bringt riesige Verantwortung mit sich“, betont sie. „Wir schauen uns bei Hausbesuchen zwar das häusliche Umfeld an und sprechen mit Institutionen wie Schule, Kindergarten oder Therapeuten. Trotzdem ist es oft schwer, herauszufinden, was im Hintergrund passiert und welche Maßnahmen am besten greifen.“
Ein weiterer Bestandteil der Arbeit im Jugendamt ist die Dokumentation: „Es ist ein bürokratischer Job, bei dem viele Vorschriften eingehalten werden müssen“, erläutert Nina Thelen. „Um eine gewisse Nachvollziehbarkeit des Handelns zu gewährleisten, müssen alle Entscheidungsprozesse dokumentiert werden.“
Dass sie mit Menschen arbeiten möchte, wusste die Sozialarbeiterin schon als Jugendliche. Deshalb hat sie bereits während des Abiturs immer wieder im sozialen Bereich gearbeitet. Studiert hat sie den Bachelor „Soziale Arbeit“ sowie den Master „Beratung und Vertretung im Sozialen Recht“ an der Technischen Hochschule Köln. An der Hochschule wurde sie gut auf ihre spätere Tätigkeit vorbereitet. „Außerdem habe ich während meines Studiums in der Erziehungshilfe gearbeitet und dabei einmal wöchentlich das Sozialraumteam des Jugendamts unterstützt“, erzählt die Sozialarbeiterin. „Die Arbeit hat mir viel Spaß gemacht.“
So wie Nina Thelen ist etwa ein Fünftel der erwerbstätigen Sozialarbeiter/innen und Sozialpädagoginnen/-pädagogen im öffentlichen Dienst angestellt. „Zu diesem Bereich zählen Sozialämter, Jugendämter oder Sozialversicherungsträger“, erläutert Ralf Beckmann, Arbeitsmarktexperte bei der Bundesagentur für Arbeit. „Ein gutes Drittel arbeitet im klassischen Feld des Sozialwesens, beispielsweise in der Jugend-, Familien-, Drogen- oder Flüchtlingshilfe. Jeder Fünfte arbeitet in einer Heimeinrichtung, zum Beispiel für Kinder, Jugendliche, Behinderte oder Senioren. Zehn Prozent üben eine Tätigkeit im Bildungswesen aus. Dort werden sie zum Beispiel in der Schulsozialarbeit oder bei einem Bildungsbetrieb eingesetzt, der Berufsvorbereitung und -ausbildung für benachteiligte Jugendliche und Behinderte anbietet.“
Insgesamt ist der Arbeitsmarkt in diesem Bereich stark gewachsen: „Im Laufe der letzten zehn Jahre hat die Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Sozialberatung als wichtiger Beschäftigungsbereich spürbar an Bedeutung gewonnen“, berichtet Ralf Beckmann. „Allein die Zahl der Erwerbstätigen mit einem akademischen Abschluss in der sozialen Arbeit hat sich von 2013 mit rund 300.000 Beschäftigten auf fast 350.000 Menschen im Jahr 2022 erhöht.“
Michael Leinenbach, Vorsitzender des Bundesverbandes für Soziale Arbeit e.V. (DBSH) ergänzt: „Das Arbeitsfeld hat sich durch den Ausbau der Schulsozialarbeit und Ganztagsschulen, der Kinderbetreuungseinrichtungen und der Seniorenbetreuung stark ausgedehnt. Arbeitgeber sind die öffentlichen Träger, wie Kommunen, Länder, der Bund und deren Untergliederungen, aber auch Kirchen, Gesellschaften, Wohlfahrtsverbände oder private Anbieter.“ Laut dem Verbandssprecher sind zudem vier Prozent der Sozialarbeiter ihr eigener Chef.
Gesellschaftliche Entwicklungen, wie demografischer Wandel und Fluchtzuwanderung, haben den Bedarf an qualifizierten Kräften im sozialen Bereich auf hohem Niveau gehalten: „Im Laufe des Jahres 2022 wurden 29.000 freie Arbeitsstellen bei der Bundesagentur gemeldet. Das waren fünf Prozent mehr als im Jahr zuvor“, berichtet Ralf Beckmann. „Im Jahresdurchschnitt waren 6.700 Personen für den Bereich Sozialarbeit, Sozialpädagogik oder -beratung arbeitslos gemeldet. Das waren sechs Prozent weniger als im Vorjahr. Bezogen auf alle Erwerbstätigen ist die studienfachspezifische Arbeitslosenquote mit 1,9 Prozent sehr niedrig.“
Allerdings ist der Anteil von Teilzeit- und befristeten Beschäftigten relativ groß. Hierzu der BA-Experte: „Da viele Stellen im sozialen Bereich im Rahmen von Projekten öffentlich gefördert werden, werden viele neu begonnene Stellen befristet besetzt. So war 2022 ein gutes Viertel der gemeldeten Stellenangebote befristet ausgeschrieben. Das Brutto-Durchschnittseinkommen für eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung lag im gleichen Jahr bei 4.308 Euro in West- beziehungsweise 3.922 Euro in Ostdeutschland.“
Wer im Bereich Soziale Arbeit Karriere machen will, kann eine Leitungs- oder Führungsposition anstreben. Dafür gibt es an den Hochschulen Qualifizierungsmöglichkeiten. „In der Sozialen Arbeit kann man einen Bachelor- oder einen Masterabschluss erlangen. Auch eine Promotion ist möglich, meist mit Bezugswissenschaften“, erklärt Michael Leinenbach. Für manche Berufe braucht man eine staatliche Anerkennung, die je nach Bundesland nach dem Abschluss oder nach einem zusätzlichen Berufspraktikum verliehen wird.
Die Studierenden- und Absolventenzahlen in der Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik steigen stetig an. 2021/22 waren 116.000 Studierende eingeschrieben, 19.000 beendeten erfolgreich ihr Studium. Ralf Beckmann ergänzt: „Die Sozialarbeit bietet bereits mit einem Bachelorabschluss sehr viele Beschäftigungschancen. Ein weiterführendes Studium qualifiziert dann zusätzlich für forschende oder konzeptionelle Tätigkeiten.“
BERUFENET
Das Onlinelexikon der Bundesagentur für Arbeit für Berufe mit über 3.000 ausführlichen Berufsbeschreibungen in Text und Bild.
berufenet.arbeitsagentur.de
studienwahl.de
Infoportal der Stiftung für Hochschulzulassung in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit. Hier findest du Informationen zu den Studienmöglichkeiten in Deutschland und alle Infos rund ums Studieren:
studienwahl.de
JOBSUCHE der Bundesagentur für Arbeit
arbeitsagentur.de/jobsuche
BERUFE.TV
Das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit
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Studiensuche
Die Studiensuche der Bundesagentur für Arbeit unterstützt dich bei der optimalen Auswahl von Studienfach und Studienort.
arbeitsagentur.de/studiensuche
Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e. V. (DBSH)Berufsverband und Gewerkschaft für Sozialarbeiter/Sozialpädagogen
www.dbsh.de
Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen e.V. (DVSG)
www.dvsg.org
DBH-Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik
www.dbh-online.de
Deutsche Gesellschaft für Soziale Arbeit in der Suchthilfe (DGSAS)
www.dg-sas.de
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