Streetworkerin:
„Beziehung ist das A und O“
Katharina Reich-vom Ende (34) hilft Jugendlichen in Duisburg dabei, ihren eigenen Lebensweg zu finden. In ihrem abwechslungsreichen Beruf warten jeden Tag neue Herausforderungen auf die Streetworkerin.
„Jeder Tag ist wie ein Ü-Ei. Man weiß nie, was kommt“, charakterisiert die Streetworkerin, die in Vollzeit in Duisburg tätig ist, ihre Arbeit. „Mit neuen Klienten kommen neue Problemlagen, mit denen ich trotz meiner acht Jahre im Job manchmal noch nichts zu tun hatte. Da muss ich mich dann erstmal schlau machen.“
Zwei Mal in der Woche gibt es eine offene Sprechstunde des Streetwork-Teams in Duisburg, zu der jeder kommen kann. Zusätzlich suchen die Sozialarbeiter in Zweierteams, bestehend aus einem Mann und einer Frau, die Jugendlichen in ihrer Umgebung auf: „Oft bekommen wir einen Tipp von einem Netzwerkpartner, wie den Gemeinden, dem Streetwork-Café oder Jugendtreffs, dass es jemanden gibt, der Unterstützung braucht“, erzählt Katharina Reich-vom Ende. „Wichtig ist, sich darüber im Klaren zu sein, dass wir quasi das Wohnzimmer der Jugendlichen betreten und das auch respektieren müssen. Wir stellen uns dann kurz vor und erklären, was wir machen. Viele kennen uns mittlerweile vom Sehen und wissen, dass man bei uns Hilfe bekommt.“
Die Vielfältigkeit des Berufs war der Grund, warum sich die Sozialarbeiterin schon vor dem Studium für eine Zukunft als Streetworkerin entschieden hatte: „Ich habe hier nicht nur einen Themenschwerpunkt, wie etwa in der Schuldner- oder Drogenberatung. Stattdessen kommen die Herausforderungen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Wohnungslosigkeit, psychische Probleme, Stress in der Schule und mit den Eltern oder Arbeitslosigkeit.“
Katharina Reich-vom Ende
Foto: privat
Die Streetworkerin begleitet ihre Klientinnen und Klienten zu Behörden, Arztpraxen, Wohnungsbesichtigungen oder zum Jobcenter. Sie hilft, schwierige Briefe von Ämtern zu verstehen oder andere Möglichkeiten im System zu nutzen. Kommt Katharina Reich-vom Ende an ihre Grenzen, vermittelt sie an Fachleute. „Die Anzahl der Jugendlichen mit Multiproblemlagen hat deutlich zugenommen“, findet sie. „Als ich angefangen habe, musste meist nur ein Problembereich gelöst werden. Heute hängen oftmals noch psychische Probleme, Substanzmissbrauch oder Schwierigkeiten mit dem Aufenthaltsstatus dran, die es den Jugendlichen schwer machen, eine Perspektive zu finden. Da gilt es oft, ein Riesenpuzzle zusammenzusetzen“, schildert sie die Herausforderung.
Zum Job von Katharina Reich-vom Ende gehören neben der aufsuchenden Arbeit und der beratenden Tätigkeit auch Verwaltungsarbeit sowie rechtliche Kenntnisse. Auch die Teilnahme an Arbeitskreisen und das Organisieren von Veranstaltungen, wie einem jährlichen Hip-Hop-Event, zählen dazu. „Dabei geht es darum, ein Gesicht bei den Leuten zu haben“, erklärt die Streetworkerin. „Die Jugendlichen kommen freiwillig zu uns und geben die Richtung vor, in der wir ihnen helfen sollen. Da muss man auch akzeptieren, wenn die Klienten einen anderen Lebensentwurf haben oder sich trotz desolater Zustände manchmal nicht helfen lassen. Die Beziehung zu den Jugendlichen ist das A und O. Trotzdem muss klar sein, dass man die betreuende Sozialarbeiterin und nicht die Freundin ist.“ Berufliches von Privatem zu trennen, ist deshalb besonders wichtig.
Den Bachelorstudiengang Soziale Arbeit hat Katharina Reich-vom Ende an der Evangelischen Hochschule in Bochum absolviert. „Wir haben Methoden und Geschichte der Sozialen Arbeit insgesamt gelernt. Den Bereich mobile Jugendarbeit gab es nicht. Am meisten geholfen haben mir das Fach Recht und das Praktikum, das ich in der Drogenhilfe absolviert habe. Die rechtlichen und fachlichen Kenntnisse kann man sich aber im Laufe der Arbeit aneignen. Wichtiger für den Job ist, dass man viel Empathie und Feingefühl besitzt, konfliktfähig ist, als Einzelkämpfer und Teamplayer bestehen und sich auch mal ,lautstark‘ für seine Klienten bei Ämtern oder in der Politik einsetzen kann.“
Für die Sozialarbeiterin ist Streetwork das perfekte Arbeitsfeld: „Solange ich Spaß an der Arbeit habe, mich auf die Klienten und die Jugendkultur einlassen kann, werde ich weitermachen und mich im Job vielleicht in Richtung Therapeutenschein oder traumasensible Beratung weiterentwickeln. Ich mag, dass man in dem Beruf sehr frei ist, sich den Tag und seine Arbeitsabläufe strukturiert und dabei für sich und seine Arbeit selbst verantwortlich ist. Außerdem ist es sehr schön, wenn man ehemaligen Klientinnen und Klienten begegnet, die jetzt selbstorganisiert und glücklich leben.“
Video: Studium Soziale Arbeit
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