zum Inhalt

Studieren im Vereinigten Königreich: „Es war wirklich einfach, Leute kennenzulernen“

Trotz Brexit zum Studieren nach Großbritannien: Lehramtsstudentin Paula Lehmann (24) verbringt ein Auslandssemester an der University of Sussex in Brighton. Beworben hat sie sich über das Direktaustauschprogramm ihrer Heimatuni.

Nahaufnahme der Union Flag vor einem Gebäude mit Fenstern an einem Fahnenmast.

Enge Kopfsteinpflastergassen mit kleinen Cafés, Pubs und Vintage-Läden, historische Architektur, eine lebendige Kunstszene, bunte Strandhütten an der Promenade und ein Pier mit Achterbahnen und Karussells – die Küstenstadt Brighton ist nicht nur bei Touristinnen und Touristen, sondern auch bei Studierenden aus aller Welt beliebt. Als sich Paula Lehmann für ein Auslandssemester in Großbritannien bewarb, stand zunächst eine andere Stadt ganz oben auf ihrer Wunschliste. „Jetzt bin ich total glücklich, dass ich hier gelandet bin. Brighton ist eine sehr offene und tolerante Stadt und die Menschen sind sehr freundlich“, berichtet die Lehramtsstudentin. „Als ich hier ankam, kannte ich niemanden. Aber es war wirklich einfach, Leute kennenzulernen“, sagt die 24-Jährige, die an der Freien Universität (FU) Berlin im fünften Bachelorsemester Grundschullehramt für die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch studiert.

Ihr Semester in Brighton begann mit der „Freshers' Week“, der Begrüßungswoche für Erstsemester und Austauschstudierende, die neu an der Uni sind. „Auch, wenn es am Anfang etwas Überwindung gekostet hat: Einfach hingehen, mitmachen, mit den Leuten ins Gespräch kommen – das war das Beste, was ich tun konnte.“

  • Paula Lehmann hängt auf einer Brücke in Brighton von einer Laterne und winkt.

    Auch, wenn es am Anfang etwas Überwindung gekostet hat: Einfach hingehen, mitmachen, mit den Leuten ins Gespräch kommen – das war das Beste, was ich tun konnte.

    Paula Lehmann, studiert Grundschullehramt und macht ein Auslandssemester in Brighton

Direktaustausch statt Erasmus

Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union im Jahr 2020 – der sogenannte Brexit – hat nicht nur wirtschaftliche Folgen. Für EU-Bürgerinnen und -Bürger und damit auch für Studierende aus Deutschland gelten nun die gleichen Einreisebestimmungen wie für andere internationale Studierende. Wer länger als ein Semester bleiben möchte, braucht ein Visum. Außerdem ist Großbritannien nicht mehr Teil des Erasmus+-Programms. Da es aber nach wie vor ein beliebtes Ziel für Austauschstudierende ist und zum Teil langjährige Beziehungen zwischen deutschen und britischen Hochschulen bestehen, bieten viele deutsche Hochschulen Direktaustauschprogramme an.

Auch Paula Lehmann hat sich über das Direktaustauschprogramm ihrer Hochschule beworben. Dafür musste sie ein Motivationsschreiben in englischer Sprache sowie zwei Empfehlungsschreiben von Professoren ihrer Hochschule einreichen. Ihre Sprachkenntnisse musste sie in einem Sprachtest nachweisen, außerdem verlangten die meisten Gastuniversitäten einen Notendurchschnitt von 2,0 bis 2,4. Nach der schriftlichen Bewerbung folgte ein Vorstellungsgespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der FU Berlin, die eine Vorauswahl für die Partneruniversitäten trafen. Anschließend wurde sie an die University of Sussex vermittelt.

Lebenshaltungskosten höher als in Deutschland

Über das Direktaustauschprogramm werden die Studiengebühren an der Gasthochschule finanziert. Im Gegensatz zum Erasmus+-Programm, bei dem die Studierenden in der Regel einen Reisekostenzuschuss sowie eine monatliche finanzielle Unterstützung erhalten, trägt die Studentin jedoch alle weiteren Kosten selbst. „Ich habe kürzlich gelesen, dass Brighton die drittteuerste Stadt in England ist. Die Preise im Supermarkt sind nicht viel höher als in Berlin, aber das Ausgehen, Wohnen und Studieren ist hier wirklich viel teurer“, berichtet Paula Lehmann. „Eigentlich wollte ich auf dem Campus wohnen, aber das geht üblicherweise nur, wenn man ein ganzes Jahr bleibt.“ Stattdessen fand sie eine private Unterkunft bei einem britischen Ehepaar, das zwei Zimmer untervermietet. Für ihr Zimmer zahlt die Studentin 600 britische Pfund im Monat. „Ich habe zwar mein WG-Zimmer in Berlin untervermietet, aber meine Miete hier deckt das nicht.“ Ihr Leben in Brighton finanziert sie mit ihren Ersparnissen und der Unterstützung ihrer Eltern.

Nach zwei Wochen auf Englisch geträumt

„Die Kurse hier gefallen mir sehr gut, sie sind wahnsinnig interaktiv; es werden viele Fragen gestellt und es wird viel diskutiert.“ Sie hat zwei Kurse in Sozialer Arbeit und einen in Lernpsychologie belegt. „Die Profs spricht man hier nur mit Vornamen an, da musste ich mich erst dran gewöhnen, finde es aber gut. Hier ist alles weniger formell, die Profs sind viel näher an den Studierenden dran. Und alles ist ein bisschen mehr digitalisiert.“ So wird beispielsweise jede Vorlesung und jedes Seminar aufgezeichnet und kann von den Studierenden anschließend abgerufen werden. Anrechnen lassen kann sich Paula Lehmann ihre Kurse allerdings nicht, da die zum Zeitpunkt ihres Auslandssemesters angebotenen Vorlesungen und Seminare inhaltlich nicht mit denen ihrer Heimathochschule übereinstimmen, nicht für Austauschstudierende offen sind oder sich über zwei Semester erstrecken.

Wenn sie nicht im Hörsaal sitzt, ist Paula Lehmann in der Stadt unterwegs oder unternimmt Ausflüge. Zum Beispiel nach London, das nur eine Stunde von Brighton entfernt ist. „Brighton ist nicht nur richtig süß, es gibt auch ein total aktives Campusleben. Der Campus selbst ist wie eine kleine Stadt mit netten Cafés, Pubs, einem Supermarkt, einer Apotheke und ganz vielen studentischen Vereinigungen, denen man beitreten kann“, erzählt die Studentin. „Die Uni organisiert zwar auch Treffen von Austauschstudierenden, aber da ich nicht mit Erasmus hier bin, bin ich meistens unter Einheimischen. Das hat den Vorteil, dass ich sehr gute Sprachvorbilder habe. Alle sind sehr unterstützend und loben mein Englisch.“ Ihre Sprachkenntnisse zu erweitern und mehr Sprachpraxis zu bekommen, war für sie der Hauptgrund für das Auslandssemester. „Meine anfänglichen Hemmungen, Fehler zu machen, habe ich schnell abgelegt. Nach zwei Wochen habe ich sogar angefangen, auf Englisch zu träumen.“