Facharzt – Hygiene und Umweltmedizin:
Keine Chance für Keime & Co.
Nicht erst seit Covid-19 sind angehende Fachärztinnen und Fachärzte für Hygiene und Umweltmedizin wie Dr. Seven Aghdassi (32) gefragt. Im Team mit Dr. Sonja Hansen tut er alles dafür, dass sich Patientinnen und Patienten in der Berliner Charité nicht mit gefährlichen Erregern anstecken.
Krankenhauskeime, die gegen Antibiotika resistent sind, Viren wie SARS-CoV2, die Ärztinnen und Ärzte vor Rätsel stellen – die beste Medizin gegen Krankmacher wie diese ist die Hygiene, sagt Dr. Seven Aghdassi. „Erkrankungen zu verhindern, der präventivmedizinische Ansatz, das hat mich schon immer gereizt“, schildert er. Der 32-Jährige arbeitet am Institut für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité in Berlin.
Noch ist er in der fünfjährigen Ausbildung zum Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin, übernimmt aber schon wichtige Aufgaben in der Infektionsprävention. „Einmal geht es darum, die Kolleginnen und Kollegen aus der Patientenversorgung und Pflege darüber aufzuklären, wie sie arbeiten sollen, um den Erregereintrag beim Patienten so gering wie möglich zu halten. Wir kennen die Risiken. Dafür sind wir ausgebildet“, erklärt er. „Wo darf ich bei welcher OP hinfassen, wie lege ich einen Katheter so, dass es nicht zu einer Kontamination und einer Sepsis kommt, wie desinfiziere ich mir die Hände richtig, solche Fragen klären wir.“
Fachärztinnen und Fachärzte für Hygiene und Umweltmedizin spüren zudem gefährliche Infektionsherde auf. „Das ist echte Detektivarbeit“, sagt er und berichtet von modernen, digitalen Möglichkeiten zur Auswertung epidemiologischer Daten. „Das mache ich sehr gerne“, schiebt er nach.
„Wir erheben zum Beispiel Daten zu Lungenentzündungen und schauen uns an, in welchen Abteilungen diese gehäuft vorkommen. Wenn es zu einer Häufung von Infektionen kommt, führen wir weitere epidemiologische und mikrobiologische Analysen und Prozessbeobachtungen durch. So kommen wir dem Erreger auf die Spur, der für die Infektionen verantwortlich ist“, ergänzt Dr. Sonja Hansen, die Fachärztin auf diesem Gebiet ist. Die genommenen Proben werden im Anschluss von Fachpersonal im Labor unter anderem genetisch untersucht. „Kommt ein Erreger gehäuft vor, ist es für uns wichtig herauszufinden, ob es sich um den gleichen Stamm handelt“, schildert sie.
Mittlerweile wurden sie und ihre Kolleginnen und Kollegen als wertvolle Partnerinnen und Partner wahrgenommen. „Früher galten wir als Kontrolleure, als die, die sich hinter Gesetzestexten und Laboren verschanzen. Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten“, erinnert sich die Oberärztin, die auch zu Strategien zur Verbesserung der Infektionsprävention im Krankenhaus forscht. Heute dagegen setze sich die Erkenntnis durch, dass ihre Arbeit genauso wichtig ist wie die der versorgenden Ärztinnen und Ärzte.
Das merke sie auch bei den vielen Schulungen, die sie für die Kolleginnen und Kollegen hält. Hier erfährt sie jetzt viel mehr Offenheit. „Trotzdem, nicht jeder lässt sich gerne vor Augen führen, was man möglicherweise falsch macht. Ärzte schon gar nicht“, sagt sie und lacht. „Man muss aushalten können, in der zweiten Reihe zu arbeiten, kaum Patientenkontakt zu haben und gelegentlich auch als störend empfunden zu werden. Mit einer großen Portion Idealismus, Fingerspitzengefühl, Belastbarkeit, Teamfähigkeit und Kommunikationsgeschick aber ist das ein wirklich spannendes, wichtiges und verantwortungsvolles Aufgabenfeld.“
Dr. Aghadassi vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité Berlin
Foto: Sonja Hansen
Dr. Seven Aghdassi vermisst den Kontakt zu den Patientinnen und Patienten aufgrund des vielseitigen Alltags in der Krankenhaushygiene nicht. Ein Jahr lang hat er nach seinem Studium in der inneren Medizin als Assistenzarzt gearbeitet und gerne Visiten durchgeführt. Die Praxis in der stationären Patientenversorgung ist Voraussetzung für seine Facharztausbildung. „Wir haben ja trotzdem sehr viel mit Menschen zu tun, nämlich mit den Kollegen“, sagt er. „Wir können mit unserem Fachwissen viel bewirken, zum Wohle des Patienten und darüber hinaus. Ich habe in der Corona-Zeit erlebt, dass unser Fachwissen hilft, Ängste vor einer Ansteckung zu nehmen und Sicherheit zu geben. Das tut gut.“
Auch mit dem Facharzt in der Tasche, den er nächstes Jahr anstrebt, will er am Institut für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité bleiben und vermehrt wissenschaftlich forschen. „Frühzeitig agieren, Schaden abwenden, maximale Patientensicherheit gewährleisten – mit neuen wissenschaftlichen Studien finden wir heraus, wie das immer besser geht.“
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