Foto: Wolfgang Murr | IAB
Britta Matthes ist Leiterin der Forschungsgruppe Berufe in der Transformation beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
In Zeiten der Pandemie standen der Pflegebereich und der Einzelhandel im Fokus. Britta Matthes, Leiterin der Forschungsgruppe Berufe in der Transformation beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), erklärt, was Systemrelevanz ist und warum diese Art von Krise besondere Bereiche in den Vordergrund stellt.
Britta Matthes: In Pandemiezeiten wurden zuerst Pflege, Einzelhandel oder der öffentliche Verkehr mit Systemrelevanz in Verbindung gebracht. Also vor allem die Berufe, mit denen die Menschen in dieser Zeit besonders in Berührung gekommen sind. Damit ist aber die Bandbreite systemrelevanter Berufe bei Weitem nicht abgedeckt. Der Begriff Systemrelevanz steht im Zusammenhang mit einem Gesetz des Bundesministeriums des Inneren (BMI), in dem es heißt, Beschäftigte in „kritischer Infrastruktur“ dürfen in Krisenzeiten noch arbeiten, damit das wirtschaftliche Leben nicht zum Erliegen kommt. Dazu gehören Wirtschaftszweige, die die Allgemeinheit versorgen und deren Ausfall oder Beeinträchtigung zu erheblichen Versorgungsengpässen oder zu Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit führen würde. Genannt werden hier die Bereiche Energie, Wasser, Ernährung, Informationstechnik, Gesundheit, der Finanzsektor, Staat und Verwaltung sowie Kunst und Kultur.
Britta Matthes: Aus meiner Sicht gibt es keinen Beruf, der nicht systemrelevant ist. Selbst die Künste sind letztlich systemrelevant, weil sie dabei helfen können, aktuelle Geschehnisse zu bewerten und gesellschaftliche Zukunftsvisionen zu entwickeln. Dennoch gibt es Berufe, die in Krisen stärker und sicher auch notwendiger nachgefragt sind als andere. Hätten wir zum Beispiel eine Wasserkrise, stünden vor allem Berufe im Fokus, die mit der Wasserversorgung zu tun haben.
Britta Matthes: Wer verstärkt auf Sicherheit gehen möchte, kann sich für einen Beruf entscheiden, der notwendig ist, um die Grundversorgung zu gewährleisten. Dazu gehören die genannten Bereiche wie Wasser, Ernährung, Energie, Gesundheit oder öffentliche Verwaltung. Ich persönlich würde trotzdem zu einem Studium oder einer Ausbildung raten in einem Bereich, den man auch wirklich spannend findet. Man kann dann immer noch schauen, welche Kompetenzen es braucht, um in Krisenzeiten gut zurechtzukommen. Von Vorteil ist zudem, den Fachkräftemangel, der uns in den nächsten Jahren begegnen wird, im Blick zu haben.
Britta Matthes: Möchte jemand nach dem Abitur etwas Handfestes machen und sich weniger mit relativ abstrakten Inhalten beschäftigen, dem ist eine Ausbildung zu empfehlen. Abiturientinnen und Abiturienten kann eine solche berufliche Erfahrung außerdem helfen, zu entscheiden, ob das gewählte Berufsfeld auf längere Sicht passt. Man sollte dabei im Hinterkopf haben, dass mit Abitur eine Ausbildung in der Regel um ein Jahr verkürzt werden kann. Auch sollte man sich Klarheit darüber verschaffen, ob der zur Wahl stehende Ausbildungsberuf eine spätere Qualifizierung oder Spezialisierung ermöglicht. Will man später einen Betrieb leiten, ist es durchaus von Vorteil, eine Ausbildung gemacht zu haben, da man so einen sehr intensiven Einblick in die grundlegenden Arbeitsprozesse bekommt.
Foto: Wolfgang Murr | IAB
Britta Matthes ist Leiterin der Forschungsgruppe Berufe in der Transformation beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Stand: 12.09.2022
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