Historikerin:
Auf den Spuren der Kaiser
Wie haben die Kaiser im Mittelalter regiert? Mit dieser Frage beschäftigt sich Dr. Magdalena Weileder. Die 33-Jährige untersucht im Rahmen eines Forschungsprojekts historische Urkunden und reist dafür durch Archive in ganz Europa.
Dr. Magdalena Weileder betrachtet die Urkunde, die vor ihr auf dem Tisch liegt. Es ist 8 Uhr morgens, noch ist es im Staatsarchiv Würzburg, das im Residenzbau aus dem Jahr 1744 untergebracht ist, ziemlich leer. Die 33-Jährige erfasst die Maße und identifiziert, um welche Art Siegel es sich handelt – das Wachssiegel mit den Schnüren war sozusagen die „Unterschrift“ des Mittelalters, durch das ein Dokument seine Gültigkeit erhielt. An einer Stelle wurde offenbar etwas vom Pergament weggekratzt und überschrieben. Etwa ein Fälschungsversuch? „Das kommt durchaus vor“, sagt Magdalena Weileder.
Die Historikerin hat gerade ihre Promotion mit dem Thema „Spätmittelalterliche Notarsurkunden“ abgeschlossen und arbeitet nun im Forschungsprojekt „Regesten Ludwigs des Bayern und Friedrichs des Schönen 1314–1347“.
Magdalena Weileder
Foto: Claudia Barcheri
Das Forschungsprojekt an sich gibt es schon seit dem 19. Jahrhundert. Wissenschaftler*innen versuchen seitdem, alle Urkunden der römisch-deutschen Kaiser im Mittelalter vom 8. bis zum 15. Jahrhundert zu erfassen und Inhaltsangaben – sogenannte Regesten – zu erstellen. „Ich arbeite im Teilprojekt zu Kaiser Ludwig dem Bayern, der im 14. Jahrhundert regiert hat“, umreißt Magdalena Weileder ihr spezielles Tätigkeitsfeld, das seit den 80er-Jahren bearbeitet wird. Insgesamt 6.000 Urkunden gehen auf Ludwig zurück. „Wir haben bis jetzt gut die Hälfte erfasst“, schätzt sie. Bis 2033 sollen die anderen 3.000 drankommen, solange ist das Projekt finanziert.
Die Historikerin untersucht und fotografiert Urkunden und zugehörige Abschriften oder veranlasst eine Fotografie durch das Archiv – das sei jeweils unterschiedlich geregelt. Zwar liegt der Großteil der Urkunden von Ludwig im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München, aber einzelne Urkunden befinden sich auch in Polen, Frankreich und Italien – zu den Arbeitsplätzen der 33-Jährigen gehörte schon das Vatikanische Geheimarchiv in Rom.
Zurück an ihrem Arbeitsplatz an der Ludwig-Maximilian-Universität in München beginnt sie mit der Auswertung und erstellt die Inhaltsangaben der Urkunden, in denen es zum Beispiel um Bündnisverträge, Verpfändungen oder Stadt- und Marktrechtsverleihungen geht.
Darüber hinaus hält Dr. Magdalena Weileder Lehrveranstaltungen an der Uni und Vorträge auf Tagungen. „Ich liebe diese Abwechslung“, betont sie. Neben der Fähigkeit, lange konzentriert zu arbeiten, sei Teamarbeit für ihre Arbeit wichtig, da sie im regelmäßigen Austausch mit ihren Kollegen steht, um zum Beispiel unklare Textstellen zu besprechen. Und die wichtigste Eigenschaft einer Historikerin? „Neugierde“, sagt sie und schmunzelt. „Man muss schon neugierig genug sein, um sich freiwillig Latein anzutun. Einfach weil man wissen will, was in dieser Urkunde steht.“
In der Schule habe sie sich für Geschichte noch nicht besonders interessiert. Nach dem Abitur bewarb sie sich an einer Kunstakademie. Als sie im ersten Versuch abgelehnt wurde, wollte sie mit Kunstgeschichte die Zeit bis zur nächsten Bewerbung überbrücken. Im Nebenfach entdeckte sie die Historischen Grundwissenschaften – Urkundenlehre, Schrift- und Siegelkunde – und blieb dort „hängen“. Schnell fiel sie als engagierte Studentin auf und wurde entsprechend gefördert.
Und ihr nächstes Ziel? Demnächst will die Historikerin ihre Habilitation angehen und Professorin für mittelalterliche Geschichte mit Schwerpunkt in Historischen Grundwissenschaften werden.
Video:Geschichtswissenschaft
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