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Motive für die Hochschulwahl – Interview: „Das Studium ist ein Zwischenschritt“

Michael Hümmer ist Berater für akademische Berufe bei der Agentur für Arbeit in Fürth. Er weiß, worauf junge Menschen bei der Wahl ihrer Hochschule achten sollten. Hier kommen seine Tipps.

Drei Wegweiser an einem Unicampus weisen zu verschiedenen Hörsälen und Fakultäten.

abi» Herr Hümmer, nach welchen Kriterien wählen Abiturientinnen und Abiturienten ihre Hochschule aus?

Michael Hümmer: Viele entscheiden sich für einen Studienort in der Nähe der Heimat oder für eine trendige Großstadt wie Berlin, die ein spannendes Umfeld verspricht. Auch die Finanzierungsfrage ist oft ein wichtiger Aspekt: Wer während des Studiums bei den Eltern wohnen kann, spart sich die Miete. Und im Bayerischen Wald zum Beispiel findet man natürlich leichter eine preiswerte Wohnung als in München. Schließlich entscheiden sich manche auch für einen Hochschulort, weil sie nur dort einen bestimmten Studiengang wählen können.

abi» Gerade in den großen Städten gibt es häufig unterschiedliche Hochschulen. Welche Argumente sprechen aus Ihrer Sicht für eine staatliche, welche für eine private?

Michael Hümmer: Private Hochschulen verlangen in der Regel sehr hohe Studiengebühren. Dafür ermöglichen sie oft ein Studium in kleineren Gruppen mit einer individuelleren Betreuung. Für viele ist das Studium an einer privaten Hochschule aber überhaupt keine Option, weil weder die Eltern noch irgendjemand sonst die Kosten dafür tragen kann oder will.

abi» Apropos Geld: Wer schon im Studium finanziell unabhängig sein möchte, entscheidet sich vielleicht für ein duales Studium. Was sollte man dabei beachten?

Michael Hümmer: Das duale Studium ist gerade für diejenigen interessant, die schon konkret wissen, in welchem Beruf und bei welchem Arbeitgeber sie später tätig sein möchten. Auch im öffentlichen Dienst gibt es duale Studiengänge. Wer sich für ein duales Studium entscheidet, wählt meist zuerst einen Betrieb aus – und ist dann bei der Wahl der Hochschule auf die Kooperationspartner beschränkt. Wie viel Zeit man am Hochschulort verbringt, hängt davon ab, für welches Modell des dualen Studiums man sich entscheidet. Teilweise studiert man regulär im Semestersystem und verbringt nur die vorlesungsfreien Zeiten im Unternehmen. Teilweise wechselt man aber auch beispielsweise im Dreimonatsrhythmus zwischen Praxis- und Theoriephasen. Wer eine Stelle im Wunschunternehmen gefunden hat, drückt bei diesem Modell vielleicht beide Augen zu, wenn der Hochschulstandort nicht die erste Wahl ist.

abi» Welche Argumente können aus Ihrer Sicht – neben der Heimatliebe und den günstigeren Lebenshaltungskosten – für ein Studium auf dem Land sprechen?

Michael Hümmer: Gerade in Zeiten der Pandemie haben viele gemerkt, dass sie keine Menschenmassen mögen und lieber in der Natur sind. Aber auch fachliche Gründe können für ein Studium auf dem Land sprechen. Meist findet man dort Fachhochschulen, die einen sehr starken Bezug zur regionalen Wirtschaft haben. An der Technischen Hochschule Deggendorf zum Beispiel kann man Tourismusmanagement studieren – mit nachhaltigen Hotels als Partner, die sich gleich um die Ecke im Bayrischen Wald befinden. Und teilweise sind die Hochschulen in ländlichen Regionen auch sehr gut ausgestattet. Die Hochschule Ansbach zum Beispiel hat ein wunderschönes Gebäude, bietet fantastische Labore und in der Versuchsbrauerei auf dem Campus können die Studierenden ihr eigenes Bier brauen. Es lohnt sich oft, einfach mal hinzufahren und sich selbst ein Bild von einer Hochschule zu machen. Dann bekommt man auch ein Gespür für die Atmosphäre, die dort herrscht, und für die Menschen, mit denen man zu tun haben wird.

abi» Wie lässt sich noch herausfinden, ob eine Hochschule zu mir passt?

Michael Hümmer: Ich würde mir unbedingt die Websites des Lehrpersonals ansehen. Man kennt das ja schon aus der Schule, dass der Unterricht nicht nur von den Inhalten abhängt, sondern auch von den Personen. Man kann sich also darüber informieren, welche Forschungsthemen die Professoren interessieren. Und wenn man sich zum Beispiel für einen Kreativstudiengang wie Modedesign begeistert, sollte man sich schon vorab ein Bild davon machen, was die Dozierenden eigentlich unter Kunst, Kreativität und Design verstehen. Wenn mir die Projekte eines Professors auf Anhieb überhaupt nicht gefallen, werde ich wahrscheinlich im Studium bei ihm nicht glücklich.

abi» Worauf sollten junge Leute aus Ihrer Sicht außerdem bei der Wahl ihrer Hochschule achten?

Michael Hümmer: Wichtig finde ich, dass die Hochschul- und Studienwahl nur die Entscheidung für einen Zwischenschritt ist. Das Bachelorstudium ist nach sechs beziehungsweise sieben Semestern vorbei und danach gehen viele schon in den Beruf. Wichtiger ist also die Frage, in welche Tätigkeit mein Studium mich bringen soll, was ich danach tun will. Der Hochschulstandort kann dann durchaus ein notwendiges Übel sein, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. In jedem Fall sollten Studieninteressierte sich unbedingt sehr gut informieren, bevor sie sich für einen Studiengang und einen Hochschulstandort entscheiden.

Weitere Informationen

Studiensuche der Bundesagentur für Arbeit

Die Studiensuche hilft dir bei der optimalen Auswahl deines Studienorts oder Studienfachs.
arbeitsagentur.de/studiensuche

studienwahl.de

Infoportal der Bundesagentur für Arbeit und der Stiftung für Hochschulzulassung. Hier kannst du dich über Studienmöglichkeiten in Deutschland informieren. Unter „Orientieren“ erhältst du zudem Tipps, wie du das für dich passende Studium findest.
studienwahl.de/orientieren  

Studiencheck

Finde heraus, ob dein Wunsch-Studium zu dir passt!
studiencheck.de

Check-U – das Erkundungstool

Das Erkundungstool der Bundesagentur für Arbeit ist eine kostenfreie bundesweite Online-Anwendung zur beruflichen Orientierung. Teilnehmer können vier Module bearbeiten (Fähigkeiten, soziale Kompetenzen, Interessen und berufliche Vorlieben) und erhalten eine Übersicht über passende Studienfelder und Ausbildungsberufe.
check-u.de