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Ingenieurin für Luft- und Raumfahrttechnik: Zukunft in den Sternen

Für Charlotte Bewick geht es steil nach oben. Die 35-Jährige ist Abteilungsleiterin der Vorentwicklung wissenschaftlicher Missionen bei der OHB System AG in Bremen.

Miniaturmodell eines Satelliten. Foto: Gerhard Blank

Angetrieben wird die Ingenieurin von ihrer Leidenschaft für den Weltraum. Schon vor dem Abitur war sie ein Fan von Science-Fiction. „Als es ans Studium ging, habe ich in Schulfach-Schubladen gedacht und mich für Mathematik entschieden“, erinnert sie sich. Nach zwei Semestern entdeckte sie jedoch den Studiengang Luft- und Raumfahrttechnik und wechselte von der Humboldt Universität zur TU Berlin. Mit einem Erasmus-Stipendium machte sie zudem im britischen Cranfield ihren Master und promovierte anschließend in Glasgow.

Bei der OHB System AG stieg sie als Ingenieurin in der Vorentwicklung von Satellitensystemen ein. Die Anwendungen sind konkret. „Wie wir mit Weltraumschrott umgehen etwa, ist ein wichtiges Thema. Im schlimmsten Fall können Katastrophen im All ganze Umlaufbahnen unbenutzbar machen“, erklärt Charlotte Bewick. Satellitensysteme ermöglichen aber noch viel mehr. So steuern sie zum Beispiel die Bewässerung in der Landwirtschaft und überwachen CO2-Emissionen.

Auf ins Unbekannte

Porträtfoto von Charlotte Bewick. Foto: privat Porträtfoto von Charlotte Bewick. Foto: privat

Charlotte Bewick

Charlotte Bewicks Einsatzgebiet ist die Vorentwicklung. „Bei Raumprojekten unterscheiden wir fünf Phasen“, erklärt sie. „In der letzten Phase E ist der Satellit im Orbit. In den Phasen A und B1 geht es um die Vorentwicklung auf dem Papier.“ Langweilig ist dieser Prozess nicht: „Wir arbeiten ins Blaue hinein und entwickeln Konzepte von Grund auf“, sagt sie. Dazu gehört viel Brainstorming und Analyse. Lösungswege müssen gefunden, Kosten und technische Risiken bewertet werden. Das geht nur im Team und mit weitem Horizont. „In der Vorentwicklung sind eher Generalisten tätig“, erläutert sie. „Meine Kollegen in der Umsetzung sind hingegen Experten für bestimmte Disziplinen.“

Naturwissenschaftlich-technischer Sachverstand reicht nicht aus, um voranzukommen. „Man braucht Soft Skills“, ergänzt sie. „Wir sind ständig im Austausch im Team.“ Am Computer verbringt sie die Hälfte ihrer Arbeitszeit, die andere in Besprechungen. Gemeinsam werden Skizzen am Whiteboard erstellt oder mit Schreibutensilien nachgestellt, wo ein Triebwerk am Satelliten sitzen könnte. „Visualisierung und Visionen sind wichtig“, erklärt sie.

Kommunikationstalent und Kreativität sind auch bei ihrem neuen Projekt gefordert, für das sie als Abteilungsleiterin zuständig ist. Sie arbeitet an der Venus-Mission bei OHB, die lebensfreundliche Bedingungen in der Atmosphäre der Venus untersuchen soll. Ein Transportmodul soll Flugsonden in die Atmosphäre des drittkleinsten Planeten unseres Sonnensystems bringen und dann als Kommunikationszentrale die wissenschaftlichen Daten zur Erde übermitteln. Dafür braucht es einen langen Atem: Der früheste mögliche Starttermin ist 2026, wenn bis dahin internationale Institutionen das Thema aufgreifen und fördern.

„Star Trek“ und flexible Arbeitszeiten

Gibt es Leben im All? Diese Frage interessierte Charlotte Bewick schon in ihrer Jugend als Star-Trek-Fan nicht nur in technischer Hinsicht. „Mich haben Gesellschaftsmodelle fasziniert, in denen die Menschheit geografische und gesellschaftliche Grenzen überwindet“, schwärmt sie. Eine wünschenswerte Utopie, auch für ihren beiden Kinder. Familie und Traumberuf bringt die Ingenieurin sogar in Zeiten hoher Arbeitsbelastung unter einen Hut. Dabei helfen flexible Arbeitszeiten und ein Partner, auf den sie sich verlassen kann.

Für ihre weitere Karriere hat sie keinen Masterplan. „Offen bleiben“, ist ihr Motto. Auf den aktuellen Stand der Wissenschaft bringt sie sich bei ihrer täglichen Arbeit. Auf die Rolle als Führungskraft hat sie sich zudem mit internen Weiterbildungen zu den Themen Projektmanagement und Mitarbeiterführung vorbereitet.